einundfünfzig

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Samu drückte Lena an sich. Die beiden genossen die Nähe des jeweils anderen bis Lena sich schweren Herzens kurz vor Mitternacht von Samu verabschiedete. Die beiden hatten sich über alles mögliche unterhalten und dabei die Zeit aus den Augen verloren. „Ich glaube ich muss jetzt langsam echt nach Hause, ein bisschen Schlaf wäre nach der letzten Nacht wirklich sinnvoll." „Du kannst auch gerne hier schlafen." Mit einem Grinsen klopfte Samu auf den freien Platz auf seiner Matratze, während Lena sich die Jacke anzog. „Mach es mir nicht schwerer als es sowieso schon ist." Samu seufzte, aber Lena hatte Recht. Sie musste schließlich am nächsten Tag wieder arbeiten, während er bloß die Therapie über sich ergehen lassen musst. „Naja, es ist auch nicht das bequemste Bett.", entgegnete leicht schmollend. Lena musste lächeln und drückte Samu einen Kuss auf die Wange. „Streng Dich einfach mehr bei Deiner Therapie an, dann kannst Du bald wieder in Deinem Bett liegen." Als Lena sich gerade wieder aufrichten wollte, legte Samu seine Hand in ihren Nacken und da war es wieder. Dieses Feuer in der Luft, was sogar Gegenstände brennen lassen könnte, die eigentlich nicht entflammbar waren. „Sie wollten sich doch wohl nicht so halbherzig von mir verabschieden, Frau Meier?" Und bevor Lena auch nur über eine Antwort nachdenken konnte, berührten Samus Lippen ihre. Das Vorhaben es langsam angehen zu lassen, schien in diesem Moment nicht mehr oberste Priorität zu haben. Nach einigen Momenten löste sich Lena, denn sie wollte es wirklich nicht übertrieben, nicht jetzt und nicht hier. Offensichtlich hatte ihr Kopf dieses Mal, dass Duell Herz versus Kopf gewonnen, auch wenn sich ihr Herz nichts mehr wünschte, als in Samus Armen einzuschlafen und auch wieder aufzuwachen. „Ihnen scheint es wirklich wieder gut zu gehen, Herr Haber!" Flüchtig küsste sie ihn noch einmal auf den Mund. „Ich bin jetzt weg. Du brauchst schließlich Ruhe haben die Ärzte doch gesagt und das hier ist alles andere als Ruhe." Lächelnd deutete sie auf das EKG, welches verdächtige Ausschläge verzeichnet hatte. „Und bevor wieder jemand Deine Werte überprüfen muss, sollte ich echt verschwinden."

„Ich bin so froh, wenn ich hier endlich raus bin und dann....". Lena legte ihren Finger auf Samus Lippen. „Lass uns keine Pläne schmieden und erst einmal die Zeit im hier und jetzt genießen, okay? Schlaf gut und bis morgen!" Samu konnte diese Aussage von Lena nicht wirklich einordnen, aber jetzt darüber zu sprechen, was sie wohl meinte würde vermutlich auch zu keinem Ergebnis führen. „Pass auf Dich auf und schreibe mir, wenn Du zu Hause bist. Vorher mache ich kein Auge zu!" Lena verließ das Krankenhaus und natürlich war der letzte Bus schon weg. Wenigstens schneite es nicht mehr und so entschied sie sich den Weg nach Hause zu laufen. Ein bisschen frische Luft konnte wirklich nicht schaden, denn das war ein mehr als ereignisreicher Tag. Nach knapp einer Stunde kam sie endlich zu Hause an, sie schloss die Haustüre auf, schaute noch in ihren Briefkasten und ging dann hoch zu ihrer Wohnung. Dort angekommen, steckte sie den Schlüssel ins Schloss, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Sie zuckte zusammen und war kurz davor einfach loszuschreien. Geistesgegenwärtig drehte sie sich aber zuerst um, um zu schauen, wer da scheinbar auf sie gewartet hatte. „Das ist jetzt nicht Dein Ernst, Mats?" Vor ihr stand der Mann, dem sie vor zwei Tagen wohl mehr als deutlich zu verstehen gegeben hat, dass sie enttäuscht ist und einfach gerade nichts mit ihm zu tun haben wollte. „Lena, bitte! Bevor Du mich jetzt wieder anschreist, können wir vielleicht reingehen?" „Bitte? Was möchtest Du? Ganz sicher nicht, Mats. Ich habe Dich nicht eingeladen und Du kannst nicht einfach aus dem Nichts hier auftauchen." Lena drehte sich entschlossen um, drehte den Schlüssel im Schloss um und öffnete die Wohnungstür. Auch wenn sie mit dem Rücken zu Mats stand, bemerkte sie, dass er keine Anstalten machte, sich wegzubewegen. Sie betrat ihre Wohnung und drehte sich um. „Mats, was soll das? War ich nicht deutlich genug gewesen? Wieso bist Du hier, wieso bist Du nach Helsinki gekommen?" Erwartungsvoll schaute sie Mats an.

„Ich will das nicht hier im Treppenhaus klären, Lena. Aber gut, wenn Du mich nicht in der Wohnung haben willst, dann muss ich wohl irgendwo draußen pennen." „Na klasse, jetzt machst Du mir auch noch ein schlechtes Gewissen. Also gut, komm rein. Ich kann Dich ja schlecht auf der Straße pennen lassen, aber ich will jetzt wirklich einfach nur noch schlafen. Du kannst im Wohnzimmer pennen, aber lass mich einfach in Ruhe okay?" Mats willigte ein, auch wenn er wirklich lieber mit Lena geredet hätte. Seit sie in Berlin einfach Hals über Kopf abgehauen war, hatte er nichts mehr auf die Reihe bekommen. Selbst im Schlaf hat diese Frau ihn nicht mehr losgelassen. Die letzten Jahre hatte er fast nie an Lena gedacht und wenn dann nur freundschaftlich, aber die Träume jetzt. Das war alles andere als freundschaftlich. Ob es wohl daran lag, dass es jetzt zum ersten Mal so wahr, dass ein anderer Mann in ihr Leben getreten war. Bisher musste Mats nie Angst haben, dass er Lena an jemanden verlieren könnte, da war nie jemand gewesen, mit dem ernsthaft etwas gelaufen ist. Er hasste sich selber dafür, dass er scheinbar immer noch Gefühle hatte für sie. „Danke! Dir wird nicht auffallen, dass ich hier bin." „Das will ich auch hoffen." Lena brachte Mats noch ein Kissen und eine Decke, verschwand dann im Schlafzimmer. An Schlafen war jetzt natürlich nicht mehr zu denken und nachdem sie ein wenig gegrübelt hatte, fiel ihr ein, dass sie Samu doch Bescheid geben wollte, wenn sie zu Hause war. Sie kramte ihr Handy aus der Handtasche, der Akku war natürlich leer. Als das Handy endlich wieder anging, sprangen ihr Nachrichten von Samu ins Auge und drei entgangene Anrufe. „Hey, sorry! Mein Handyakku war leer und ich bin gerade erst zu Hause angekommen. Der letzte Bus war schon weg und naja, es ist schon ein Stück vom Krankenhaus bis zu mir nach Hause. Schlaf gut!" Erleichtert antwortete Samu ihr sofort auf die Nachricht. „Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein. Ich habe mir ernsthaft Sorgen gemacht. Schlaf Du auch gut und bis morgen!"

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