Kapitel 73

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Seit zwei Wochen wohnte ich jetzt schon wieder alleine in meiner Wohnung. Dank Nino war mir die Decke überhaupt nicht auf den Kopf gefallen. Der Kleine forderte mich entweder zum Spielen oder aber zum Kuscheln. Das mit dem Stubenreinwerden lief bis jetzt eigentlich ganz gut. Meine Beinmuskeln wurden zumindest durch das ständige Treppensteigen mit meiner Pelzkugel gut trainiert. Dogan und Lisa waren mir die ganze Zeit nicht über den Weg gelaufen. Selbst auf Arbeit hatte ich sie nirgends getroffen. Erst war es etwas ungewohnt. Aber gut, man gewöhnte sich ja aan alles. Der einzige dem das ganze scheinbar aufgefallen war, war Erik. Jedenfalls nahm ich das an, denn heute morgen hatte mich Kathi angerufen und zum Kaffee eingeladen. Also befand ich mich jetzt mit meinem Welpen auf dem Weg zu meiner Schwester. Ich war schon mächtig gespannt, wie Nino auf seine Schwester Emma reagierte. Und außerdem freute ich mich riesig mal wieder meinen kleinen Teddy zu sehen.
"Ach, da seid ihr beide ja." Erik umarmte mich zur Begrüßung als auch schon Sascha hinter ihm auftauchte.
"Hallo Tante Vicki." Mein Neffe umschlang meine Taille und kuschelte sich an mich. Ich beugte mich zu ihm runter und drückte ihm einen Kuss auf sein Haar. "Ist das Emmas Bruder?" Sein Blick fiel zu Nino, der neben mir stand. Sofort kniete der Kleine sich zu meinem Welpen und streichelte ihn ganz vorsichtig. "Der sieht auch genauso aus wie Emma. Komm Nino, wir gehen in den Garten spielen." Und schon war ich abgemeldet. Weder mein Hund noch mein Neffe schauten sich noch einmal nach mir um.
"Hallo Schwester. Komm setz dich." Kathi hatte auf der Terrasse schon den Kaffeetisch gedeckt. Mein Blick fiel auf die lecker aussehenden Schokomuffins und ich merkte wie sich ein kleiner Kloß in meinem Hals bildete. Diese blöden Muffins erinnerten mich an etwas, was ich gerade so schön verdrängte. Wenn sie jetzt noch irgendwo Cookies auftischten, würde ich zu schreien anfangen.
"Sag' mal, was ist denn da auf der Hochzeit passiert? Lexi hat nur erzählt, dass du abgehauen bist." Kathi musterte mich als wollte sie mir in mein Gehirn schauen. Diesen Röntgenblick hatte ich schon immer an ihr gehasst. Immer hatte sie mich damit dazu gebracht ihr alles zu erzählen. Das würde aber diesmal nicht klappen. Ich würde einfach schweigen und das Thema wechseln "Was sagst du denn dazu, dass Lexi mit Helin zusammen ist?" Von mir ablenken war mit Sicherheit eine gute Taktik. "Die beiden sind echt süß zusammen.", grinste meine Schwester. "Ich verstehe gar nicht was Dogan gegen die beiden hat. Was ist denn da auf der Hochzeit wirklich abgegangen?" Na toll, dann waren wir ja schon wieder bei dem Thema. Mein Blick fiel zu Sascha, der zusammen mit Erik mit den beiden Hunden herumtollte.
"Na Dogan hat sich voll aufgeregt...." plötzlich sprudelten die ganzen Erlebnisse aus mir heraus "Und dann wollte er mich aus der Wohnung schmeißen." Kam ich zum Ende.
"Hat der einen Knall? Das ist deine Wohnung und nicht seine. Außerdem übertreibt er ja mal maßlos.", regte sich Kathi auf. Ihre Stimme war so laut geworden, dass Erik sofort angelaufen kam "Engelchen, du sollst dich nicht so aufregen. Was ist denn überhaupt los?" Ich erhielt einen warnenden Blick. Wahrscheinlich dachte er, dass wir uns stritten.
"Dogan und deine Schwester sind völlig durchgebimst." Erik nickte nur mit dem Kopf und sagte gar nichts. Sein Blick sagte mir aber, dass er mich dazu garantiert noch ausfragen würde. Plötzlich schaute er auf seine Uhr "Engelchen, wir müssen los zum Arzt." Meine Schwester schaute auch auf ihre Uhr und sprang auf. "Mist, wir müssen wirklich los." Während die beiden losstürzten, drehte sich Kathi noch einmal kurz um "Lieb, dass du auf Sascha und Emma aufpasst. Dafür darfst du nächstes Mal auch mitkommen und erfährst als erste, was es wird." Klasse, dass ich auch gefragt wurde, ob ich Zeit hatte. Aber bei dem Versprechen hätte ich auch Zeit gehabt, wenn ich keine Zeit gehabt hätte. Und ehrlich gesagt freute ich mich riesig Sascha mal wieder ganz für mich zu haben. Obwohl, ich war mir da nicht ganz so sicher, ob ich gegen die zwei Vierpfötler ankam.
"Sascha, komm wir gehen mit den beiden ein bisschen raus in den Park." Sofort kam mein Neffe grinsend angerannt und die beiden Pelztiere folgten ihm. "Bekomme ich dann auch ein Eis." So ein kleiner Verbrecher.
"Na, klar. Was macht eigentlich die Schule?" Große Teddyaugen schauten mich stolz an "Ich kann schon die erste Seite in unserer Fibel lesen. Und gucke mal, was ich schon in Englisch kann. My name is Sascha." Ich wuschelte ihm durch die Haare "Da ist ja richtig super. Da hast du dir das Eis aber sowas von verdient." Mein Blick fiel auf die Straße vor uns, wo uns ein älterer Herr mit einem Dackel entgegen kam. Ich wurde etwas nervös, da ich nicht wusste, wie Emma auf fremde Hunde reagierte. Nino wollte ja immer alle beschnüffeln und mit ihnen spielen.
"Schau mal, da kommt ein anderer Hund. Ich nehme Emmas Leine so lange bis wir an dem vorbei sind, okay." Mein Teddy nickte nur und gab mir bereitwillig die Leine.
"Sind das Rüden?" Der ältere Herr schaute uns fragend an, während sein Dackel wütend in die Richtung der beiden Welpen kläffte und knurrte. Das war ja mal ein richtig netter Kerl.
"Nein, das sind Goldies.", antwortete Sascha sofort strahlend. Der ältere Herr lief kopfschüttelnd ein Stück weiter, ehe er am nächsten Baum mit seinem Kläffer stehen blieb.
"Sascha, der wollte nicht wissen, was das für eine Rasse ist.", versuchte ich meinem Neffen die Frage zu erklären. "Der wollte wissen, ob das Rüden sind. So nennt man nämlich die männlichen Hunde." Teddy nickte verstehend und drehte sich in die Richtung um, wo der ältere Herr stand und sein Hund immer noch Alarm schlug. "Das ist ein Rüde und eine Rüdin.", rief er dem Herrn jetzt stolz zu. Wieder schüttelte dieser Kerl nur mit dem Kopf.
"Was war denn nun schon wieder falsch?" Teddy schaute mich resigniert an.
"Naja, man sagt nur zu den männlichen Hunden Rüde. Die Mädchen heißen einfach Hündin.", erklärte ich ihm also.
"Das ist ja mal voll unlogisch. Das verstehe ich nicht. Kannst du mir das erklären?" Der Zwerg schaute mich hoffnungsvoll an. Wenn ich ehrlich war, hatte er da vollkommen recht. Warum gab es für die Kerle da eine extra Wurst? Egal, das würde ich jetzt mit Sicherheit nicht erklären können. Wie gut, dass wir gerade vor dem Eisladen ankamen. Das war meine Rettung.
"Was magst du denn für ein Eis?" Sascha schaute den Tresen entlang. "Vanille. Das darf Emma dann auch schlecken. Weißt du Schokolade ist nämlich giftig für Hunde." Ich musste grinsen. Sascha war so fürsorglich mit seinem Hund. Garantiert würde er auch der beste große Bruder, den man sich wünschen konnte.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt