siebenundsechzig

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Auf der Arbeit angekommen, saß Mats bereits an seinem Schreibtisch. „Guten Morgen!" Lena begrüßte niemandem im Büro morgens persönlich. Das hatte sie sich abgewöhnt. Mats schaute sie erwartungsvoll an. Sie ging auf ihn zu. „Und Sie müssen dann wohl Mats Bergmann sein?" Lena streckte ihm ihre Hand entgegen. „Lena Meier, ich wünsche Ihnen einen guten Start bei uns." Mats griff nach Lenas Hand und schaute sie fast schon entsetzt an. „Danke. Ich bin kein Freund vom altmodischen siezen. Nennen Sie mich einfach Mats." Dass irgendwas zwischen den beiden war, merkte Taavi direkt, als er ins Büro kam. „Ach ihr habt Euch schon kennengelernt?", fragte er provokant. „Ja!", antworteten beide wie aus einem Guss. Aus irgendeinem Grund hatte Mats immer noch Lenas Hand in seiner liegen. Lena zog diese ruckartig weg. „So, die Artikel schreiben sich nicht von alleine. Ich mache mich mal an die Arbeit." „Mats, darf ich Sie kurz einmal in meinem Büro sprechen, damit wir die Verantwortungen klären können?" „Natürlich!" Die beiden verließen das Büro und Lena atmete erleichtert durch. Dass ihr das so schwer fallen würde, hätte sie nicht gedacht. Mit niemandem auf der Arbeit hatte sie eine wirkliche private Beziehung. Sie hatte das alles immer strikt getrennt, aber sie konnte sich nicht so sehr verstellen, dass niemand bemerken würde, dass sie Mats schon vorher kannte. Und sie wusste auch absolut nicht, ob Mats schon etwas erzählt hatte. Krampfhaft versuchte sie sich auf den noch bis heute Abend fertigzustellenden Artikel zu konzentrieren, aber das ‚pling' ihres Handys lenkte sie ab. „Ich vermisse Dich! Wir hätten in der Hütte bleiben sollen." Ein Lächeln huschte über Lenas Gesicht. Dieser Kerl hatte sich in den letzten Tagen so sehr verändert. Er war viel anhänglicher geworden, er hatte noch mehr ihre Nähe gesucht, als zuvor. Die Beziehung der beiden schien sich in die richtige Richtung zu entwickeln.

„Du wolltest nicht auf mich hören, aber dass ich immer Recht habe, musst du wohl noch lernen. Ich vermisse Dich auch." Lena legte ihr Handy auf das Display und vertiefte sich in den Artikel. Samu war bereits am Studio angekommen. Zu seinem Missfallen war noch niemand da außer Riku. Es war immer noch nicht wirklich alles in Ordnung zwischen den beiden. „Guten Morgen!", murmelte Samu. „Hi, alles gut?", antworte Riku ihm. „Sag Du es mir... Für mich kann es gerade nicht besser laufen, aber naja das willst Du doch sowieso nicht wissen." Samu zuckte mit den Schultern und ließ sich auf das Sofa fallen. Riku lehnte am Fensterbrett ihm gegenüber. „Und wie soll das jetzt zwischen uns weitergehen?" „Rik, was willst Du von mir? Du hast mir doch klar verstehen zu geben, dass Du nicht glaubst, dass ich Deiner Schwester gut tue. Am liebsten würdest Du es doch verbieten, dass wir zusammen sind." Riku schaute Samu entgeistert an. „Ach ihr seid zusammen? Der unantastbare Herr Haber hat Gefühle?" „Geh mir nicht auf den Sack, Riku. Bis ich Dich gesehen habe, hatte ich echt gute Laune. Wir sind hier, weil Mikko uns was mitteilen will und nicht um einen Kaffeeklatsch zu halten. Lass uns einfach darauf konzentrieren!" Genervt griff Samu nach seinem Handy und scrollte planlos durch Instagram. Alles war ihm gerade lieber als Riku anzusehen und mit ihm zu sprechen. Zum Glück kam einige Momente später Mikko rein. „Guten Morgen die Herren!" „Morgen!", murmelten beide. „Wow, ihr habt ja Bombenlaune. Mensch, was habe ich Euch beide vermisst." Die Ironie in dieser Aussage hätte jeder Mensch erkannt, auch wenn er sonst nie merkt, dass etwas ironisch gemeint war. Raul, Sami und Osmo trudelten dann auch endlich ein. „Jungs. Am Mittwoch geht es für Euch nach Madrid. Ihr spielt auf einer Charitygala." Samu schaute Mikko an. „Jetzt am Mittwoch?" „Ja, morgen um 14:00 Uhr geht der Flieger." Alle außer Samu schienen sich zu freuen auf der Bühne zu stehen. „Muss das sein, Mikko? Ich habe eigentlich andere Pläne...!" Mikko brach in Gelächter aus. „Seit wann hast Du denn Pläne, die sich nicht um Alkohol, Partys und Weiber drehen? Das musst du wohl verschieben."

„Ihr könnt mich alle mal. War es das, Mikko?" „Ja, wie gesagt 14:00 Uhr geht der Flieger. Um 12:00 Uhr treffen wir uns am Terminal." „Ja, hab ich verstanden. Geht mir alle einfach nicht auf die Nerven. Ich werde Mittwoch Abend direkt nach dem Konzert wohl wieder zurückfliegen." „Nein, das wirst Du nicht. Es ist alles schon abgesprochen. Nach Eurem Auftritt mischt Ihr Euch unter die geladenen Gäste, versucht Kontakte zu knüpfen und so ein Kram." Samu atmete tief durch. „Na super! Das ist genau mein Ding. Da freue ich mich. Wann darf ich denn zurückfliegen? Wann ist es dem Herrn denn genehm?" „Samu, komm mal wieder runter!", warf Riku plötzlich ein. „Hatte ich Dir nicht eben was gesagt, Riku? Nur berufliches, nichts privates!" Die Stimmung im Raum war einer Explosion nähe, noch ein falsches Wort und keiner konnte ihr für ein friedliches ende garantieren. Die Jungs waren komplett überfordert. Raul, Osmo und Sami wussten weder etwas von Samus Unfall noch wer Lena war. „Ich bin weg. 12:00 Uhr am Terminal, ich hab es verstanden!" Samu rauschte wütend ab. Ihm passte es absolut gar nicht, dass er jetzt nach Madrid musste, aber früher oder später hätte Lena sowieso erleben müssen, was es heißt mit einem Musiker zusammen zu sein. Er knallte die Tür seines BMWs zu und schrieb Lena eine Nachricht. „Ich muss Dir was sagen, können wir kurz telefonieren. Hat leider nicht Zeit bis heute Abend." Lena schielte auf ihr Handy, griff danach und ging kurz in einen Besprechungsraum. Sie rief Samu an, denn sie rechnete mit dem Schlimmsten. „Hey Kleine! Kannst Du kurz sprechen?" „Ja kurz. Was ist denn passiert?" „Ich bin ab Morgen für zwei Tage in Madrid. Mikko hat irgendeinen Charityauftritt klar gemacht." „Das ist doch perfekt! Charity bringt gute Presse und das ist mir lieber als mein Gesicht auf den Titelseiten." „Wow. Damit hab ich nicht gerechnet!" „Wie meinst Du das, Samu?" „Naja, es ist doch gerade alles so..." „Aber das ändert doch nichts, wenn Du zwei Tage in Madrid bist. Ich freu mich für Euch, auch wenn ich Dich natürlich jetzt schon vermisse!" „Du bist ein Engel!" „Ich muss jetzt wieder auflegen. Bis heute Abend, Spinner!" „Bis heute Abend, Kleine!"

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