Kapitel 105

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"Halt, Stop Nino." Ich rannte meinem Hund durch die halbe Wohnung hinterher. Wer konnte auch ahnen, dass ein Golden Retriever Sachen verschleppte. Oder genauer gesagt, die Weihnachtsgeschenke, die unter dem Weihnachtsbaum lagen.
"Du weißt schon, dass dein Hund zu den Apportierhunden gehört?" Robert schaute mich grinsend an, während ich immer noch versuchte den kleinen Kerl zum Stehen bleiben zu bewegen. "Ja, weiß ich.", maulte ich "Der soll aber erschossene Enten aus dem Wasser holen und nicht wunderschön verpackte Geschenke unter dem Weihnachtsbaum klauen." Neben mir tauchte MP auf und hielt das etwas angesabberte Geschenk wie eine Trophäe hoch. "Kommt jetzt lasst uns erst einmal wieder gemütlich hinsetzten." Der war ja lustig. Wie sollte ich mich entspannt  hinsetzen, wenn Nino garantiert gleich das nächste Geschenk mopste. Ich schaute zu dem nicht mehr ganz so kleinen Kerl, der sich neben MP stellte und ihn anschaute. Ehe ich mich versah, wurde ich an meiner Hand mit zur Couch gezogen.
"Euren Kleinen müsst ihr aber noch besser erziehen.", lachte MPs Onkel. "Da bist du als Oma aber auch gefragt Silvi." Scheinbar dachten hier wirklich alle Mister Poppey und ich wären ein Paar. Naja, irgendwie waren wir halt ein Beste-Freunde-Plus-Paar. Aber das würde wohl nicht so viel Anklang finden, wenn wir das hier so erklärten.
"Und ihr fahrt zu Silvester nach Tirol?", wandte sich Silvis Schwester an mich. "Wo geht es denn da genau hin?" Ich streichelte Nino über den Kopf, der es sich auf MPs Schoß gemütlich gemacht hatte "Wir fahren nach Seefeld. Das ist in der Nähe von Innsbruck und ziemlich dicht an der Deutschen Grenze." Es hatte mich echt erstaunt, dass meine Eltern sich dort ein Haus gekauft hatten, denn sie waren die letzten Jahre eher immer in Kitzbühl, wo sich da Who is who traf. Dort fuhr man einfach hin um gesehen zu werden. Seefeld dagegen war zwar auch nicht gerade ein Bauerndorf und hatte ziemlich viel Luxus zu bieten, aber es war doch etwas ruhiger. Früher als Alex, Kathi und ich noch klein waren, hatten wir dort fast jedes Jahr Weihnachten verbracht. Dort hatten wir auch Skifahren gelernt. Ob ich das noch hinbekam? Ich war ja ein paar Jahre aus der Übung.
"Menschenskinder, ich freue mich so.", lachte Silvi "Ich wollte schon so lange mal im Winter in die Berge. Ich habe schon geguckt, da kann man echt super Langlauf machen. Das ist eine echte Hochburg. Was tolleres hättet ihr mir gar nicht schenken können." Ich schaute zu MP, der verschämt mit den Schultern zuckte. Er hatte die Einladung meiner Eltern doch nicht wirklich als Geschenk verkauft.
"Ich freue mich auch riesig deine Eltern kennenzulernen." Ob die Freude lange anhielt? Robert fing an zu glucksen, während Jackie ihm ihren Ellenbogen zwischen die Rippen knallte. "Aua.", quiekte er auf und rieb sich die Seite "Da wirst du bestimmt deine Freude haben.", gackerte er gleich wieder los. Klar er hatte meine Eltern ja auf Kathie und Eriks Feier getroffen. "Und wenn sie nach Millis Liebeshasen fragen oder Vickis Lovechica, dann bestell ihnen schöne Grüße." Das musste ja jetzt sein. Alle Blicke lagen auf uns. Ich spürte wie meine Wangen anfingen zu glühen und auch Mister Puterrot stand mir in nichts nach.
"Was soll das heißen?" Silvi musterte uns intensiv und ehe wir noch den Mund aufbekamen, haute Robert die ganze Geschichte von Anfang bis Ende raus. Nach den ersten paar Sätzen fingen auch schon die ersten vor Lachen an zu prusten. Na super. Was gab es schöneres als an Weihnachten die große Lachnummer zu sein.
