ALEC
Ich war wie erstarrt, als ich auf einmal am Geländer stand. Es war so hoch! Ich hatte das Gefühl, dass meine Sicht verschwamm und mir zunehmend schlecht wurde. "Alles ok?" fragte Jace mich nach einer Weile, es klang dumpf und leise, aber ich konnte es hören. Ich war nicht in der Lage ihm mit einem Zusammenhängenden Satz zu antworten geschweige denn mich zu bewegen. "I-Ich...hoch.." murmelte ich und schnappte nach Luft. Wie gebannt starrte ich in die Tiefe, ich hatte panische Angst, doch konnte ich meinen Blick einfach nicht lösen. "Alles gut, so schlimm ist es nicht." redete Jace auf mich ein und schob mich parallel wieder zurück an die Hauswand. "Dir kann überhaupt nichts passieren, runter fallen ist so gut wie unmöglich, außerdem stehe ich zwischen dir und dem Geländer." murmelte er beruhigend und strich mit über den Rücken. Ich krallte mich sofort mit meinen Fingern an der Hauswand fest und schloss für einen kurzen Augenblick meine Augen. Als ich sie wieder öffnete ging es mir tatsächlich besser. Ich bekam wieder richtig Luft und hatte mein Zittern wieder unter Kontrolle.Kurz darauf riss uns das Klingeln auf unserer Starre. "Das dürften Raphael und die anderen sein." merkte Jace grinsend an und schob mich in mein Zimmer und von dort aus raus auf den Flur. "Du musst irgendeinen Code eingeben, oder?" fragte er dann und ich nickte noch immer vollkommen neben der Spur. Gemeinsam liefen wir nach unten und direkt zur Haustüre. Ich gab meinen Code ein und öffnete dann die Haustüre. Von weitem konnte man drei Gestalten auf das Gebäude zulaufen sehen, weshalb ich mich zu Jace drehte und ihm sagte, dass ich jetzt weg sei. "Warte, warum bleibst du nicht bei uns?" wollte er wissen, doch ich lehnte ab. Ich wollte einfach nur in mein Zimmer und nichts tun. Bevor seine Freunde an der Haustüre ankamen war ich schon wieder die Treppe nach oben gelaufen und hatte mich in meinem Zimmer verkrochen.
Ich hatte einfach keine Nerven für ihre dummen Fragen, ich wusste genau, dass welche kommen würden. Ich öffnete die Balkontüre einen Spalt, um etwas frische Luft in mein Zimmer zu lassen, das würde mir bestimmt gut tun. Ich ging zu meinem Laptop und nahm ihn mit zu meinem Bett, erschöpft ließ ich mich samt dessen auf dem Bett nieder. Langsam fuhr ich ihn hoch und zog das Armband meines Lehrers ab. Ich steckte es mit dem Stick in den passenden USB- Anschluss und kopierte die Dateien auf meinen Laptop. Ich wollte mich einfach absichern, wer weiß zu was mein Lehrer im Stande war. Ich versteckte die kopierten Dateien so gut es ging in meinem Computer und versah sie mit einem Passwort, sodass sicher niemand da ran kam. Es war auch besser so, wenn niemand das ganze jemals zu sehen bekam. Danach sicherte ich die Dateien auf dem Stick und ging zu meinem Schreibtisch. Ich schnappte mir einen neuen Briefumschlag und steckte das Armband dort hinein. Ich beschriftete ihn und klebte eine Briefmarke drauf, danach steckte ich ihn in meine Hosentasche. Was ich vor hatte war für mich weitaus ungefährlicher, als für meinen Lehrer. Ich war auf allen Videos nur mit dem Rücken drauf, aber man konnte sein Gesicht sehen. Das einzige, was vermuten ließ, dass ich auf dem Video war, war das Tattoo auf meinem Rücken. Ich hatte mir nach dem Tod von meiner Mutter und meiner Schwester einen Drachen auf den Rücken tätowieren lassen, er schlängelte sich von meinem Hosenbund bis hoch in meinen Nacken. Irgendwann musste ich meinem Vater das wohl oder übel Beichten, aber nach dem was ich vor hatte würde das wohl nie passieren.
Ich zog mir meine Schuhe an und schnappte mir danach meine Jacke. Unsicher lief ich zu meinem Nachttisch und schnappte mir die Schlüssel für mein Motorrad. Mein Dad war nicht glücklich darüber, dass ich damit fuhr. Er machte sich immer Sorgen, dass ich einen Unfall baute. Es war eine moderne Sportmaschine und somit schneller als andere. Meine Mutter hatte sie mir damals geschenkt und ich konnte mich davon einfach nicht trennen. Ich holte noch schnell meinen Helm aus meinem Schrank und lief dann nach unten. Von drinnen hörte ich Jace und seine Freunde, die rum alberten und am Pool rumhingen. Ich grinste nur kurz und verschwand, die freuten sich wirklich wie kleine Kinder.
Ohne groß Lärm zu machen verließ ich das Haus und holte mein Motorrad aus der Garage. Ich stieg auf um setzte meinen Helm auf, danach startete ich den Motor und fuhr Richtung Straße. Ob ich mir absolut sicher war bei dem was ich tat? Nein! War es das richtige? Ja! Ich wollte gar nicht wissen wie viele Schüler er so behandelte. Ich wollte auch gar nicht wissen, wie viele noch dazu kommen würden, wenn ich es nicht tat. Kurze Zeit später stand ich vor dem Bürogebäude meines Vaters, aber ich wollte nicht zu ihm. Ich stellte das Motorrad ab und verstaute meinen Helm. Da ich nicht wollte, dass mich direkt jemand erkannte setzte ich meine Kapuze auf und lief in das Gebäude.
Da die Wachleute mich bereits kannten ließen sie mich ohne weitere Fragen durch. Ich stieg in den Fahrstuhl, fuhr allerdings in die dritte Etage. Dort befand sich Cat's Arbeitsplatz, es war ein relativ großes Büro mit vielen Schreibtischen. Ich schlängelte mich unauffällig und von den Kameras abgewendet durch die Gänge, bis ich zu ihrem Büro kam. Ich wusste, dass sie einen Termin mit dem Team meines Vater hatte also ging ich hinein und legte meinen Briefumschlag in ihr Postfach. Danach lief ich sofort wieder hinaus, mit gesenktem Kopf lief ich bis zu meinem Motorrad, wo ich kurz inne hielt.
Sie würden als erstes daran denken, dass der Umschlag mit der Post gekommen war, also sollte es eigentlich ungefährlich sein die Kapuze abzusetzen...was wäre, wenn mein Lehrer es leugnete und das Video als Fake bezeichnete? Ohne weiter nachzudenken drehte ich mich in Richtung der Außenkamera und zog meine Kapuze ab. Sicher ist sicher! Das wäre der letzte Beweis, neben meinem Computer und dem Tattoo. Zur Not würden sie sich die Überwachungsvideos ansehen. Es war dumm, aber ich musste andere davor schützen. Das war es wert!
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Call it hell
FanfictionKann man in einem Leben voller Dunkelheit überhaupt noch das Licht sehen? Kann eine Person dafür sorgen, dass man wieder lacht, wieder weint, wieder lebt?