vierunddreißig

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Die Geräte und Monitore piepten und blinkten in ihrem monotonen Rhythmus. Eve hatte ihren Kopf auf die Brust ihres Sohnes gelegt und war eingeschlafen. Minutenlang stand Riku dort am Bett seines besten Freundes ohne Eve zu wecken. Er gönnte ihr diesen Moment der Ruhe, denn Mikko hatte ihm gesagt, dass sie seitdem sie im Krankenhaus angekommen war, kein Auge zugemacht hatte. Riku legte seine Jacke ab und ungeschickt wie er war, trat er unabsichtlich gegen den kleinen Tisch, der im Zimmer stand. Eve schreckte hoch und schaute sich verwirrt um. „Sorry, Eve. Ich wollte Dich nicht wecken." „Ist nicht schlimm, Riku. Schön, dass Du da bist." Riku lächelte Eve an und umarmte sie liebevoll. „Gibt es Neuigkeiten?" Traurig schüttelte Eve ihren Kopf. „Nein, sie haben eben nochmal ein CT gemacht. Man muss jetzt scheinbar wirklich von Tag zu Tag beziehungsweise von Stunde zu Stunde schauen, wie sich sein Zustand verändert. Aber es ist auch gut, dass sie beim CT nichts herausgefunden haben. Die Blutung ist gestern zum Glück gestoppt worden mit der Operation." Riku ging um das Bett von Samu und schaute seinen besten Freund an. Dieser Anblick machte Riku zu unfassbar wütend und traurig. All die Monitore und Geräte, die Samu gerade dabei halfen zu atmen, zu trinken, zu essen. Das wünschte man niemanden. „Das ist wenigstens mal keine schlechte Nachricht." Riku setzte sich vorsichtig auf der Bett und schaute weiterhin Samu an. „Es beruhigt mich irgendwie, dass er auf irgendeine Art und Weise friedlich aussieht. Er sieht nicht aus, als würde er leiden." So saßen die beiden einige Minuten einfach nur zusammen am Bett des Menschen, der für beide die Welt bedeutete. Riku wendete sich dann zu Eve. „Hast Du eigentlich was gegessen, seitdem Du hier bist?" Eve schüttelte den Kopf. „Dann lass uns doch kurz hier in der Cafeteria eine Kleinigkeit essen." Riku stand bereits auf, doch Eve griff nach der Hand ihres Sohnes. „Riku, ich kann ihn doch nicht alleine lassen." Er konnte sich vorstellen, dass es ihr schwer fiel, doch mit ein bisschen Überzeugungskraft gelang es ihm Eve dazu zu motivieren wenigstens für eine halbe Stunde das Zimmer zu verlassen.

Nachdem Riku eine Kleinigkeit zu Essen besorgt hatte, setzte er sich zu Eve. Die beiden aßen ihr Brötchen und schwiegen sich an. Riku entschied sich Eve einen Moment Ruhe zu gönnen, bevor er ihr erklären wollte, wer Lena war. „Eve, darf ich noch ein Thema ansprechen, was Du schon mit Mikko diskutiert hast?" Eve war in Gedanken versunken und zuckte zusammen. „Sorry, ich war gerade nicht wirklich hier. Was hast Du gesagt?" „Mikko hatte doch mit Dir über Lena gesprochen, oder?" Riku hatte versucht sich auszumalen, wie Eve auf die Frage reagieren würde und es gab alle Varianten in seinem Kopf, aber das was er von Eve jetzt zu hören bekam, überraschte ihn. „Hat er? Es tut mir Leid, aber ich..." Riku unterbrach sie. „Du musst Dich nicht entschuldigen. Es gibt für Dich vermutlich gerade wichtigere Dinge, als irgendeine Frau, die zu Samu möchte." Eve zählte eins und eins zusammen und ihr kam wieder in den Kopf, wer diese Lena war. „Lena... Das ist doch die Frau, die Samu getroffen hat oder?" Riku nickte. „Und warum will sie so unbedingt zu ihm? Ist sie nicht wieder irgendeine Frau von vielen, mit denen sich Samu vergnügt?" „Bei Lena scheint es anders zu sein. Das kann ich nicht beurteilen, aber Du solltest vielleicht etwas anderes über sie wissen. In das, was zwischen ihr und Samu abläuft, will ich mich komplett raushalten. Ich habe mich schon einmal eingemischt und Dinge gesagt, die ich besser nicht hätte sagen sollen." Eve schaute Riku verwirrt an, denn sie verstand gerade nur Bahnhof. „Na los. Raus mit der Sprache. Was ist denn mit ihr?" Nachdem Riku einmal durchatmete, erzählte er Eve die gesamte Story. „Und genau deswegen, weil ich für diese Frau meine Hand ins Feuer lege, wollte ich Dich fragen, ob sie Samu besuchen darf?" Eve staunte nicht schlecht und ein vorsichtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Du hast eine Schwester?" „Ja, seit 29 Jahre, aber eigentlich erst seit Anfang des Jahres. Wie ich gesagt habe, ich weiß nicht, was zwischen den beiden ist, aber sie wünscht sich nichts sehnlicher, als Samu zu sehen."

„Das rückt jetzt alles in ein anderes Licht." Nach diesen Worten verfiel Eve wieder in Gedanken und die beiden schwiegen sich an. Riku wusste nicht wohin mit seinem Blick und entschied sich das Tablett wegzubringen. Als er wiederkam, stand Eve auf und die beiden gingen stumm zurück zu Samu. Dort angekommen setzte sich Eve wieder auf de Stuhl neben dem Bett ihres Sohnes und griff nach dessen Hand. Kurz darauf schaute Eve Riku an. „Sag ihr, dass sie morgen vorbeikommen kann. Wenn ihr beide, Du und Mikko, schon damit zu mir kommt, dann vermute ich, dass Samu es wahrscheinlich auch so wollen würde." „Du kannst Dir das auch wirklich noch einmal überlegen. Lena hat mir gesagt, dass Du Dir alle Zeit der Welt mit dieser Entscheidung lassen kannst. Sie will Dich zu nichts drängen." „Riku, bring sie morgen früh einfach mit, okay?" Eve streichelte weiter über die Hand ihres Sohnes. Sie hoffte so sehr, dass Samu irgendwie reagierte. „Eve?", unterbrach Riku irgendwann die Stille. „Ich glaube es wäre besser, wenn Du auch ein wenig Schlaf bekommst. Ich kann Dich gerne mit nach Hause nehmen." „Nein", erwiderte Eve sofort. „Ich gehe hier nicht weg. Ich lasse Samu nicht alleine." Es fiel Riku merkbar schwer, aber er war sich sicher, dass Eve Schlaf brauchte. „Du kannst hier nichts machen, auch wenn ich mir nichts mehr wünsche, als dass Samu seine Augen einfach aufmacht. Du musst aber dann stark und fit sein, wenn er wieder wach ist. Die rufen uns mit Sicherheit an, wenn sich sein Zustand verändert." Nach weiteren Minuten des Schweigens beugte sich Eve über ihren Sohn, drückte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn und griff danach erneut nach dessen Hand. „Ich komme wieder, hörst Du? Ich lass Dich nicht im Stich, aber Riku bringt mich für ein paar Stunden nach Hause." Bevor die Tränen ihre Stimme erstickten, drehte sie sich zu Riku um, der bereits seine Jacke angezogen hatte. Eve schaute noch einmal durch den Raum, während sie ihren Mantel anzog. „Dein Schal.", zeigte sie auf den Schal, der über der Armlehne hing. „Das ist Lenas Schal. Sie wollte, dass etwas von ihr bei Samu ist." Eve griff nach dem Schal und legte ihn unter Samus Arm. „Dann sollte er auch bei ihm liegen und nicht über dem Stuhl hängen."

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