Als Lena Samu einfach weggedrückt hatte, musste er erst einmal Schlucken. So etwas ist ihm so gut wie noch nie passiert. In der Vergangenheit war es eher so gewesen, dass ihm die Frauen hinterher gelaufen waren. Samu versuchte sich einzureden, dass es wahrscheinlich einen wichtigen Grund geben würde, warum Lena gerade nicht an ihr Telefon gehen konnte, auch wenn es ihn wirklich fuchste. Zum Glück blieb ihm nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn seine nächste Therapiesitzung stand an. Als Samu nach zwei Stunden wieder zurück auf sein Zimmer kam, welches mittlerweile nicht mehr auf der Intensivstation war, schaute er sofort auf sein Handy, denn eigentlich rechnete er damit, dass er dort eine Nachricht von Lena sehen würde. Aber er wurde enttäuscht. „Ernsthaft, immer noch keine Reaktion?" war sein erster Gedanke. Er kam sich selber blöd dabei vor, dass er sich darüber ärgerte, aber ihm machte es etwas aus. Nicht nur, dass sie sich nicht meldete, vielmehr machte er sich mittlerweile fast schon Sorgen. Es war wieder ähnlich wie gestern Abend. Auch da hatte Lena sich nicht gemeldet und er hatte sich schon die schlimmsten Dinge ausgemalt. Andererseits hatte Lena auch ihr eigenes Leben und sie war Samu keiner Rechenschaft schuldig. Samu tröstete sich mit dem Gedanken, dass Lena wohl abends wieder bei ihm vorbeischauen würde. Gleichzeitig überkam ihm wieder das Bedürfnis einfach nach Hause zu fahren. Ihm ging es doch mittlerweile gut, er machte seine Therapie und die Fortschritte waren für alle sichtbar. Er würde weiterhin jeden Tag natürlich zu den Terminen ins Krankenhaus kommen, aber er sehnte sich so danach in seinen eigenen vier Wänden zu schlafen, zu essen und zu leben. Als Pfleger Nik irgendwann bei ihm mit dem Abendessen vorbeischaute, ergriff Samu die Chance. „Nik, sagen Sie einmal bis wann muss ich eigentlich noch in diesem Gefängnis hier bleiben? Kann ich nicht einfach entlassen werden und die Therapie ambulant fortsetzen?" „Das kann ich Ihnen jetzt so nicht beantworten. Frau Dr. Virtanen ist später sowieso noch einmal auf Station. Wenn Sie mögen, kann ich sie gerne bei Ihnen vorbeischicken." „Ja, bitte."
Eine Antwort wäre Samu natürlich lieber gewesen, aber das war immerhin schon einmal ein Lichtblick. Vielleicht hatte Frau Dr. Virtanen gute Neuigkeiten und würde ihm die Frage beantworten, bevor er sie überhaupt stellte. Lena hatte den ganzen Nachmittag irgendwas in ihren Rechner getippt, so genau wusste sie selber nicht mehr, was sie geschrieben hatte und als sie kurz vor Feierabend noch einmal die Zeilen las, die sie verfasst hatte, schüttelte sie einfach nur mit dem Kopf. Alles, was sie geschrieben hatte, war zusammenhangslos und auch gar nicht ihrem Stil entsprechend. „Naja, was soll es. Morgen ist auch noch ein Tag.", redete sie sich selber ein und schaltete ihren Rechner aus. Mats wartete bereits unten vor der Eingangstür auf sie, als sie aus dem Büro stürmte. „Hey!". Mats näherte sich Lena, um sie zu umarmen, doch das blockte sie geschickt ab. „Was auch immer Du zu sagen hast, sag es!" Lena war wirklich nicht in der Stimmung jetzt mit Mats zu diskutieren, doch sie hatte sich ganz klar vorgenommen, dass sie ihm die Chance geben wollte alles zu erklären. Die beiden entschieden sich in eine Bar zu gehen, um in Ruhe über alles zu reden. „Alles gut bei Dir?", fragte Mats aufmerksam und nahm Lena die Jacke ab. „Nichts ist okay, aber lass uns das hier hinter uns bringen." „Wo soll ich denn anfangen? Also... wenn ich ehrlich bin..", druckste Mats vor sich hin. „Mucki.. ich meinte Mats, komm bitte zum Punkt. Warum bist Du in Helsinki und überlege Dir jetzt gut, was Du sagst, sonst bin ich schneller von hier weg, als Du es Dir vorstellst." Mats schaute Lena erstaunt an und schluckte. „Es gibt zwei Gründe, warum ich hier bin und so wie Du Dich verhältst, vermute ich, dass Du Dir beides schon denken kannst." Der Kellner brachte den beiden den Wein, den sie eben bestellt hatten. Lambrusco, ihren Wein. „Mats, lass Dir bitte jetzt nicht alles aus der Nase ziehen. Ich wollte kein Gespräch mit Dir. Du wolltest mir irgendwas erklären. Ich bin mir ehrlich gesagt gar nicht sicher, ob ich es überhaupt hören will."
