Kapitel 61

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"Die Lutscher vom BVB haben dieses Jahr überhaupt keine Chance. Die sind doch alle viel zu alt und überhaupt nicht fit." drang es aus einer Gruppe junger Männer an mein Ohr. Na der hatte ja mal so eine Ahnung von Fussball wie ich vom Ballett.
"Quatsch, deine Schlümpfe stampfen die selbst noch mit siebzig in den Boden.", kam es von einem anderen. Der war ja wenigstens etwas heller. Ich blieb also interessiert stehen und lauschte weiter dem Gespräch. Das war allemal interesssanter als die Gespräche der Frauen.
"Du hast doch keine Ahnung. Der Reus wartet doch nur noch auf die Rente. Um den tanzen die anderen doch Pas de deux. Und was wollen die mit dieser Niete von Philipp " Na, ich glaubte ja wohl es ging los.
"Pass' mal auf , der einzige der hier keine Ahnung hat, bist ja wohl du.", ich stellte mich neben den Kerl, der plötzlich verstummte und mich schockiert anguckten. "Was denn? Hat es dir jetzt die Sprache verschlagen? Vielleicht hast du ja Ahnung vom Pas de deux, aber defintiv nicht vom Fussball. Marco läuft immer noch flinker über den Platz als die ganzen jungen und ist gleich hinter Milli der schnellste Spieler der Bundesliga." Schließlich wusste ich wovon ich sprach. Oft genug stoppte ich ihre Zeit.
"Das muss ich mir ja wohl nicht von einer Frau sagen lassen.", kam die angepisste Antwort und der Typ  musterte mich von oben bis unten. "Als ob eine Frau da überhaupt mitreden kann. Gehe mal lieber wieder zu den anderen Weibern und unterhalte dich über Frauenthemen wie Mode." Ich schnappte empört nach Luft. So etwas hatte sich ja noch nie jemamd gewagt zu mir zu sagen. Was war das denn für ein Chauvi?
"Wieso, sie hat doch recht. Nur weil du die Schalkebrille aufhast, musst du ja nicht gleich so unverschämt werden. Hallo, ich bin Murat. Und der Depp da ist Ferhan" Mir wurde freundlich lächelnd eine Hand hingestreckt. "Ich bin Vicki.", stellte ich mich also auch vor.
"Wie kommt es, dass du so fussballinteressiert bist?" Murat lächelte mich freundlich an.
"Naja, ich bin der Athletikcoach beim BVB und wenn jemand schlecht über meine Jungs spricht, muss ich halt eingreifen.", grinste ich. Die Runde fing an zu lachen, nur dieser Ferhan sah ziemlich grummelig aus.
"Wessen wunderhübsche Begleitung bist du denn? Ich bin übrigens Tuncay", lächelte mich der nächste charmant an und hauchte  mir einen Kuss auf den Handrücken.  "Ähm, ich bin mit Dogan hier."
"Mit welchem? Davon laufen hier mindestens drei Stück herum. Aber wie kann der Kerl dich hier nur so vernachlässigen. Das ist ja unentschuldbar. So eine hübsche Dame lässt man nicht alleine." Okay, dieser Tuncay war defintiv in Flirtlaune. Obwohl ich ihm recht geben musste. Ich fand das auch ziemlich blöd von Cookiemonster. Dann hätte er ja auch gleich alleine zu der Hochzeit gehen können und ich wäre jetzt bei meinem kuscheligen, pelzigen, weißen Baby. Ich schaute mir diesen Tuncay genauer an. Er sah wirklich gar nicht mal so übel aus. Seine dunklen Haare waren modisch gestylt und sein teuer aussehender Anzug saß perfekt und ließ einen gut trainierten Körpwr darunter vermuten. Er bildete mit seinem Aussehen und Auftreten den kompletten Kontrast zu diesem Ferhan, der aussah wie ein aufgepumpter Türsteher. Man hatte fast Angst, dass seine Muskeln die Nähte seines Anzugs sprengten, wenn er sich bewegte.
"Man, ay Alter. Jetzt hör auf hier so ein Süßholz zu raspeln. Ich bleibe dabei, dass der Philipp eine totale Niete ist. Nicht umsonst haben sie ihn schon einmal in die Wüste geschickt." Dieser Ferhan schaute mich überheblich an. Das nervte mich ja langsam wirklich.
"Das hatte mit Sicherheit nicht den Grund, dass er eine Niete ist, sondern weil seine Position mit Reus halt besetzt war. Außerdem musste er ja auch noch Erfahrung sammeln und das hat er im Ausland genug. Eure Schlappschwänze von Schalke spielt er locker gegen die Wand. Und jetzt als Stürmer wette ich darauf, dass er diese Saison die Torjägerkanone holt." Ein Gejohle setzte ein, während ich diesen Idioten angriffslustig anfunkelte.
Der Typ lief jetzt langsam aber sicher rot an. Während alle anderen zu diskutieren anfingen. "Da bist du ja, Vicki." Plötzlich verstummten alle Gespräche als Dilan neben mir auftauchte  "Ich habe dich schon überall gesucht." Sie zog mich an meiner Hand mit sich mit. Was sollte das denn? Ich hatte mich gerade so gut unterhalten. Sie wollte mich doch hoffentlich nicht wieder zu den Weibern schleppen. Mein Inneres fing bei dem Gedanken schon an zu gähnen. Plötzlich blieb sie bei ihrer Mutter und ihrer Tante stehen und fing an mein Tuch von der Tasche zu knoten. Was sollte das denn  jetzt? Ehe ich mich versah, wurde es mir um die Schulter gelegt und die beiden älteren Frauen stopften es irgendwie in meinem Kleid fest. Die hatten doch wohl einen Knall. Ich war doch kein Baby mehr, das man anziehen musste. Gerade als ich mich beschweren wollte, kam Dogan an und wurde sofort auf türkisch zugetextet. Der laute Tonfall ließ mich vermuten, dass es keine freundliche Ansprache war. Der unglückliche Gesichtsausdruck von ihm bestätigte meine Vermutung.
"Ja, Ana. Ich kümmere mich darum." Dogan drehte sich zu mir "Dann bist du also der Dogan, der seine wunderschöne Freundin so beschämend vernachlässigt.", ertönte neben uns wieder die tiefe Stimme von Tuncay.  Während Dogans Mutter ihm etwas auf türkisch zuzischte, brummte Dogan nur "Tuncay, lasse das mal mein Problem sein." Irgendwie hatte ich gerade das Gefühl meinen besten Freund etwas in Schutz nehmen zu müssen "Das ist schon okay. Außerdem sind wir ja nur beste Freunde und ich bin ja auch durchaus in der Lage mich alleine zu unterhalten."
"Interessant, ihr seid also nur beste Freunde.", lächelte Tuncay.
"Wir wohnen zusammen.", knurrte Dogan. Also scheinbar mochten die beiden sich nicht sonderlich.
"Dann sollte ich dich wohl mal öfter besuchen kommen, Cousin." Ich spürte, wie Dogan sich anspannte und etwas auf türkisch von sich gab. So langsam reichte mir das. Immer, wenn es interessant wurde, sprachen die einfach türkisch und ich verstand mein Wort. Das es aber keine freundliche Unterhaltung war, wurde mir spätestens klar, als Dogan sich wieder meine Hand krallte und mit mir loszog wie ein wutschnaubendes Rhinozeros im Kampfmodus. Keine Minute später stand ich wieder bei den langweiligen Mädels und Dilan bekam noch eine türkische Ansage von ihrem Bruder, ehe er weiterstampfte und mich dort abparkte. Na klasse, so hatte ich mir den heutigen Abend ja mal nicht vorgestellt. Ich lauschte den langweiligen, einschläfernden Gesprächen bis ich das erste Mal gähnen musste. Wenn ich noch länger hier stehen würde, würde ich wahrscheinlich im Stehen einschlafen und einfach umkippen. Das es wohl nicht so gern gesehen war, wenn ich mich wieder zu den Männern stellen würde, war mir auch wenn ich kein Wort verstanden hatte, irgendwie anhand des ganzen Verhaltens klar geworden. Also blieb mir nur eins um durchzuhalten, ich würde jetzt auf die Toilette verschwinden und mir erst einmal etwas Wasser über die Handgelenke laufen lassen und dieses dämliche Tuch wieder abmachen. Vielleicht würde ich mich da auch einfach etwas einschließen und ein bisschen im Internet surfen. Ich schaute mich also suchend um, wo es zu den Toiletten ging. Der Beschilderung folgend, fand ich mich bald in einem langen gutbeleuchteten Gang wieder. Sofort genoß ich das Leiserwerden der vielen durcheinander plappernden Stimmen im Saal. Ich spürte, wie mein Handy vibrierte. Sofort zog ich es aus meiner Handtasche und entdeckte ein neues Foto von meinem süßen kleinen Wollknäul, das zusammen mit MISTER PFOTENVERSTEHER in die Kamera grinste. Das war so ein süßes Bild. Da bekam ich ja glatt Herzchenaugen.
"Was machst du denn hier? Und wieso strahlst du so dein Handy an?" Ich drehte mich erschrocken um als ich die Stimme hörte und mir mein Handy aus der Hand genommen wurde. Was machte der denn jetzt hier in diesem Hotelgang?

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt