zwanzig

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Für einen Moment war Lena mit der Situation überfordert und reagierte gar nicht, doch dann kreuzte sie ihre Finger mit denen von Samu und lächelte. „Ich muss mich echt immer von Dir überraschen lassen, oder?" „So gehört sich das", antwortete Samu und ging mit Lena zum Aufzug, drückte eine Taste und schon schlossen sich die Aufzugstüren. „Ich hoffe Du hast keine Höhenangst." „Nein, zum Glück nicht." Der Aufzug fuhr nach oben und dort traute Lena ihren Augen erst einmal nicht. Sie standen auf dem Dach des Gebäudes. „Darf ich bitten?". Samu ließ ihr den Vortritt aus dem Aufzug. „Du musst schon aus dem Aufzug rausgehen, um alles zu sehen." „Wow, sowas habe ich noch nie gesehen." Lena war komplett begeistert und immer noch hielten die beiden Händchen. Samu und Lena gingen an das Glasgeländer und schauten über das verschneite Helsinki. Es schneite immer noch und es war wirklich kalt. Lena hatte zwar ihren dicken Schal dabei, aber nur eine Lederjacke. Der Wind pfiff bitterlich und ihr war verdammt kalt. „Hatte ich nicht gesagt, dass Du eine dicke Jacke mitnehmen solltst?", witzelte Samu. „Es ist doch gar nicht kalt.", versuchte Lena sich nichts anmerken zu lassen. „Ach, dann zitterst Du immer einfach so?". Keinen Moment zögerte Samu, zog seinen Parka aus und legte ihn um sie. Sofort kuschelte sie sich in die warme Jacke und schaute Samu an: „Und Du?" „Ich werde schon nicht erfrieren. Das Wichtigste ist, dass Du Dich nicht erkältest. Ich habe schließlich seit gestern frei." Die beiden standen noch einige Momente dort oben, aber dann wurde es wirklich zu kalt. Samu rieb sich schon die Hände und wippte von einem Bein aufs andere. „Lass uns wieder reingehen. Du sollst ja nicht bei unserem ersten Treffen direkt erfrieren."

Samu schaute zu Lena runter, die ihm gerade einmal bis knapp unter die Schulter reichte und natürlich, wie sollte es anders sein, schaute Lena gerade in diesem Moment zu ihm hoch. Ihre Blicke trafen sich. Es war wie im Bilderbuch und hätte der Samu von vor ein paar Wochen mit einer Frau hier oben gestanden, dann hätte ihn jetzt nichts mehr davon abgehalten sie zu küssen. Aber der Samu, der gerade hier oben stand, dachte nicht daran Lena zu küssen. Obwohl, was heißt, dass er nicht daran dachte. Nichts lieber hätte er getan, als sie an sich ran zuziehen und zu küssen. Er hatte sich aber vorgenommen es langsam angehen zu lassen. Er wollte sich wirklich darauf einlassen jemanden kennenzulernen und nicht direkt wieder mit jemanden ins Bett zu springen. Aber Lena machte es ihm verdammt schwer. Wie sie ihn ansah mit ihren braunen Augen, die Grübchen, die sich beim Lächeln abzeichneten. „Ja, bevor meine Finger abfrieren, sollten wir vielleicht reingehen", löste Samu die Situation auf und er sah ein wenig Enttäuschung in Lenas Augen. Er nahm ihre Hand und die beiden gingen zum Aufzug. Lena wusste die Situation nicht einzuordnen und dachte nach: „War das gerade nicht der richtige Moment gewesen, um sich zu küssen? Hatte Samu es nicht darauf angelegt? Es wäre perfekt gewesen..." Sie schaute ihn an: „Es war wunderschön. Danke Dir.". Auf keinen Fall wollte sie sich die Enttäuschung anmerken lassen. Denn auch wenn sie sich einen Kuss gewünscht hatte, war sie irgendwie beeindruckt. Beeindruckt, dass der Womanizer Samu Haber es scheinbar nicht auf das Eine abgesehen hatte.

„Deine Hände sind fast eingefroren." Sie versuchte sich aus Samus Jacke zu pellen, stellte sich dabei aber unwahrscheinlich tollpatschig an. Samu lachte und half ihr aus der Jacke und zog sie sich selber wieder über. „Jetzt rieche ich auf jeden Fall nach Dir.", lächelte sie ihn an. In diesem Moment öffneten sich die Aufzugstüren und Leute aus dem Restaurant stiegen dazu. Sofort wendete sich Samu von Lena ab. Er wollte nicht erkannt werden. Dieser Abend sollte jetzt wirklich nicht in einer Fotosession enden. Das wollte er Lena nicht antun, denn er wusste, wie anstrengend es sein kann. Nachdem er sich weggedreht hatte, zog er noch die Kapuze seines Parkas über. Die Fahrt bis in die Tiefgarage dauerte eine gefühlte Ewigkeit und Samu sagte kein Wort, schaute Lena nicht an, sondern starrte einfach nur auf den Boden. Endlich waren sie angekommen und die Leute stiegen aus. Samu hob seinen Blick wieder: „Es tut mir Leid.", murmelte er. „Was tut Dir Leid?", entgegnete Lena verwundert. „Das klingt jetzt komplett überheblich, aber mir tut es Leid, dass ich berühmt bin. Manchmal wünsche ich mir einfach ein normaler Sachbearbeiter in einer Bank oder so zu sein. Das würde einiges leichter machen."

Die beiden saßen mittlerweile im Auto und Samu fuhr Lena nach Hause. Bei Lena vor der Tür stieg er aus und so standen die beiden sich dann gegenüber. Wieder tauschten die beiden Blicke aus, die die Luft fast zum Brennen brachten. „Es war sehr schön", murmelte Samu während er Lena vorsichtig umarmte und ihren Duft einatmete. „Ja, das war es." Langsam löste Samu die Umarmung. Lena schaute ihn an: „Du kannst aber auch gerne noch mit hochkommen." Samu griff nach ihrer Hand. „Glaub mir, am liebsten würde ich das, aber das ist unser erstes Date gewesen", lächelte er. „Ich hoffe wir sehen uns wieder!" Lena strich über seine Wange, drückte ihm einen sanften Kuss auf die andere Seite: „Ich denke, dass werden wir. Komm gut nach Hause und schreib mir, wenn Du angekommen bist."

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