JACE
Ich konnte es einfach nicht lassen. Ich hatte die ganze Zeit zu Alec herüber gesehen. Er sah niedlich aus, wenn er sich so konzentrierte, aber er schien sich nicht auf das Bild zu konzentrieren. Worüber er wohl nachdachte? Ich sah zu Raphael, der mich verschwörerisch angrinste. Unauffällig schnappte ich mir meinen Stuhl und meine Sachen und setzte mich direkt neben Alec, doch er hatte mich immer noch nicht bemerkt. Ich lehnte mich ein Stück nach vorne. "Na?" sagte ich ganz dicht neben seinem Ohr. Ich konnte hören, wie er scharf die Luft einsog und heftig zusammen zuckte. Er hatte sogar vor Schreck seinen Stift fallen gelassen. Süß.Als er gerade durch Raphael's Worte abgelenkt war kam ich noch ein Stück näher. Sobald er sich wieder zu mir drehte zuckte er erneut zusammen und rutschte ein ordentliches Stück von mir weg. Ohne zu zögern zog ich ihn an seinem Stuhl wieder zurück zu mir. Er sah mich ängstlich an und rutschte so weit es ging nach hinten. "Ich brauche nur deine Augen, keine Panik. Ich werde schon nicht direkt über dich herfallen." witzelte ich, doch sofort veränderte sich irgendetwas in seinen Augen. Sie leuchteten nicht mehr so stark, wie sonst. "War nur ein Witz." fügte ich noch hinzu, doch das leuchten kam nicht zurück.
Während ich damit begann seine Augen zu zeichnen merkte ich erst, wie angespannt er war, seine Hände zitterten unkontrolliert. "Seit wann rauchst du eigentlich?" fragte ich dann, um die Stimmung zu lockern. Er zuckte nur unsicher mit den Schultern. "Ach so lange also schon" witzelte ich. Alec musste grinsen, was seine Augen wieder zu leuchten brachte. Doch sein grinsen erlosch viel zu schnell wieder. Leicht enttäuscht zeichnete ich weiter.
"Du brauchst übrigens keine Angst vor mir zu haben." sagte ich nach einer Weile. "Ich weiß nicht, was du meinst." antwortete er dann leise. Seine Stimme war wirklich schön, ich hatte ihn tatsächlich noch nicht ein Mal reden hören in den Paar Monaten, in denen ich hier war. Warum ich ihn dauernd ärgerte? Er war wunderschön, hatte einen tollen Charakter, aber er hatte nun mal nur eine Freundin an dieser Schule. Der Rest schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. Dabei hätte er eigentlich im Fokus aller stehen müssen. Warum war das nicht so? Ich mochte schöne Dinge, aber vor allem, wenn sie mir gehörten. Er war mehr, als nur eines meiner Spielzeuge.
Wieder im der Realität angekommen schnappte ich mir einen seiner Hände. Sie war eiskalt und zitterte. Als ich sein Handgelenk berührte zuckte er kurz zusammen. Ich sah ihn verwirrt an, doch als ich mir sein Handgelenk genauer ansah, bemerkte ich einen violett verfärbten Bluterguss. Er versuchte sich aus meinem Griff zu lösen, doch ich war stärker. „Was ist passiert?" fragte ich, als ich mir sein Handgelenk genauer ansah. Es sah so aus, als hätte ihn jemand ziemlich stark festgehalten. „Nichts." entgegnete er nur monoton. Während ich noch überrascht von seinem Stimmungswechsel war, löste er sein Handgelenk und drehte sich zurück zu seinem Bild. Das war ziemlich merkwürdig. Wer reagierte denn so?
MRS.FRAY
Lydias Anmerkung hatte mich zum Nachdenken gebracht, Alec war gerade wirklich merkwürdig. Ob er wohl Stress zuhause hatte? Nein, sein Vater war eigentlich total freundlich und ausgeglichen, aber mann konnte sich ja nie sicher sein. Aber eins war klar, es sah nicht nach einem normalen schlechten Tag aus. Irgendetwas stimmte nicht.Ich beobachtete ihn die ganze Stunde über und was ich sah beunruhigte mich noch mehr. Er hatte Jace neben sich gar nicht wahr genommen und als er ihn bemerkt hatte war er sofort zurückgewichen. Das nächste, was mir auffiel war der Bluterguss, den Jace genauer betrachtete. Sein Handgelenk sah wirklich übel aus. Wer hatte ihm das angetan? Ich musste unbedingt mit ihm reden.
Als es klingelte räumten die Schüler ihre Materialien ein und gingen, naja zumindest die meisten. Ich hatte Jace noch gebeten draußen auf mich zu warten, ich wollte mit ihm reden. Vielleicht war ihm ja etwas an Alec aufgefallen.Gerade, als Alec gehen wollte hielt ich ihn auf. „Alec? Ich würde mich gerne kurz mit dir unterhalten." sagte ich und er blieb am Pult stehen. „Du wirkst irgendwie anders als sonst, ist irgendetwas passiert?" fragte ich vorsichtig nach. „Nein, alles bestens." entgegnete er schlicht. „Das glaube ich dir nicht. Ich habe den Bluterguss an deiner Hand gesehen... willst du mir nicht sagen, was passiert ist?" fragte ich weiter. Er wirkte verunsichert und seine Hände begannen zu Zittern. „Alec egal was ist, ich kann dir helfen." versuchte ich ihn zu beruhigen, doch es half nicht. Er war total verschlossen. „Alec? Hast du noch mehr Verletzungen?" fragte ich dann und ging etwas näher an ihn heran. Er sah mich nicht an. „Alec?" fragte ich erneut, doch er reagierte nicht. „Alec, ich werde jetzt nachsehen." sagte ich, bevor ich mir sein anderes Handgelenk ansah. Es sah auch nicht besser aus. Ich sollte ihn zu einem Arzt bringen. Gerade, als ich unter seinem Shirt nachsehen wollte reagierte er und hielt meine Hand fest. „Lassen sie mich einfach in Ruhe." sagte er leise. „Alec, lass mich dir helfen. Dir hat jemand weh getan und er hatte nicht das Recht dazu so mit dir umzugehen. Du hast noch an ganz anderen Stellen Blutergüsse, oder?" versuchte ich ihn zu beruhigen. „ Es ist alles bestens, Lassen sie mich in Ruhe." wehrte er mich wieder ab und ließ meine Hand los. Er schnappte sich seine Tasche und wollte gerade gehen, als ich noch etwas sagte. „Alec, wenn dein Vater dir weh tut, dann..." begann ich, doch er unterbrach mich. „Lassen sie meinen Vater in Ruhe!" keifte er nur und verließ den Raum.
ALEC
Die Lehrerin sollte mich einfach nur in Ruhe lassen und meinen Vater sollte sie da ganz raus lassen. Er konnte das jetzt nicht auch noch gebrauchen! Ich wollte nicht, dass er noch mehr litt. Er hatte es auch verdient glücklich zu sein. Als ich den Raum verließ stand dort Jace, er lehnte an der Wand und sah mich besorgt an. Ich funkelte ihn nur wütend an und verschwand dann. Mein Vater wartete bestimmt schon vor der Schule. Ich wollte nicht, dass er so lange warten musste. Auf dem Parkplatz sah ich ihn direkt, er lehnte an seinem Wagen und sah nervös auf seine Uhr. Als ich bei ihm ankam sah er mich erleichtert an. „Da bist du ja, ich dachte schon, dir wäre was passiert." sagte er erleichtert und zog mich in seine Arme. „Nein, alles bestens." entgegnete ich und wir stiegen ein. Mein Vater schien irgendwie nervös zu sein.„Was ist los?" fragte ich, während er fuhr. „Also... i-Ich habe da jemanden kennengelernt...und ich hab sie gebeten das Wochenende mit uns zu verbringen." erklärte er nervös. Wow, das ging echt schnell. Mom und meine Schwester waren erst knapp ein Jahr tot. Trotzdem hatte er es verdient wieder glücklich zu sein. „Alec, ich werde deine Mutter und Isabelle nie vergessen und Sarah und ihr Sohn können sie niemals ersetzten... aber ich, ich mag sie wirklich." sagte mein Vater dann. „Ich freue mich für dich, wirklich." versicherte ich ihm. Er wirkte sofort etwas entspannter.
„Wie war die Schule?" fragte er dann. „Nicht so gut, aber es ist eben Schule." antwortete ich mit zittriger Stimme. Sofort kamen mir die Bilder aus der Mittagspause zurück ins Gedächtnis. Das war das einzige, an das ich dachte. Mein Vater war Staatsanwalt, er hätte meinen Lehrer vermutlich dran bekommen, doch ich hatte Angst. Er war gerade soweit sich auf jemand neuen einzulassen, ich konnte ihn doch nicht auch noch mit meinen Problemen belasten. „Ach, heute kommt übrigens Cat, meine Kollegin zum Abendessen." fiel meinem Vater noch ein, als er in die Einfahrt unseres Hauses bog. „Ok." entgegnete ich nur und stieg aus.
Im Haus lief ich direkt in mein Zimmer, während mein Vater in seinem Büro verschwand. Ich setzte mich auf mein Bett und spielte nervös an dem Armband herum. Sollte ich meinem Vater davon erzählen? Es wäre vermutlich das Richtige...aber dann wüssten es alle und das wollte ich nicht. Bevor ich weiter darüber nachdachte stand ich auf und zog mich erstmal um.Ich entschied mich für eine schwarze Jogginghose und ein ebenfalls schwarzes Shirt. Als es unten klingelte schnappte ich mir noch eine viel zu große Jacke, damit niemand meine Handgelenke sah. Unten angekommen sah ich, wie mein Vater Cat begrüßte. „Hi, Alec. Wie gehts dir großer?" begrüßte sie mich. „Gut" entgegnete ich und erwiderte ihre Umarmung. Kaum eine Sekunde später unterhielt sie sich wieder mit meinem Vater. Die beiden vergaßen vollkommen die Zeit immer, wenn sie sich unterhielten. Typisch! Ich ging also in die Küche und kümmerte mich um den Rest des Essens. Knapp eine halbe Stunde später war alles fertig und ich brachte ihnen die vollen Teller. „Danke, Alec." bedankte sich mein Vater bei mir und drückte mich kurz. „Ich gehe jetzt nach oben, ich fühle mich nicht so gut." entgegnete ich leise. Er sah mich besorgt an und nickte schließlich.
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Call it hell
FanfictionKann man in einem Leben voller Dunkelheit überhaupt noch das Licht sehen? Kann eine Person dafür sorgen, dass man wieder lacht, wieder weint, wieder lebt?