Kapitel 74

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Ich war gerade auf dem letzten Treppenpodest vor der Eingangstür angekommen. Hier setzte ich Nino immer ab, damit er nur ein paar Treppen laufen musste. Der Weg vom Dachgeschoss bis nach unten wäre für den kleinen Welpen einfach zu viel. Aber ein paar Stufen gingen schon, schließlich musste er es ja irgendwann lernen. Er hüpfte fröhlich hinunter, während seine Steuermarke und seine Tassomarke ein leichtes Klimpergeräusch machten. Gerade als wir die letzte Stufe erreicht hatten, ging neben uns die Tür auf und MP stand mit noch feuchten Haaren vor uns "Ach, was für ein Zufall, dass ich euch beide wieder treffe. Habt ihr Lust mich zum Bäcker zu begleiten?" Ich nickte "Klar, warum nicht." Die letzten paar Tage hatten wir MP schon immer morgens auf unserer Gassirunde zum Bäccker begleitet. Anschließend hatten wir dann noch meist bei ihm gefrühstückt, bevor wir zusammen zum Training gefahren waren. Das hatte sich halt so angeboten, dass wir eine Fahrgemeinschaft bildeten, da er sowieso meist mein Auto zugeparkt hatte und ich jetzt auch nicht wirklich unglücklich war das Spritgeld zu sparen.
"Manchmal frage ich mich, warum dieser dämliche Schäferhund immer aus dem Haus gerannt kommt, wenn ich mit Nino da lang laufe." Es war echt unglaublich. Dieses Mistvieh kam bei jeder Gassirunde sofort angerannt und kläffte meinen kleinen süßen Hund dermaßen zusammen, dass es ein Wunder war, dass der da überhaupt noch mit mir langlief. "Wie kiegt der überhaupt mit, dass wir das sind? Der macht doch nicht bei allen so einen Terz. Vielleicht liegt das ja an den Hundemarken, dass er uns immer hört." Ich rieb mir das Kinn. Das war eigentlich die einzige Möglichkeit, außer er hatte hellseherische Kräfte. Was ich nicht wirklich glaubte. "Vielleicht sollte ich die mit einem Gummi irgendwie zusammem binden, damit sie nicht so klimpern." Sofort bekam ich ein bestimmtes Kopfschütteln als Antwort "Das würde ich nicht machen. Stell dir mal vor, der löst sich oder reißt und der Kleine frisst es. Das ist viel zu gefährlich" Okay, das war ein Argument, aber vielleicht sollte ich mir eine andere Lösung einfallen lassen. Ich schaute auf meine Uhr und schreckte zusammen. Mal wieder war die Zeit total verflogen, während wir gequatscht und gefuttert hatten. "Das Frühstück war echt wieder lecker. Ich muss jetzt aber flott meine Sachen zusammenpacken und dann noch Nino wegbringen.", verabschiedet ich mich von MP, der mich mit großen Augen anschaute.
"Wie Nino wegbringen? Fahren wir heute nicht zusammen? Das ist doch aber für die Umwelt viel schonender." Ich musste grinsen. Genau, wenn wir mit seiner Benzinschleuder fuhren war das mit Sicherheit total umweltschonend. "Na morgen ist doch das Spiel und ich muss heute auch mit ins Mannschaftshotel. Also muss ich meine Sachen zusammenpacken und dann Nino zu meiner Schwester bringen." MP schaute mich verstehend an."Okay, das macht Sinn. Dann sollte ich wohl auch langsam meine Sachen packen." Er beugte sich zu Nino runter, der neben mir saß, und streichelte ihn ausgiebig am Kopf "Und du stellst keinen Unsinn an."

Ich hatte ganz in Ruhe die ganzen Hütchen für das Abschlusstraining aufgebaut und setzte mich jetzt noch kurz auf die Bank, um einen Blick in meine Liste zu werfen, als sich Erik neben mich setze "Kommst du am Sonntag auch zu dem ersten Fussballspiel von Sascha?" War das wirklich eine Frage? Ich würde für nichts und niemand das erste Fussballspiel von meinem Teddy verpassen. Kathi hatte mir vorhin davon erzählt und auch davon wie aufgeregt der Zwerg schon war.
"Sag' mal dreht Sascha auch schon wegen Sonntag so an der Uhr?" Marco gesellte sich zu uns "Die beiden Weiber haben mich die letzten Tage echt fertig gemacht. Kaum war ich zu Hause, musste ich mit ihnen Torschüsse üben." Auch wenn Marco gleichgültig und genervt tat, war ihm anzusehen wie stolz er auf seine Mädels war. Er hatte sich wohl ziemlich schnell mit dem Gedanken abgefunden, dass seine Fussballgene sich wohl mehr an seinen X-Chromosomen angelagert und die Y-Chromosomen gemieden hatten.
"Naja, Sascha ist schon ziemlich aufgeregt.", grinste Erik. "Aber ich habe ihm einfach gesagt, er soll so spielen wie der Papa immer, dann läuft das schon." Ja, gut, das wäre jetzt für die Mannschaft nicht von Nachteil. Erik war schließlich ein super Verteidiger mit Zug zum Tor. Hoffentlich hatte Marco das seinen Mädels nicht auch gesagt, sonst würde der Trainer ein Problem bekommen und ein Reusmädel auf die Bank setzen oder mit Doppelspitze spielen. Obwohl vielleicht wäre diese eher veraltete Aufstellung ja mal was ganz neues.
"Und wie sieht es bei Leo aus?" Ich schaute zu Roman, der sich auch zu uns gesellt hatte. "Naja, sie lässt sich noch nicht davon überzeugen, dass sie die zuhart geschossenen Bälle nicht halten muss." Er sah ziemlich verzweifelt aus. Ich fragte mich, ob er wirklich glaubte, dass die sechsjährigen Zwerge da eine Schuss wie Christiano Ronaldo drauf hatten. Außerdem war es klar, dass Leokardia versuchen würde jeden Ball zu halten. Wozu stand sie sonst im Tor? Ich schaute Roman an "Willst du damit sagen, dass du Bälle ins Tor lässt nur weil es wehtun könnte?" Sofort schüttelte er empört seinen Kopf "Natürlich nicht. Aber bei Leo ist das doch etwas ganz anderes."
"Warum?" Das interessierte mich jetzt wirklich. "Weil sie ein Mädchen ist." Was war das denn für eine dämliche Antwort. Gerade als ich anfangen wollte zu diskutieren, mischte sich Erik ein "Und du kümmerst dich dann um Sascha nach dem Einlaufen?" Stimmt ja, da war ja was. Mein Neffe durfte morgen das erste Mal als Einlaufkind seinen Vater begleiten. Genau wie die Mädels.
"Klaro. Na Reus, da hast du ja Glück, dass du Kapitän bist und bei den Drillingen dann in Rente.", lachte ich. Der Kapitän war ja der einzige, der immer zwei Kinder an der Hand hatte. Es wäre gar nicnt auszudenken gewesen, was sonst für ein Troubel abgebrannt wäre. Die anderen lachten auch, weil sie scheinbar ein Kopfkino hatten. Zwischenzeitlich hatten sich auch die restlichen Spieler eingefunden.
"Na dann los, meine Herren. Erst einmal ein paar Runden zum Warmwerden." Die ersten setzten sich bereits in Bewegung als MEIN PROBLEMFALL um die Ecke gefegt kam.
"Mensch Milli, ich dachte, du hättest es endlich gelernt deine Uhr zu lesen.", lachte Erik los.
"Genau, die letzte Zeit warst du immer Mister Pünktlich. Welche Tussi hat dich denn aufgehalten?", gackerte Marco. Ich musste grinsen, als ich sah, wir MISTER PEINLICH eine gesunde Gesichtsfarbe bekam. "Guckt euch mal an wie rot er wird. Da habe ich wohl einen Volltreffer gelandet." Marco klatschte sich mit den Händen auf die Schenkel. "Los, erzähl mal." Ich war mir ziemlich sicher, dass es da nicht viel zu erzählen gab und dass die Verspätung eher daran lag, dass ihn keine Tussi angetrieben hatte. Obwohl, ich sollte mich eigentlich über den Begriff Tussi aufregen, aber die anderen wussten ja auch nicht, dass unsere Fahrgemeinschaft an MPs Pünktlichkeit schuld war.
"Philipp, nachher 10 Strafrunden und wenn du weiter sabbelst für dich auch Reus.", brüllte ich ihnen hinterher. Marco hob sofort ergeben seine Hände und lief weiter, während MP sich kurz umdrehte und mir grinsend zuzwinkerte

Ein Schuss, ein Volltreffer    ✔Teil 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt