153.Kapitel

298 16 0
                                    

Samu:
Es waren jetzt 2 Wochen vergangen und heute war die Beerdigung meiner Mutter. Es tat noch immer unfassbar doll weh, dass sie einfach von uns gegangen war und ich wusste wirklich nicht wie ich diesen Tag heute überstehen sollte. Natürlich war der erste Schock überwunden, aber trotzdem konnte ich es noch immer nicht richtig glauben und wollte es vor allem auch gar nicht glauben. Jessy war mein größter Halt gewesen in letzter Zeit. Sie war vor einer Woche bei mir eingezogen, da ihr WG Zimmer schon von der neuen Mitbewohnerin bezogen wurde. In 3 Wochen würde es ja auch schon nach Berlin für uns gehen. Natürlich waren aber auch meine Geschwister ein großer Halt gewesen. Mit unserem Vater hatten Sanna und ich ja eher ein schlechtes Verhältnis. Santtu hatte jedoch viel Halt bei seinem Vater finden können, was bei uns eher nicht der Fall war. Das waren aber auch wirklich zwei verschiedene Menschen. Beide würden heute zur Beerdigung kommen. Sie hatten es schließlich auch geplant, weil wir das einfach nicht konnten. „Bist du soweit Schatz?" fragte mich Jessy vorsichtig und umarmte mich von hinten, während ich noch vor dem Spiegel stand und meine Krawatte richtete. „Ich denke ja..." sagte ich zwar, aber wollte mich eigentlich keinen Schritt bewegen. „Gut, dann fahren wir?" fragte sie mich, woraufhin ich mich zu ihr umdrehte. „Ja..." „Alles wird gut, wir schaffen das zusammen Samu. Du bist so stark und ich bin mir sicher, dass du eine tolle Rede für eure Mutter geschrieben hast." sagte sie und küsste mich. „Das hoffe ich." antwortete ich ihr und drückte sie nochmal, bevor wir dann Hand in Hand zum Auto liefen und dann zur Kirche fuhren, wo der Trauergottesdienst stattfinden würde. Das würde wirklich nochmal ein schlimmer Tag werden.
Als wir angekommen waren, nahm Jessy gleich meine Hand und lächelte mir aufmunternd zu. Auch der Rest der Familie kam dann in den nächsten 10 Minuten dazu. Auch wenn ich überhaupt nicht religiös war, dieser Trauergottesdienst war sowas von emotional. Fast die ganze Zeit liefen mir,aber auch vielen anderen,Tränen über's Gesicht. Aber erst danach kam eigentlich der schlimmste Teil, die Beisetzung ins Grab... Hierfür hatte ich auch meine Rede vorbereitet. Ich fühlte mich ehrlich gesagt aber ganz und gar nicht bereit dafür. Ich drückte Jessy's Hand auf dem Weg immer fester und versuchte ruhig ein und auszuatmen. Während meine Mutter unter die Erde gebracht wurde, flossen natürlich wieder die Tränen. Ich konnte kaum noch stehen so wackelig waren meine Beine. „Du schaffst das Liebling." sagte Jessy zu mir als ich dann vor meine Familie und Freunde trat und sicherheitshalber meinen Zettel rausholte.
„Ähm ja...Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Liebe Gäste, sprich Familie und Freunde unserer Mutter..."

Als ich meinen letzten Satz ausgesprochen hatte, fiel ich weinend auf meine Knie, woraufhin Jessy sofort auf mich zu gerannt kam und mich in den Arm nahm. Ich schluchzte und hatte das Gefühl, dass ich jeden Moment zusammenbrechen würde. „Du hast es geschafft Samu. Das war wunderschön." sagte sie zu mir während ihr selber Tränen über die Wangen liefen. „Ich liebe dich Jessy..." „Ich liebe dich auch mein Schatz." In dem Moment kam auch mein Vater auf uns zu. Er wusste nicht so Recht was er machen sollte, wegen unserem schlechten Verhältnis halt. „Komm her Samu, lass dich drücken." sagte er dann aber doch während ihm selber auch immer mehr Tränen die Wangen runterliefen. Ich schloss ihn also in meine Arme, woraufhin er mich sofort noch doller an sich drückte. „Ich hab dich lieb Papa." schluchzte ich. Ich war froh, dass er sich überwunden hatte und auf mich zugekommen war und merkte genau in diesen Momenten auch wie wichtig es war mich wieder mit ihm zu versöhnen. Er war mein Vater und ich ich wollte einfach ein gutes Verhältnis zu ihm haben bevor es zu spät war... „Ich dich auch mein Sohn..."
Für mich war es ein absolut besonderer Moment. Wie lange war es her ,dass wir uns das gesagt hatten... Nachdem ich damals erfahren hatte, dass er Mama mit einer anderen Frau betrogen hatte und dann auch einfach mit ihr durchgebrannt war, wollten ich und auch Sanna nichts mehr mit ihm zu tun haben. Aber das ist lange her und Urhebern musste man auch verzeihen. Unsere Mutter wollte immer, dass wir uns versöhnten und genau das machten wir jetzt auch. Es war das Richtige, das wusste ich.
Als wir dann am Abend zuhause waren , war ich vollkommen fertig mit den Nerven. Der war so eine große psychische Anstrengung und Belastung für mich mich gewesen, dass ich jetzt einfach nur noch ins Bett wollte. Einzig und alleine eine gute Sache hatte es gegeben und zwar, dass ich mich wieder mit meinem Vater vertragen und später sogar noch ausgesprochen hatte. Aber im größten Teil war es einfach ein scheiß Tag gewesen. Ich glaube niemand wollte gerne die Beerdigung seiner Mutter erleben. Zuhause steuerte ich also als erstes das Schlafzimmer an, befreite mich aus meinem Anzug, machte die Jalousien runter, das Licht aus und schmiss mich ins Bett. Ich wollte nichts mehr sehen und hören. Es war einfach alles zu viel gewesen heute.
Jessy hatte wohl gemerkt, dass ich alleine sein wollte und kam mir deshalb auch nicht hinterher. Sie verstand mich auch ohne Worte und dafür war ich verdammt dankbar.
Die Zeit verging, aber ich konnte einfach nicht einschlafen. In meinen Kopf waren so viele Gedanken, die mich davon abhielten. Irgendwann kam dann also auch Jessy, weil sie schlafen wollte und bemerkte auch gleich, dass ich nur so tat als würde ich schlafen. „Du musst jetzt nichts sagen Samu. Ich weiß, dass du noch nicht schläfst und ich kann auch nachvollziehen, dass du nicht reden willst. Aber du sollst wissen, dass ich für dich da bin, wenn du doch reden willst oder wenn du dich einfach nur an mich kuscheln willst. Ich liebe dich und bin so stolz wie tapfer du das heute gemeistert hast. Alles wird gut, ja?Wir schaffen das zusammen." Während sie das sagte, hatte ich die ganze Zeit meine Augen geschlossen und sie streichelte mir über den Kopf. Wie konnte sie bloß immer genau die richtigen Worte finden?

Wer ist der Richtige?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt