Kapitel 18

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Mein Blick fiel zu Dogan, der gerade den Grill in Schwung brachte, während Erik und Kathi sich in die Küche verzogen hatten, um alles zusammenzusuchen. Und ich, ich kuschelte mich an meinen kleinen Teddy, der sich auf meinen Schoß gesetzt hatte und meine Mutter neugierig beobachtete, während meine Eltern und ich uns lauthals anschwiegen.
"Du, warum hat die Oma eigentlich so komische Augenhaare? Die sehen ganz anders aus als bei dir und Mama. Das sieht voll komisch aus.", kicherte Sascha. Augenhaare? Was meinte er damit? Ich schaute mir meine Mutter genau an, als bei mir der Cent fiel.
"Die Augenhaare heißen Wimpern.", klärte ich meinen Neffen auf. "Und die Oma hat dar künstliche mit dazu geklebt." Sascha nickte zufrieden, ehe er seine kleine Stirn wieder kraus zog. "Wieso?"
Ja, das war eine gute Frage. Die sollte ich doch gleich einmal weiterleiten, denn ich konnte sie auch nicht wirklich beantworten "Ja wieso, Oma?", grinste ich also meine Mutter an.
"Weil das hübscher aussieht.", lächelte sie also artig. Sascha schüttelte heftig seinen Kopf "Tut es aber nicht. Mamas sehen viel hübscher aus." Tja, Kindermund tut Wahrheit kund. Ich liebte meinenTeddy einfach. Bevor ich aber eine weitere Diskussion fürchten musste, kam Erik gefolgt von der Familie Reus in den Garten. Noch nie hatte ich mich so unmenschlich wie heute gefreut sie zu sehen.
"Was ist das denn?", zischelte meine Mutter empört  " Haben die denn keine Manieren hier einfach so reinzuplatzen? Man meldet sich doch vorher an."  Genau, nur sie nicht, oder wie? Meine Mutter rümpfte ihre Nase als sie alle nacheinander gemustert hatte.
"Ja hallo Frau und Herr Dorn. Schön Sie auch einmal wiederzusehen.", begrüßte Franzi meine Eltern.
"Kennen wir uns?", meine Mutter zog ihre wohlgezupften Augenbrauen fast bis zum geärbten Haaransatz.
Franzi nickte "Klar aus dem Segelverein. Ich bin Franzi und das sind meine Kinder Maxi, Philli, Tessa und Maja." Sie zeigte auf die Kinderschar um sich herum "Und der Kerl dahinten mit dem Spaten, ist mein Mann Marco." Meine Eltern nickten nur "Ich gehe dann mal schnell in die Küche Kathi helfen. Du hast einen Blick auf meine Brut!", zwinkerte sie mir zu und verschwand im Haus.
"Ist das etwa die Franzi von Schuhmachers?", wollte meine Mutter konsterniert wissen. Ich nickte "Ja, jetzt heißt sie aber Reus." Der Blick meiner Mutter fiel zu Marco, der mit Erik gerade am Pfosten von Saschas Tor mit dem Spaten buddelte, den er angeschleppt hatte.
"Da werden ihre Eltern aber nicht sehr glücklich sein, dass sie gesellschaftlich so abgerutscht ist." Wie meinte meine Mutter das denn?
"Wieso?" Man konnte ja mal fragen.
"Naja, schau dir doch ihren Mann an. Der arbeitet hier wahrscheinlich nur gelegentlich als Gärtner, wenn Erik ihm schon hilft und ihre Kleidung lässt ja auch mehr als zu wünschen übrig. Und dann vier Kinder. Die leben doch garantiert auf Kosten des Steuerzahlers." Ich schaute zu Marco, der in einer BVB Jogginghose und einem BVB T-Shirt da stand. Gut das gelbe Shirt hatte einige Erdflecken. Wahrscheinlich hatte er wieder seinen ganzen Körper geschickt wie immer bei der Gartenarbeit eingesetzt. Ich musste grinsen. Sollte ich meine Mutter eigentlich aufklären, wer er war? Nö, eigentlich nicht. So konnte das bestimmt noch viel lustiger werden.
"Oma, Oma." Sascha kam von den Mädels angerannt und stürzte zur Terrassentür. Ich hatte erst einmal nur gesehen wie meine Mutter erschrocken zusammengezuckt war. Der Gedanke Oma genannt zu werden, bereitete ihr garantiert Seelenqualen. Denn dagegen gab es kein Antiaging und dann könnte man sie ja für alt halten. Ich folgte meinem Neffen aber mit meinem Blick und da stand Karin, die ihn jetzt auf ihrem Arm im Kreis wirbelte und abknutschte. Hinter ihr folgte auch der Rest der Familie Bürki.
"Was macht ihr denn hier?", begrüßte ich Jasi.
"Naja, wir haben Karin und Martin vom Flughafen abgeholt. Und du kennst sie doch. Als erstes musste sie zu ihrem Enkel." Genau dieser Enkel zog gerade seine geliebte Oma hinter sich her zu seinen Fussballtoren, während sich Martin und Roman zu uns an den Tisch setzten, nachdem sie sich vorgestellt hatten.
"Und Sie sind Schweizer, wenn ich den Akzent richtig deute?" Mein Vater schien ja äußerst angetan. Beide nickten. Auch meine Mutter lächelte begeistert, soweit es das Botox zuließ.
"Manno, gibt es hier auch was zu trinken?" Marco ließ sich galant in den Stuhl neben mir plumpsen.  Ich schaut zu ihm als er sich gerade eine Wasserflasche vom Tisch angelte und ansetzte und in einem Zug leerte. Scheinbar hatte er gemerkt, dass alle Blicke auf ihm lagen.
"Was denn? Ich bin fast am verdursten. Und den Becher Kaffee, den ich an der Tanke geholt habe, hat Tessa mir im Auto ausgekippt. Das ist vielleicht eine Sauerei auf den weißen Ledersitzen.", stöhnte er. Ich sah die schockierten Blicke meiner Eltern.
"Wer nimmt auch weiße Ledersitze, wenn er vier Kinder hat.", lachte ich.
"Sie haben ein Auto?", meine Mutter schaute Marco mit aufgerissenen Augen an "Erik muss Sie ja wirklich gut bezahlen." Jetzt schaute Marco sie verwirrt an. "Ay Alter, warum behauptet die, du würdest mich bezahlen?", rief er zu Erik, der gerade mit Getränken ankam. Die Augenbrauen meiner Eltern schossen in die Höhe. Hatte es wirklich jemand gewagt meine Mutter als die zu bezeichnen? Am liebsten hätte ich Marco anerkennend auf die Schulter geklopft. Erik zuckte nur mit den Achseln und verschwand wieder, nachdem er die Flaschen auf dem Tisch abgestellt hatte.
"Naja jedenfalls ist das ein echter Mist mit dem Kaffee auf dem Sitz. Da muss ich mir wohl ein neues Auto besorgen. War ja sowieso mal wieder Zeit.", grinste Marco. Bei dem Wort besorgen war mein Vater zusammengezuckt. Wahrscheinlich hielt er Marco jetzt nicht nur für den Gärtner, sondern auch noch für einen Autodieb.
"Stimmt, du hast den Wagen ja jetzt schon fünf Monate. Da wird es langsam Zeit für einen neuen, Bro.", lachte Roman und schlug mit Marco ein. Franzi kam mit Tellern an und stellte sie auf den Tisch "Könnt ihr die mal verteilen.", wandte sie sich an Martin und meinen Vater, der etwas verwirrt aus seinem Hemdskragen schaute "Und ihr beiden Faultiere holt noch Stühle aus dem Schuppen.", gab sie gleich noch die Anweisung an Marco und Roman, die sofort aufsprangen. Meine Mutter rutschte etwas auf der Bank weiter, als ich den beiden Männern half die Bestecke zu verteilen.
"Schau mal, hier liegt wieder so eine gefälschte Tasche von Yves Saint Laurent. Das ist wirklich fürchterlich, dass die mittlerweile jeder aus seinem Türkei oder Spanien Billigurlaub mitbringt." Meine Mutter hielt Franzis Tasche hoch.
"Ach hat mein Weib die wieder rumliegen lassen?" Marco, der gerade einen Stuhl abgestellt hatte, griff nach der Tasche. "Ist echt unglaublich was so ein Teil kostet und Franzi lässt die immer rumliegen. Irgendwann klaut die ihr nochmal einer." Kopfschüttelnd legte er sie zu den Rucksäcken seiner Töchter.
"Wenn dieser ungehobelte Kerl wüsste, was die echten kosten. So eine Fälschung würde ja nur ein dummer Mensch klauen.", zischelte meine Mutter mir zu. Joa, derAbend würde heute noch richtig lustig.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt