Kapitel 137

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Ich ließ mich schnell wieder auf meinen Platz auf der Bank neben den Ersatzspielern fallen. Eben hatte ich noch schnell die Kiddies zurück in die Katakomben gebracht, wo sie von ihren Müttern abgeholt worden waren. War ja klar, dass die Reus-Mädels und auch Leokardia beim letzten Spiel ihrer Väter deren Einlaufkinder waren. Natürlich durfte Sascha dann auch mit Erik einlaufen. Das wäre sonst ja ungeerecht gewesen. Heute saßen auch die Eltern und Schwiegereltern von Roman und Marco auf der Tribüne. Vorhin hatten die beiden schon fette Blumensträuße und Bilder überreicht bekommen. Dieses Abschiedsspiel im eigenen Stadion sorgte schon für Gänsehautatmosphäre, die sich garantiert nach Ende des Spiels noch steigern würde, wenn die beiden sich vor der Süd endgültig von ihren Fans verabschieden würden. Mit Sicherheit würden sie da noch einmal richtig heftig gefeiert werden. Schon die Choreo vor dem Spiel war der Hammer. Ich schaute zu den Rängen hoch und meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Heute war nicht nur das Abschiedsspiel der beiden, sondern es ging auch noch um die Meisterschaft. Wenn sie die auch noch holten, gab es hier garantiert kein Halten mehr. Dann würde in Dortmund die Nacht zum Tag gemacht und morgen würde der Borsigplatz beben. Als der Pfiff ertönte, schaute ich schnell auf das Spielfeld. Das Spiel heute gegen Union Berlin hatte es in sich. Die Jungs waren nicht zu unterschätzen. Sie hatten zwar keinen Abstiegsplatz mehr, aber trotzdem war das eine Mannschaft, die immer auf Sieg spielte und ziemlich unangenehm mauerte, ganz zu schweigen von ihren elenden Kontern. Vor dem Spiel hatte ich kurz Joshua gesehen, der mich mit den Worten "Schade, dass ihr nicht Meister werdet" begrüßt hatte. Unser einziges Glück war, dass die Blauen aus Schlumpfhauesen gegen die Roten aus dem Süden spielten und sich damit vielleicht schon gegenseitig Schach setzten. Ein Unentschieden der beiden wäre perfekt, wenn wir gewinnen würden.  Bis jetzt kämpften meine Jungs, kamen aber nicht durch diese Abwehrmauer durch. Ich konnte an MPs Gesicht sehen, dass er lamgsam ziemlich gefrustet war. Hoffentlich behielt er trotzdem einen kühlen Kopf und machte nicht ein dämliches Frustfoul oder so. Ein Stöhnen ging durch die Ränge. Ich schaute zur Anzeigentafel. Mist, die blöden Roten waren in Führung gegangen. Musste das so kurz vor der Pause sein? Der Abpfiff ertönte. Ich lief schnell auf den Platz, um mit den Ersatzspieler Aufwärmtraining zu machen. Eine Einwechselung war ja nicht unmöglich. Am liebsten hätte ich jetzt aber etwas Motivationsaufbau bei MP betrieben. Das kollidierte aber gerade mit meinem Job. War die Pause eigentlich schon immer so kurz. Auf meinem Weg zur Bank kreuzte sich dann doch noch MPs und mein Weg. Er zwinkerte mir kurz zu. Das war ein gutes Zeichen, dann war er nicht total gefrustet. Ich ließ mich also wieder auf der Bank nieder, als auch schon ein weiteres Stöhnen durch die Ränge ging. Die Roten hatten schon wieder ein Tor geschossen. Hoffentlich wurde das jetzt kein Schützenfest. Das war es dann wohl mit der Meisterschaft. Ich schaute zum Spielfeld, wo gerade Joshua unserem Innenverteidiger den Ball abgenommen hatte und losstürmte. Klasse, wie konnte dem denn so ein Schnitzer so kurz vor dem Tor passieren. Noch während ich das dachte, zappelte der Ball auch schon im Tor. Verfluchte Scheiße. Hoffentlich wurden die Jungs jetzt endlich mal wach. Ich sah, wie Roman wütend gegen den Pfosten trat. Naja gut, bei dem Schuß war er wirklich chancenlos gewesen. Da half auch Wut nichts. Ich schaute zum Anstoßpunkt, wo MP und Marco sich ein Handzeichen gaben. Kaum war angepfiffen, da stürmte Marco auch schon los und legte im Strafraum den Ball zu MP rüber auf die linke Seite, der einfach durchzog und das Ding voll ins Tor bretterte. Ich sprang von meinem Platz auf und umarmte meinen Sitznachbarn. Der Signal Iduna Park tobte. MP kam in Richtung unserer Bank gelaufen und zeigte ein Herz mit seinen Händen. Ich bekam eine Gänsehaut. Die Stimmung und dieses Herz zusammen waren einfach überwältigend. In den Jubel hinein brach ein weiterer Jubel aus. Ich schaute schnell zur Anzeigentafel. In München musste auch die Hölle los sein, denn die Blauen hatten innerhalb von zwei Minuten zwei Tore geschossen. Das hieß es war wieder Punktgleichstand zwischen allen drei Mannschaften und es war wieder alles offen. Die Minuten schlichen so dahin, als MP wieder einen Ball erobern konnte und den Ball zu Marco schoß, der sofort wie eine Rakete durchstartete. Wieder lief MP mit und bekam den Ball im Sechzehner zugespielt. Ich sah den Torwart auf ihn zugrätschen, aber noch bevor er ihn erwischen konnte, lupfte er den Ball über ihn und versenkte ihn im Tor. Während ich jubelnd aufsprang-momentan waren wir Meister- schaute ich zum Torschützen, der sich mühsam vom Boden aufrappelte. Dieser Misttorwart hatte ihn echt abrasiert. Na, wenigstens zückte der Schiedsrichter eine Karte. MP humpelte los. Okay, er würde hoffentlich noch die letzten fünf Minuten durchhalten. Das Spiel ging weiter umd ich schaute auf die Uhr. Mist, hielt da jemand die Zeiger fest? Mein Blick fiel zu MP, der scheinbar wirklich etwas bei dem Foul abbekommen hatte, denn an seinem Laufstil konnte ich sehen, dass da nicht alles rundlief, auch wenn er trotzdem noch sprintete. Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Die Unioner hatten sich den Ball geschnappt und liefen einen schnellen Konter, als unser lieber Innenverteidiger zur Notbremse griff. Na klasse. Nicht nur, dass er die rote Karte sah, nein, es gab natürlich auch noch einen Elfer. Ich machte die Augen zu und fing an zu beten, obwohl Kirche ja so gar nicht mein Ding war. Roman hatte noch nie einen wirklich entscheidenden Elfer gehalten. Warum also sollte er es jetzt? Das kostete garantiert die Meisterschaft, denn in München gab es garantiert so lange Nachspielzeit bis die Roten noch ein Tor schossen und bei uns wurde sofort abgepfiffen.
Ich sah, wie Joshua sich den Ball zurecht legte. Mist, der hatte noch nie einen Elfer verschossen. Ich schloss wieder meine Augen und betete als ein lautes Jubeln durch das Stadion ging. Ich schaute zu Roman, der strahlend den Ball in den Händen hielt. Den darauffolgenden Abstoß bekam ich kaum mit und dann ging wieder alles ganz schnell und MP versenkte den Ball schon wieder im Tor. Das Spiel wurde sofort abgepfiffen und auf den Tribünen brach die Hölle los. Ich rannte auf das Spielfeld. Und umarmte die Jungs. Es war unglaublich. Schon in meiner ersten Saison waren wir Meister geworden. MP kam mir entgegen gehumpelt. "Du bist verletzt."
"Halb so schlimm.", grinste er mich an "Wir sind Meister, das ist alles was zählt." Er kratzte sich am Kinn "Obwohl ein Siegerkuss von dir würde noch mehr zählen." Na da ließ ich mich doch nicht lange bitten.
"Schluß jetzt ihr Turteltauben. Hier sind auch Kinder im Stadion. Außerdem müssen wir uns jetzt die Schale abholen." Erik zog MP mit sich. Ich grinste den beiden zufrieden hinterher und sog die Stimmung im Stadion in mir auf. Die Süd war nur am Hüpfen und feiern und sang die ganze Zeit.
"Tante Vicki, wann dürfen wir zu unseren Papas auf das Feld?" Teddy war neben mir aufgetaucht. Natürlich nicht ohne seine Freundinnen und selbst Maxi und Philli standen dabei. "Kommt mit, wir gehen schon einmal zur Süd. Da kommen eure Papas gleich zum Feiern hin." Die Kiddies folgten mir bereitwillig, anstatt sich aber auf den Rasen zu setzen, begannen die Reus-Töchter und Leo mit einer Laola Welle, die von den Fans sofort aufgenommen wurde. Also wie man feierte, wussten die Minis schon einmal. Als die Spieler gesammelt auftauchten, waren die Fans durch ihre kleinen Anheizer schon einmal warmgefeiert und dann ging der Punk erst richtig ab. Eine knappe Stunde später befanden wir uns alle auf den Weg in die Katakomben. MP kam neben mich und hielt mir die Torjägerkanone hin, die er sich heute im Spiel noch gesichert hatte. "Für dich." Ich schaute ihn verwundert an "Na, du bist mein absoluter Volltreffer."
"Boah, Alter. Seit wann bist du so schnulzig. Da kommt mir ja mein Frühstück hoch." Joshua stand grinsend neben uns und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter "Wenn ich das Lucy erzähle, quietscht sie mir glatt die Ohren weg, dass ihr Plan ein Paar aus euch zu machen, voll aufgegangen ist. Das kostet mich eine Gucci Tasche." MP und ich schauten ihn schockiert an "Spaß beiseite, die hätte ich ihr sowieso kaufen müssen, wenn wir nicht absteigen. So ich muss jetzt aber zum Bus." Die Gucci Tasche war jetzt nicht das, was mich schockiert hatte, sondern der Plan. Ehe ich aber weiter zum Aufregen kam, tippte Marco MP schon wieder von hinten auf die Schulter "So, jetzt aber mal hopp, wir wollen gleich feiern gehen. Und morgen geht es dann auf den Borsigplatz." Er hatte seine Töchter an der Hand "Papa, dürfen wir auch mit auf den LKW?" Er grinste breit "Aber, klaro. Ihr müsst das ja schon mal üben." Die beiden hüpften sofort aufgeregt auf und ab. Am liebsten hätte ich mitgemacht, denn ich war auch schon total aufgeregt. Ich durfte ja schließlich auch mit dem Konvoi mitfahren. Das würde bestimmt ein total unvergessliches Erlebnis. Es fing schon alles in mir an zu kribbeln.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt