Kapitel 55

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Gerade als ich die Autotür öffnen wollte, wurde sie schon aufgerissen
"Warte, ich helfe dir schon." MEINE PLAGE griff nach meinem Arm und stützte mich. Man, ich war doch nicht scheintot. Der sollte mit dem Mist aufhören. Ich verauchte also den lästigen Arm abzuschütteln. Alles was ich erreichte, war ein noch festerer Griff.
"So, und du wohnst hier also im Dachgeschoss zusammen mit diesem komischen Krümelmonster." Das war der Beweis, dass mein Kopf wirklich gelitten hatte, sonst hätte ich das niemals freiwillig erzählt.
"Dann werde ich dich mal zu deinem Freund bringen." MP stiefelte mit mir im Schlepptau los, als sein Handy klingelte.
"Ja, ich komme etwas später, hatte einen Notfall.", meldete er sich sofort und beendete das Gespräch auch gleich wieder.
"Du bist verabredet?" Mehr als ein Kopfnicken bekam ich nicht als Antwort.
"Ich schaffe das schon alleine bis nach oben. Also hoppi, lass' deine Braut nicht warten, wenn sich schon mal eine mit dir abgibt." Den letzten Satz konnte und wollte ich mir nicht verkneifen.
"Spinnst du? Ich liefere dich oben bei dem Monster ab, schließlich habe ich dem Arzt im Krankenhaus versprochen, dass du nicht alleine bist, damit er dich überhaupt gehen lässt. Außerdem war das nur meine Mutter. Die wird schon überleben, wenn ich erst ein paar Stunden später auftauche. Nachher ist die Autobahn sowieso viel leerer."
"Das heißt, du willst heute noch nach Berlin fahren?" Naja, das machte ja schon irgendwie  Sinn, denn es war eines der letzten freien Wochenenden bevor wieder die Saison startete.
"Klar, was soll ich denn hier alleine. Meine Kumpels und Familie sind ja alle in Berlin." Den leichten Schatten, der sich auf sein Gesicht legte, hatte ich mir doch nur eingebildet.
"So, dann gib mir mal deine Schlüssel." Eine geöffnete Hand streckte sich mir entgegen. Ich musste ihn jetzt ganz schnell loswerden, bevor er mitbekam, dass ich ganz alleine zu Hause war. Dogan und Lisa würden schließlich erst am Sonntagabend wieder auftauchen. Der brachte es glatt fertig und karrte mich sonst wieder zurück ins Krankenhaus.
"Ich mache das schon selbst.", schnell schloss ich die Tür auf und schlüpfte hinein. "Du hast es doch auch eilig, also danke und Tschüss." Mein versuch die Tür zuzuschlagen wurde durch einen Fuss vereitelt, der zwischen Tür und Rahmen geschoben worden war.
"Stop, stop, mal nicht so schnell. Ich will dem Monster noch die Anweisungen vom Arzt einbläuen." Scheiße, wie kam ich denn jetzt da raus. Die Tür wurde wieder aufgeschoben und MEINE PLAGE drängelte sich an mir vorbei.  "Heh Krümelmonster, dein angedätschter Donut ist wieder zu Hause." Okay, jetzt war ich definitiv am Arsch. Ich blieb einfach im Flur stehen und wartete auf die Dinge, die jetzt kamen, während MP durch unsere Wohnung lief.
"Sag mal, willst du mich verarschen?" Ein Zettel wurde vor meiner Nase herumgewedelt.   Ich hoffe, die Muffins reichen bis Sonntag Abend, wenn ich wieder da bin, Dogan   stand darauf geschrieben. Das war ja lieb, von ihm, dass er extra für mich gebacken hatte, freute ich mich. Schade, dass mir so übel war, dass ich nicht wirklich etwas essen wollte
"Du bist doch hier ganz alleine zu Hause."  Mist, wie sollte ich mich denn da jetzt rausreden? Am besten ich sagte gar nichts.
"Hast du jetzt deine Zunge verschluckt?" MP schüttelte leicht genervt den Kopf und griff zu seinem Handy. Na, super. Bestimmt machte er schon einmal ein Bett im Krankenhaus für mich klar.
"Sorry, Mom. Ich komme doch nicht mehr. Mir ist ein verzogenes Kleinkind dazwischen gekommen, um das ich mich kümmern muss. Ich melde mich dann wieder." Was meinte er denn jetzt mit verzogenem Kleinkind? Ich schnaufte empört auf.
"Du meinst doch wohl nicht mich mit verzogenem Kleinkind.", empörte ich mich.
"Siehst du hier sonst noch wen?", wurde ich frech angegrinst "Willst du mir etwa sagen, dass es besonders erwachsen ist mit einer Gehirnerschüterung alleine bleiben zu wollen? Ganz abgesehen von deiner Prellung in der Schulter, die gekühlt werden muss, frage ich mich, wie du dich selber ohne deinen rechten Arm versorgen willst. Du hättest im Krankenhaus bleiben müssen. Was du im übrigen auch wärst, wenn du mich nicht angelogen hättest von wegen du bist versorgt." Naja gut, wenn man das so sah, dann hatte er vielleicht ganz minimal recht. Aber ich hasste Krankenhäuser, das sollte doch als Entschuldigung genügen.
"Ich schaffe das schon. Du kannst ruhig abhauen. Deine Mutter ist doch sonst enttäuscht." Bei dem Gedanken, wie eine ältere Frau verzweifelt auf ihren Sohn wartete, keimte ein ziemliches schlechtes Gewissen in mir auf.
"Nix, da. Für wie verantwortungslos hälst du mich eigentlich?" Trotz der empörten Stimme wurde ich sanft auf das Sofa im Wohnzimmer geschoben. "Ich habe dem Arzt versprochen, dass du versorgt bist. Also kümmere ich mich dann eben um dich. So, wo ist jetzt ein Eimer, falls du kotzen musst?" Ich zeigte Richtung Küche zum Haushaltsschrank und hörte kurz darauf ein kurzes Rumpeln und dann ein Fluchen. Ja, er war defintiv an dem richtigen Schrank. Seit Monaten schon drückten Dogan und ich mich darum das Ding aufzuräumen und jedesmal, wenn man etwas herausholte, flogen einem garantiert tausend andere Sachen um die Ohren.
"So, hier ist ein Eimer. Und jetzt lege dich hin und ruhe dich aus." Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er keinen Widerpruch duldete. Trotzdem wäre ich ja nicht ich, auch wenn ich angeschlagen war, wenn ich es nicht trotzdem versuchen würde.
"Aber deine Mutter freut sich doch schon auf dich.", versuchte ich es noch einmal. Kopfschüttelnd wurde ich angegrinst. Man, der nahm mich nicht wirklich ernst.
"Sie wird es schon verkraften." MEIN PFLEGER lehnte sich im Sessel zurück und zwinkerte mir zu "Jetzt schlaf aber ein bisschen und nachher mache ich uns etwas zu essen." Wieso hatte der eigentlich so eine fürsorgliche Ader auf einmal? Sonst war er doch immer nur großkotzig und selbstverliebt und trieb mich in den Wahnsinn. Ich blinzelte noch einmal und schielte zu ihm. Sein Blick war ganz gebannt auf mich gerichtet, als hätte er Angst etwas zu übersehen. Irgendwie sah er so aufmerksam richtig süß aus, besonders wenn sich diese kleinen Sorgenfalten auf seiner Stirn bildeten. Mannometer, ich war eindeutig zu heftig auf den Kopf gefallen, wenn ich schon solchen Mist dachte. Völlig geschafft schloss ich also meine Augen und glitt auch ganz schnell in das Land der Träume.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt