Kapitel 100

568 63 12
                                    


Ich schaute auf meine Uhr. Es war gerade kurz nach 15 Uhr. Meine Finger trommelten auf dem Sofa. "Menschenskinder, was bist du denn heute so hibbelig?" MP schaue mich an und zog eine Augenbraue hoch, während er meine trommelnden Finger festhielt. Warum ich so hibbelig war? Das war doch wohl klar. Ich würde mich in nicht einmal mehr zwei Stunden zu einer Aussprache mit Dogan treffen. Okay, das wusste MP ja noch gar nicht. "Ich treffe mich um 17 Uhr mit Dogan zu einer Aussprache.", weihte ich ihn also ein. Ich hatte noch überhaupt keinen Plan, wie das laufen würde. Mir war nur eins klar, ich wollte keinen weiteren Zoff. Wir mussten das klären, denn so ging das nicht weiter.
Warum schaute mich MP denn so grummelig an? "Muss das denn sein?"
"Ja, schließlich sind wir bald eine Familie und da können wir ja wohl nicht bei jeder Feier uns wie zwei Pittbull gegenüberstehen." Das war doch wohl eine logische Sache.
"Aber..." ich unterbrach ihn sofort. "Nichts aber." Ich brauchte jetzt nicht noch jemanden, der mich versuchte vom Gegenteil zu überzeugen. Ich hatte schon alleine genug Schiss und Gründe, warum ich mich lieber drücken wollte. Ich musste da jetzt durch. Ein wenig unterstützender Zuspruch wäre da hilfreicher.
"Man, ich will aber nicht, dass du dich mit dem Mistkerl triffst. Der hat dich so beschimpft. Denk mal dran, wie fertig du warst." MP versuchte es mit schmollen. Klar, hatte er Recht, dass ich nach dem Streit ziemlich fertig war, trotzdem konnte ich mich ja nicht ewig darum drücken ein klärendes Gespräch zu führen. Wir waren ja keine kleinen Kinder mehr. Obwohl, dann hätten wir das einfach vergessen und am nächsten Tag wieder mieinander gespielt. Manchmal wäre das Leben doch viel leichter, wenn wir es mit Kinderaugen sehen würden. Vielleicht hatte Grönemeyer miit seinem Kinder an die Macht doch recht. Aber das nütze mir im Moment auch nichts. Ich beugte mich zu Meiner Pappnase und legte meinen Arm um seine Schulter "Es wird sicher keine Aussprache ohne Vorwürfe, aber ich werde deshalb nicht wieder so fertig sein. Es ist ja jetzt nicht mehr so überraschend und ich bin auf alles vorbereitet." Ich konnte ja wohl schlecht zugeben, dass ich es nicht war und mir ziemlich die Muffe ging. Aber Lisa und ich hatten es ja auch hinbekommen. Okay, wir waren auch beides Frauen.
"Ich traue dem Wichser nicht." schnaubte er verächtlich "Wo trefft ihr euch?" Was war das denn?
"Bei mir in der Wohnung. Und keine Angst Lisa ist auch dabei." MP sprang auf "Okay, dann lass' uns hochgehen."  Wie jetzt uns? Der wollte doch nicht mitkommen. Ich schaute ihn ungläubig an "Na, wenn Lisa dabei ist, bin ich auch dabei. Ich lasse dich doch da nicht alleine." Was? Auf keinen Fall. Da würde Cookiemonster ja sofort wieder in den Kampfmodus wechseln. Obwohl ich es schon süß fand, dass er mich unterstützen wollte.
"Lisa war ja auch in den Streit involviert.", gab ich zu bedenken.
"Ich auch. Schließlich habe ich daneben gestanden, als sie dich beschimpft haben." Das stimmte schon, aber nicht jeder Ohrenzeuge war auch am Streit beteiligt.
"Das war aber etwas ganz anderes. Es ist wirklich lieb, dass du mich unterstützen willst, aber ich muss das alleine klären." Man konnte ihm seine Unzufriedenheit ansehen, als er sich wieder auf das Sofa plumpsen ließ "Man ich will aber nicht, dass er dich wieder beschimpft" MP fuhr sich wild mit seinen Händen durch die Haare "Oder noch viel schlimmer dich wieder einlullt. Dann seid ihr wieder best friends und er zieht wieder bei dir ein." Jetzt ratterte es bei mir im Köpfchen. Das war also der wirkliche Grund. Mein Plumpsbär war eifersüchtig und hatte Verlustängste. Ich strich mit meiner Hand wieder sanft über seine Schulter "Keine Angst, Dogi und Lisa sind ein Paar und Lisa wird ihn nicht bei sich ausziehen lassen. Und auch wenn wir wieder best friends werden sollten, was ich nicht wirklich glaube, wirst du immer mein bestbestfriend mit einem dicken Plus sein." Ich zwinkerte ihm zu und beugte mich zu ihm, um meine Lippen auf seine zu drücken. Ich spürte wie er in den Kuss hineinlächelte, als sich auch schon seine Arme um mich schlangen.

Als es klingelte, atmete ich noch einmal tief durch und lief zur Tür.
"Hallo Süße.", begrüßte mich Lisa und lief mit einem Teller in der Hand an mir vorbei, während Dogan noch unschlüssig vor mir stand. Mist, wie sollte ich ihn denn jetzt begrüßen? Früher wäre das kein Problem gewesen, da hätten wir uns einfach umarmt. Scheinbar ging es ihm ähnlich, denn er knetete die ganze Zeit seine Finger. Ich entschied mich also spontan doch für eine Umarmung "Hey, komm rein." War meine Stimme schon immer so dünn? Wir folgten den Klappergeräuschen in die Küche, wo Lisa schon den Kaffeetisch deckte. "Schau mal, wir haben selbstgebackene Muffins mitgebracht." Ich schaute zu Dogan und musste grinsen. Auch in seinem Gesicht zeichnete sich ein Ansatz eines Grinsens ab. Wir setzten uns und griffen erst einmal jeder einen Muffin. Warum, ich genau den selben wie Dogan griff, war mir schleierhaft. Jedenfalls zogen wir beide unser Hände zurück als hätten wir eine giftige Qualle berührt. Sofort breitete sich eine unangenehme Stille aus. "Menno Kinners, ihr werdet euch doch wohl ohne Probleme einen Muffin nehmen können. Oder was?" Lisa schien etwas von unserem Verhalten genervt, denn sie legte jetzt einfach jedem von uns einen auf den Teller.  Nachdem ich den letzten Krümel meines Muffins inhaliert hatte - die Dinger waren aber auch unvergleichlich - fing ich an mit der Kuchengabel herumzuspielen. Scheiße, wie sollte ich das Gespräch denn nun beginnen? Warum konnte MP jetzt eigentlich nicht neben mir sitzen? Das hätte mir mit Sicherheit Kraft gegeben. Ach ja, weil ich Depp ihm verboten hatte mitzukommen. Ganz tolle Idee. Egal, ich musste es auch so schaffen.
"Manno, jetzt sitzt hier nicht wie zwei stumme Fische herum." Lisa schaute zwischen uns hin und her und schüttelte ihren Kopf. Irgendwie hatte sie ja recht. Dieses unangenehme Schweigen nervte total, aber ehrlich gesagt, wusste ich auch nicht, wie ich jetzt das Gespräch beginnen sollte. Es gab so vieles zu sagen und zu klären. Aber wie sollte ich anfangen? Ich schaute zu Dogan. So wie er schaute, wusste ich, dass er wahrscheinlich genauso grübellte wie ich.

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt