neunundsechzig

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Kurz nachdem Samu am frühen Nachmittag in Madrid gelandet war, rief er Lena an, um ihr Bescheid zu sagen, dass alles nach Plan gelaufen war. „Hey!", flüsterte Lena leise, denn Mats saß ihr schließlich gegenüber. „Hey Kleine. Ich wollte Dir nur schnell Bescheid sagen, dass wir gerade gelandet sind und wir auf unser Gepäck warten." „Sehr gut. Ich melde mich später, okay?" „Du kannst nicht sprechen oder?" „Nein, aber heute Abend." „Okay, bis später. Vermisse Dich jetzt schon wahnsinnig!" Lena legte sofort auf, denn sonst würde sie vermutlich etwas sagen, worauf Mats reagieren würde. Die Stimmung zwischen den beiden war immer noch sehr angespannt, aber sie konnten sich gut aus dem Weg gehen. Anders war das bei Samu und Riku. Riku hatte jedes Wort des Gespräches mitbekommen und genervt die Augen verdreht. „Rik? Können wir mal kurz...". Samu zeigte ein wenig zur Seite und Riku nickte ihm zu. Auch Riku war nicht zufrieden, geschweige denn glücklich mit dieser Situation. Und so standen die beiden etwas abseits. „Was ist denn, Samu?" „Kannst Du mir bitte einfach nur sagen, wie das jetzt zwischen uns weitergehen soll? Willst Du jetzt jedes Mal Deine Augen verdrehen, wenn Du mitbekommst, dass ich mit Deiner Schwester telefoniere?" Riku raufte sich die Haare. „Nein, natürlich nicht. Ich will mich ja echt für Dich und Lena freuen, aber kannst Du gar nicht nachvollziehen, dass ich mir Sorgen oder zumindest Gedanken mache?" Samu zuckte mit den Schultern. „Samu, ich habe die letzten Jahre erlebt, dass Du von einem Bett ins andere gehüpft hast und ich kenne so viele Geschichten von irgendwelchen Frauen, die Du einfach fallen gelassen hast, sobald eine für Dich bessere Alternative an Dir vorbeigelaufen ist." „Glaubst Du, dass es mir leicht fällt das alles zu akzeptieren, wie ich fühle. Das klingt jetzt absolut seltsam, aber ich habe echt versucht diese Gefühle zu unterdrücken. Ich bin abgehauen am Freitag, weil ich mich wieder einmal eingeengt gefühlt habe, aber ich habe mich nicht mehr komplett gefühlt. Es hat was gefehlt, Lena hat gefehlt. Sie hat sich in mein Herz geschlichen und sie macht mich glaube ich zu einem besseren Menschen."

Solch emotionale Worte hatte Riku wirklich schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr von Samu gehört und er fühlte sich dazu gedrängt, Samu zu umarmen. „Ich wünsche Euch beiden echt nur das Beste, aber ich sage es Dir noch einmal: Wenn Du ihr weh tust, dann verlierst Du nicht nur sie, sondern auch mich." Samu nickte und die beiden gingen zurück zu den anderen. Mikko hielt wieder irgendwelche Vorträge über das, was in den nächsten Stunden anstand. Eigentlich hört ihm so wie jedes Mal niemand zu und glücklicherweise setzte sich das Gepäckband in Bewegung und jeder konnte sich um sein Gepäck kümmern. Mit einem Taxi fuhren die Jungs zum Hotel und checkten ein. „Samu? Wir haben in einer Stunde ein Radiointerview. In fünfzehn Minuten erwarte ich Dich wieder hier unten in der Lobby." „Natürlich, kein Problem. Freue mich richtig. Nichts lieber als das." Angefressen schlurfte Samu zum Aufzug und fuhr hoch in sein Zimmer. Er hatte absolut keine Lust auf das Interview. Es sind immer und immer wieder die gleichen Fragen, nie geht es wirklich um die Musik oder die Band. Es ging meist um ihn, seine Social Media Kanäle, irgendwelche Gerüchte und Dinge, über die er eigentlich nicht sprechen wollte. Aber scheinbar gehörte das heutzutage zum Leben eines Musikers dazu. Samu machte sich ein wenig frisch, zog sich ein anderes Shirt über und machte sich dann direkt auf den Weg zurück in die Lobby. Zusammen mit Mikko fuhr er zur Radiostation. „Samu? Wie ist eigentlich Dein Beziehungsstatus?" „Bitte?" „Du hast mich schon verstanden? Kann man da etwas vermelden?" „Ich glaube Du spinnst..." Mikko grinste ihn an. „Da habe ich wohl den richtigen Nerv getroffen. Bitte versuch später etwas souveräner zu antworten. Aber es freut mich so sehr für Dich. Es ist ernst mit Lena, oder? Du verhältst Dich ganz anders..." Samu lächelte Mikko an. „Danke, Mikko. Ich hatte echt kurz gedacht, dass Du jetzt auch komplett durchdrehst. Und ja, ich glaube es ist wirklich sehr ernst. Nein, ich weiß es. Deshalb bin ich auch gestern so genervt abgerauscht. In meinem Leben dreht sich gerade alles um 180 Grad. Ich wäre viel lieber zu Hause geblieben."