"Die müssen ja alle so blind sein. Obwohl selbst ein blinder mit Krückstock sieht doch, dass bei euch die Funken nur so sprühen." MPs Oma schüttelte nur den Kopf. "Na Gott sei Dank, sind die Deppen auf dem Fussballfeld nicht so blind, sonst würdet ihr in die Heidelbeerliga absteigen." Und auch der Onkel klatschte sich ungläubig vor die Stirn. Ich fragte mich aber, was die für Funken sahen?
"Nino, lass die Kugel." Mein Hund hatte jetzt etwas neues entdeckt. Diese Weihnachtskugeln glitzerten aber auch zu schön. In meinem Kopf braute sich gerade ein übeles Kopfkino zusammen. Wenn der Kleine die Kugel zerbiss und die ganzen Scherben sein Maul zerschnitten oder er die Splitter schluckte. Ich sprang zusammen mit MP auf, der scheinbar die gleichen Gedanken hatte. "Kinder entspannt euch, die Kugeln sind aus Kunststoff." Silvi pfiff einmal und der kleine Verbrecher sprintete zu ihr. Das war doch nicht wahr. Seit wann hörte der darauf "Du hast deinen Enkel aber schon gut im Griff." MPs Onkel war aber auch immer mit dem Mund vorne weg. Jetzt war mir auch klar, wo Robert das her hatte.
"Lasst uns lieber die Geschenke auspacken." Das war wohl dann doch ein Thema, was Meinem Plumperquatsch genauso wenig gefiel wie mir. Das würde uns ja gerade noch fehlen, dass unser Plus Vergnügen Früchte trug. Ich grübelte noch einmal kurz. Nee, da konnte definitiv nichts passieren. Was die Verhütung anging, waren wir gut aufgestellt.
Robert beeilte sich zum Weihnachtsbaum zu kommen und fing an die Geschenke zu verteilen. Nach einiger Zeit schaute ich leicht verzweifelt auf den Stapel von Kartons vor mir. Wieso bekam ich so viele Geschenke? Die Familie kannte mich doch noch gar nicht. "Na los, jetzt starre die Dinger nicht nur an, sondern mache sie auf." Jackie stupste mich in die Seite. Ich fing also an einen Karton zu öffnen. Zum Vorschein kam mein Lieblings Parfum. Ich musste grinsen und schaute zu Jacki, die mich mit der gleichen Flasche in der Hand angrinste. Nachdem ich mich durch alle Geschenke gekämpft hatte, stapelten sich vor mir noch ein Pulli, Handschuh, Schal und Mütze. Alles wirklich praktische Sachen. Warum war ich denn dann so enttäuscht? Vielleicht weil kein Geschenk von Meinem Pummelchen dabei war. Ich schaute zu ihm. Er hielt gerade völlig sprachlos meinen Gutschein für den Ballonflug in der Hand. "Wahnsinn.", kam jetzt doch etwas aus seinem Mund. Na wenigstens hatte ich ein perfektes Geschenk gefunden. MP wirbelte zu mir herum "Den Flug machen aber wir beide zusammem." Seine Augen strahlten förmlich, als er mich in seine Arme zog. Er zauberte einen kleinen Geschenkkarton irgendwoher und hielt ihn mir hin. "Das ist für dich, Dornröschen."
"Ach, spürt ihr auch diese Liebe in diesem Raum.", gackerte Robert "Komm her Schneewittchen." Er zog Jacki an sich und knutschte sie fast in Grund und Boden. Ganz vorsichtig ließ ich meine Hand über das perfekt eingewickelte Geschenk gleiten und öffnete die Schleife darum.
"Man jetzt zelebriere das nicht so und zerfetze das Papier. Ich will wissen, was dir mein Sohn geschenkt hat." Silvi tauchte neben mir auf und stupste mich an. Trotzdem öffnete ich das Papier ganz langsam und vorsichtig. Zum Vorschein kam ein edel aussehendes Samtetui. Ich strich andächtig mit meinen Finger darüber, ehe ich es öffnete.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt