dreißig

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Leo und Maria saßen mittlerweile wieder vor den Operationssälen und Leo steckte sein Handy gerade wieder weg. Maria schaute ihn fragend an, denn sie wunderte sich, warum ihr Mann plötzlich so nervös wurde. „Schatz", sagte Leo, „ich glaube, ich weiß jetzt, wer dieser Mann ist." „Leo, woher? Du hast gerade mit Lena gesprochen oder?" Leo nickte und stützte seinen Kopf auf seine Arme. „Die Kleine vermisst jemanden. Sagt Dir der Name Samu Haber etwas?" Maria nickte: „Natürlich, wer kennt den Namen denn hier in Finnland nicht?" Sie dachte einen Moment darüber nach und jetzt dämmerte es ihr: „Aber klar, die blonden Haare, die Statur. Leo...das könnte er wirklich sein." Leo griff nach der Hand seiner Frau und kreuzte die ihre mit seinen Fingern. Innerlich hatte er sich gewünscht, dass seine Frau seine Vermutung nicht unterstützen würde und ihm hätte sagen können, dass Samu Haber doch ganz anders aussehen würde. „Was machen wir denn jetzt?" In Leos Stimme klang die pure Verzweiflung mit. „Ich muss wissen, wie es dem Mann geht. Was dauert das denn hier so unfassbar lange. Das ist doch ein Routineeingriff. Da muss irgendwas nicht stimmen." Aufgeregt sprang Leo auf und ging vor auf dem Flur auf und ab. Maria beobachtete ihren Mann einen Moment und versuchte ihn dann dazu zubewegen, dass er sich wieder hinsetzte. „Bitte, setz Dich wieder hin. Du machst mich ganz nervös." Trotzig wie ein kleines Kind ließ sich Leo auf den Stuhl neben seiner Frau fallen. „Meinst Du ich soll Lena nochmal anrufen und ihr sagen, dass ich glaube, dass wir ihn gefunden haben?"

Seine Frau legte ihren Arm und ihn und streichelte über seinen Rücken. „Lass uns erst noch abwarten, was die Operation bringt und vielleicht bekommen wir zusammen mit Deinen Kollegen dann auch Sicherheit, ob es sich wirklich um ihn handelt. Ich glaube, dass es viel schlimmer wäre, wenn Du ihr jetzt Hoffnung machst und am Ende ist es jemand anderes." Es vergingen noch zwei weitere Stunden ehe Thore endlich aus dem Operationssaal zu den beiden kam. Mittlerweile war es halb drei in der Nacht. Maria war in den Armen von Leo eingeschlafen und auch Leo schien eingenickt zu sein. Doch mit dem ins Schloss fallen der Tür öffnete er direkt seine Augen. „Thore, wie ist es gelaufen?", platzte es aus ihm raus. Thore sah fertig aus, eine knapp neunstündige Operation zehrte an den Kräften. Aber in seinem Gesicht sah Leo auch einen Funken Hoffnung. „Jetzt rück bitte raus mit der Sprache." Thore setzte sich neben seinen ehemaligen Chef und Mentor und man merkt ihm an, dass er am liebsten einfach nur duschen wollen würde. „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er liegt jetzt im künstlichen Koma auf der Intensivstation, aber ich kann Dich beruhigen. Wir konnten die Blutung in seinem Gehirn stoppen. Jetzt beginnt die Zeit der Hoffnung, dass es keine bleibenden Schäden gibt, aber das muss ich Dir ja nicht erklären." Leo atmete tief durch. „Danke, Thore. Und noch was, ich glaube ich weiß, wer er ist." „Es ist Samu Haber. Seine Tattoos waren eindeutig. Wir haben bereits seine Mutter informiert und sie ist bei ihm." „Nochmal danke, Thore." „Das ist mein Job und ihr zwei solltet jetzt auch langsam nach Hause fahren. Ihr könnt jetzt nichts mehr für ihn tun und eigentlich dürft ihr es sogar nicht. Schlaft gut." Mit diesen Worten verabschiedete sich Thore.

Leo streichelte liebevoll über den Kopf seiner Frau, die wirklich tief und fest schlief und wenn Maria einmal schlief, dann schlief sie. Irgendwie bekam er sie wach. „Schatz, lass uns noch Hause fahren.", flüsterte Leo liebevoll. Seine Frau blinzelte ihn an und räusperte sich. „Was ist mit dem jungen Mann?" „Ihm geht es soweit gut, seine Mutter ist bei ihm. Komm, lass uns fahren." Er stand auf, legte seinen Arm und seine Frau und die beiden verließen das Krankenhaus und fuhren nach Hause. Auf dem Nachhauseweg sprachen sie kaum, erst kurz bevor Leo das Auto in ihre Straße lenkte, ergriff Maria das Wort. „Sagen wir es Lena?" „Nicht jetzt, ich hoffe einfach, dass sie sich ein bisschen ausruht. Ich werde sie später anrufen, okay?" Maria nickte und Leo parkte das Auto in der Einfahrt. Am nächten Morgen um acht Uhr hielt Leo es nicht mehr aus und wählte Lenas Nummer. Lena hob sofort auf, denn sie war schon wach. Erstaunlicherweise hatte sie ein paar Stunden geschlafen und sie merkte, dass es ihrem Körper gut getan hatte. „Papa?", meldete sie sich. „Kleine, wie geht es Dir?" „Naja, wie soll es mir gehen. Den Umständen entsprechend. Sagt man das so? Warum rufst Du an?" „Ich weiß, wo Samu ist." Lena setzte sich nun auf und drückte die Decke bei Seite. „Papa, wie meinst Du das? Woher weißt Du, wo er ist?" Lenas Stimme hörte sich aufgeregt an. „Atme erst einmal durch. Er ist im Helsinki Hospital. Er..." Leo konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen, denn Lena unterbrach ihn. „Ist ihm was zugestoßen? Papa, woher weißt Du, dass es da ist?"

„Beruhige Dich erst einmal wieder. Ich habe Dir doch gestern erzählt, dass Maria und ich im Park spazieren waren und da haben wir einen Mann gefunden, der unsere Hilfe brauchte. Ich habe ihn erst zu Hause versorgt, aber ihn danach ins Krankenhaus bringen lassen." „Und das sagst Du mir erst jetzt? Was ist mit ihm?" „Lena, ich wusste bis heute Nacht um kurz vor drei nicht, dass er es ist. Er wurde operiert, mehr kann ich Dir nicht sagen. Seine Mutter ist bei ihm." „Ich muss zu ihm, ich muss sehen, dass er es ist. Papa, ich muss los." Ohne eine Antwort abzuwarten, legte Lena auf. Sie drehte sich um und Mikko stand dort. „Sorry, ich wollte nicht lauschen", sagte er sofort. Lena schaute ihn an und Tränen flossen über ihre Wangen. Aber zum ersten Mal waren es Tränen der Erleichterung. „Was ist denn los, Lena?" „Mikko, ich weiß wo Samu ist .Mein Papa hat ihn ins Helsinki Hospital bringen lassen." Würde man es hören, wie jemandem ein Stein vom Herzen fällt, dann hätte man gerade zweimal etwas gehört. „Ich werde sofort hinlaufen." „Laufen?", schaute Mikko Lena fragend an. „Wir fahren natürlich zusammen."

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