Das Interview lief wie erwartet. Nichts Neues, ein paar Fragen, ein paar Antworten. Für Samu war das schon Routine geworden und auf Mikko konnte er sich immer verlassen. Er stärkte ihm immer den Rücken und sorgte dafür, dass die richtigen Fragen gestellt wurden. „Steht heute noch was auf dem Plan oder gehen wir entspannt ein Bierchen trinken?" „Also eigentlich wollte Dich die Schirmherrin heute Abend um 20:00 Uhr zum Abendessen in ihre Finca einladen. Aber noch habe ich nicht zugesagt. Willst Du lieber irgendwo entspannt mit den Jungs was trinken gehen?" Samu seufzte. Am liebsten würde er einfach in einer kleinen Kneipe ein paar Bier zischen, aber er wusste genau, dass Mikko auf eine andere Antwort hoffte. „Nur mich wollte sie einladen?" „Ja, sie hat darauf bestanden. Keine Ahnung warum, aber Dianne.. also Frau Robbins hat ausdrücklich nach Dir gefragt." „Dianne Robbins? Sie ist die Schirmherrin?" „Kennst Du Sie?" „Mir kommt der Name irgendwie bekannt vor, aber keine Ahnung. Vermutlich irre ich mich." Samu wusste genau, wer sie war und warum sie ihn treffen wollte. „Sag ihr zu. Kann ja nicht schaden, wenn ich mit ihr esse. Alles für die Band. 21:00 Uhr hast Du gesagt, oder?" Mikko checkte noch einmal seine Mails. „Ja genau! Also in anderthalb Stunden." Gerade hielt das Taxi vor dem Hotel und die beiden stiegen aus. „Dann zieh ich mir vielleicht etwas anders noch an und dann fahr ich zu ihr. Schickst Du mir die Adresse einfach?" Mikko nickte und leitete den Kontakt weiter. „Wir sehen uns morgen früh und reiß Dich zusammen, Hapa! Du hast eine wunderbare Frau in Helsinki, die auf dich wartet." „Mensch Mikko. Das weiß ich doch. Warum denken alle immer so schlecht von mir?" Mikkos Gesichtsausdruck war eindeutig und er hatte auch Recht. Wie sollten Samus Freunde etwas anderes von ihm denken, wenn er die letzten Jahre von Bett zu Bett gehüpft war?

In seinem Hotelzimmer angekommen, telefonierte er noch kurz mit Lena während er sich ein Hemd und eine schwarze Jeans anzog. „Kleine, ich muss jetzt los. Es steht noch ein Abendessen mit der Schirmherrin auf dem Plan." „Okay, Dir und den Jungs dann viel Spaß. Pass auf Dich auf und mach keine Dummheiten." „Dummheiten? Ich doch nicht. Ich vermisse Dich! Schlaf gut und bis morgen!" Samu schnappte sich seine Hotelzimmerkarte und sein Handy und machte sich auf den Weg zum Dinner. Er hatte Lena bewusst nicht gesagt, dass er alleine eingeladen war. Das hätte sie seiner Meinung nach nur beunruhigt. Die Finca lag fußläufig erreichbar in der Nähe des Hotels und einige Minuten später, klingelte Samu an Diannes Tür. „Ohhh, der Herr lässt sich mal wieder in Spanien blicken. Muss ich dafür wirklich eine Charitygala organisieren, damit ich Dich noch einmal zu Gesicht bekomme?" „Hey Dianne!", erwiderte Samu.

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