ALEC
"Freust du dich schon auf Kunst?"
fragte mich Lydia plötzlich. Ich war total abwesend gewesen, bis sie etwas gesagt hatte. "Nein... ich will einfach nur nach Hause." murmelte ich vor mich hin, während ich mir einen neue Zigarette anzündete. "Alec... was ist los! Das ist schon deine zweite!" sagte Lydia mehr als nur besorgt. "Nichts, alles bestens." blockte ich ab. "Lüg mich nicht an." entgegnete sie nur mit einem prüfenden Blick, doch sie ließ es gut sein.Als es klingelte ließ ich mich von der Mauer fallen und half ihr ebenfalls herunter. Ich warf den Rest meiner Zigarette auf den Boden und trat sie aus, danach gingen wir zusammen in das Gebäude. Im Kunstraum angekommen setzten wir uns auf unsere üblichen Plätze. Ich starrte einfach nur nach vorne auf die Tafel. Meine Gedanken konnte ich gerade einfach nicht ordnen. Ich bemerkte nur nebenbei, wie Lydia neben mir auf stand und nach vorne ging.
LYDIA
Irgendetwas stimmte nicht mit Alec, spätestens nach seiner zweiten Zigarette machte ich mir wirklich Gedanken. Wir waren die ersten im Raum abgesehen von der Lehrerin. Als wir uns setzten starrte Alec einfach nur ins Nichts, als wäre er gar nicht anwesend. Normalerweise hätte ich nicht so extrem reagiert, doch ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen. Er war schon den ganzen Tag so komisch gewesen, doch jetzt war es schon fast beängstigend. Irgendwann konnte ich mir das nicht länger ansehen und stand auf. Er reagierte überhaupt nicht. Ich ging nervös nach vorne zu Mrs. Fray."Hallo Lydia, was kann ich für dich tun?" fragte sie freundlich. "I-Ich... also..." stotterte ich nervös. Sollte ich sie wirklich um Hilfe bitten? Sie war Vertrauenslehrerin, aber... war es wirklich richtig? Ich war mir nicht sicher. "Ist alles in Ordnung bei dir?" fragte sie besorgt und kam um das Pult herum. "Bei mir schon... aber... ich- ich mache mir Sorgen um Alec." sagte ich schließlich kaum hörbar. Sie wendete ihren Blick von mir ab und sah kurz zu Alec. Danach wirkte sie ebenfalls besorgt. "Ist dir irgendetwas untypisches an ihm aufgefallen?" fragte sie dann. "Also ich, er raucht, aber nur, wenn er Panikattacken hat. Heute hat er zwei Kippen geraucht, vor der Schule. Sowas würde er normalerweise nicht machen. Er ist die ganze Zeit so abwesend und wenn ich ihn frage was los ist, dann bekomme ich keine richtige Antwort. Ich mache mir einfach Sorgen." erklärte ich. "Meinst du nicht, dass das noch von letztem Jahr kommt?" fragte sie dann.
Letztes Jahr hatte Alec seine Mutter und seine Schwester verloren. Sie waren auf dem Weg nach Hause, als jemand seine Mutter erschossen hatte und das Auto dann eine Brücke hinunter gestürzt war. Seine Mutter war sofort tot gewesen, Alec hatte seine Schwester und sich aus dem Wagen befreit und sich mit ihr im Arm ans Ufer gekämpft. Sie ist im Krankenhaus an ihren Verletzungen gestorben. Alec hatte als einziger überlebt. Es hatte sich nachher herausgestellt, dass jemand seinem Vater schaden wollte. Robert ist Staatsanwalt. Sie hatten ein wirklich hartes Jahr hinter sich, doch ich hatte nicht das Gefühl, dass es das war, was Alec so fertig machte. "Nein... das ist was anderes." entgegnete ich nur. "Ok, danke dir. Ich werde nach der Stunde mal mit ihm reden." versicherte sie mir. Ich nickte kurz und ging dann wieder zurück zu Alec, der mittlerweile seinen Kopf auf dem Tisch abgelegt hatte. Kurz darauf kamen auch schon die anderen Schüler und der Raum füllte sich.
Jace und seine Freunde kamen wieder zu uns rüber und setzten sich. "Na?" fragte er grinsend. Alec reagierte überhaupt nicht und ich schnaubte nur genervt. Warum konnte er Alec denn nicht mal in Ruhe lassen. Ich meine es gab so viele Tische, an denen die Cheerleader saßen oder anderen hübsche Mädchen und sie setzten sich an unseren Gruppentisch. Unglaublich!
Als die Lehrerin den Unterricht begann sahen alle nach vorne, abgesehen von Alec, er bewegte sich keinen Millimeter. "Also liebe Schüler, willkommen im neuen Jahr. Wir haben uns ja noch nicht gesehen. Mein Name ist Mrs. Fray. Kommen wir auch schon zu eurer ersten Aufgabe. Ich möchte, dass ihr euren Sitznachbarn, der euch gegenüber sitzt zeichnet und zwar in Verbindung mit einem ihm ähnlichen Tier oder Fabelwesen. Alles ist erlaubt. Viel Erfolg." sagte sie und setzte sich wieder hinter ihr Pult. Na toll, mir gegenüber saß Raphael! Ich konnte ihn noch nie leiden! Aber Alec hatte es viel schlimmer getroffen, er saß gegenüber von Jace, der ihn verschmitzt angrinste. Alec sah ihn nur ausdruckslos an und begann damit auf seinem leeren Blatt vor sich zu arbeiten.
ALEC
Jace saß mir gegenüber, ganz toll! Irgendwie schien mein Leben mich wirklich zu hassen, zumindest heute. Oder generell. Ich ließ mich von Jace's Blicken nicht ablenken und konzentrierte mich vollkommen auf das vor mir liegende Blatt. Wenn ich zeichnete konnte ich alles vergessen, ich war frei. Die meisten machten vorher ein Konzept, doch ich fing einfach an und am Ende kam meistens etwas Gutes heraus. Naja. Während ich vor mich hin kritzelte versank ich wieder in meinen Gedanken. War es normal, dass ich einfach zum nächsten Unterricht gegangen war? Wie reagierte man denn, wenn einem
sowas passierte? Hätte ich mit jemandem darüber reden sollen? Nein, besser nicht."Na?" sagte plötzlich eine Stimme ganz dicht neben meinem Ohr. Ich zuckte heftig zusammen und ließ vor Schreck meinen Stift fallen. Es war Jace, der sich direkt neben mich gesetzt hatte. Er hob meinen Stift wieder auf und legte ihn vor mir auf dem Tisch ab. "Hast du gerade etwa von mir geträumt?" fragte er mit einem frechen grinsen. "Ja, ich würde sagen, er hat von dir geträumt." mischte sich Raphael jetzt lachend ein. Ich sah ihn nur verwirrt an. Als ich mich dann wieder zu Jace drehte war sein Gesicht direkt vor meinem. Ich zuckte erneut zusammen und rutschte ein Stück von ihm weg, in Richtung Lydia. "Jungs! Lasst ihn doch einfach in Ruhe." keifte sie die beiden an, doch die lachten nur.
Jace schnappte sich meinen Stuhl und zog mich wieder zu sich. "Ich brauche nur seine Augen." sagte er in Lydias Richtung, die nur verächtlich schnaubte. "Dann warn ihn doch das nächste mal vor!" keifte sie noch, ehe sie sich wieder ihrer Zeichnung widmete.
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Call it hell
FanficKann man in einem Leben voller Dunkelheit überhaupt noch das Licht sehen? Kann eine Person dafür sorgen, dass man wieder lacht, wieder weint, wieder lebt?