In diesem Moment huschte ihr Samu durch den Kopf. „FUCK!", schrie ihr Innerstes. „Du hast vergessen ihn zurückzurufen." Schnell tippte sie eine Nachricht und schickte sie ab. „Sorry, total den Stress auf der Arbeit. Muss länger bleiben und schaffe es nicht ins Krankenhaus". Schon beim Abschicken ärgerte sie sich darüber, dass sie Samu angelogen hatte, aber wie sollte sie das hier erklären? Schnell steckte sie ihr Handy in ihre Handtasche. „Sorry, musste noch kurz eine Mail für die Arbeit beantworten." Und schon wieder log Lena und dieses Mal war es noch viel schlimmer, dass sie es überhaupt tat. Denn gegenüber Mats hätte sie klar äußern sollen, dass sie eigentlich lieber gerade bei jemand anderem wäre, aber warum auch immer, hatte sie gelogen. „Ich sag es jetzt einfach frei heraus. Du weißt es sowieso schon, also brauche ich mir keine Geschichte drum herum auszudenken." Mats trank noch einen Schluck Wein. „Erst einmal das für mich persönlich weniger wichtige: ab Montag arbeiten wir scheinbar zusammen. Ich wusste es bis vor zwei Tagen selber nicht und wenn das ein Problem für Dich ist, dann werde ich mir einfach was anderes suchen. Das hier ist schließlich Dein zu Hause und ich dränge mich gerade mehr oder weniger auf. Hätte ich es gewusst, hätte ich Dir früher Bescheid gesagt. Aber für den Moment ist es jetzt erst einmal so und wir müssen schauen, wie wir damit umgehen." Mats pausierte kurz, weil er dachte, dass Lena eine Reaktion von sich geben würde, aber dem war nicht so. Mehr als ein angespanntes Nicken äußerte sie nicht. „Naja", setzte er wieder an, „Das wohl wichtigere ist dann das was zwischen uns ist." Das Wort „uns" brachte Lena zurück in das Hier und Jetzt. „Es gibt kein „uns", Mats! Sag sowas bitte einfach nicht mehr okay?". Das sagte Lena bestimmender, als alles andere zuvor, denn sie wollte Mats ganz klar signalisieren, dass es kein die beiden in dem Sinne nicht mehr gibt.
„Nun ja, dann sollten wir trotzdem über Dich und mich reden. Ich weiß, dass wir uns damals freundschaftlich getrennt haben und zu der Zeit, als ich in Amerika war, war das für mich auch in Ordnung. Klar, habe ich Dich vermisst, aber selbst wenn wir damals zusammen gewesen wären, wären wir durch einen Ozean getrennt gewesen. Ich glaube, dass ich mich damit getröstet habe. Aber das Gefühl, als ich zurück nach Berlin gekommen bin und unsere Wohnung halb leer geräumt war, hat mich dann wohl auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ich weiß nicht, warum ich nicht schon viel früher mit Dir darüber gesprochen habe, wenn wir telefoniert oder geskyped haben, aber ich... ich habe immer noch Gefühle für Dich, Lena! Und das ist keine Spielerei. Als Du bei mir in Berlin aufgetaucht bist, habe ich mich selber dabei ertappt, dass ich gehofft habe, dass Du auch so fühlst wie ich."
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#afterglowfeelings
FanfictionEine Story, die sich um die Zeit der Jungs und vor allen Dingen Samu nach dem letzten Konzert der Heartbreak Century Tour dreht ♥️