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TW: explizite Homophobie

ᎷᏆΝᏀᏆ

Es waren nun schon vier Tage vergangen, seitdem ich Herrn Kim zufällig in seinem Haus gesehen hatte.

Seither ging mir das Bild nicht mehr aus dem Kopf, in welchem er halbnackt vor seinem Schrank stand und wohl nicht bemerkt hatte, dass die Jalousien nicht unten waren.

Sein zierlicher, nahezu femininer Körper hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt und spukte pausenlos vor meinem inneren Auge.

Es lenkte mich zu sehr von den Aktivitäten ab, die ich eigentlich in Angriff zu nehmen hatte.

Sei es Haushalt erledigen, Hausaufgaben machen, in der Schule aufpassen oder gar meinen Eltern nur zuhören.

Auch sie hatten bemerkt, dass ich in letzter Zeit abwesend war und waren nun spaßeshalber der Annahme, ich hätte ein Mädchen im Kopf.

Ich hatte dazu nichts gesagt, doch mich störte die Tatsache, dass sie dies dachten.
Ich wollte zum einen nicht, dass sie dachten, ich wäre an einem Mädchen interessiert, doch andererseits blieb mir kaum etwas Anderes übrig, wenn ich nicht wollte, dass sie von der ganzen Sache Wind bekamen.

Es war eine Sache, die ich mit mir selbst auszutragen hatte, da sollte mir niemand dazwischenfunken.

Ich musste ihn mir selbst aus dem Kopf schlagen, auch wenn ich meine Eltern und Freunde liebend gern um Hilfe und Rat bitten würde.

Ich hatte Herrn Kim gestern und heute nicht gesehen, da wir tatsächlich Vertretungsstunden hatten.
Doch spätestens morgen gäbe es kein Entkommen mehr, immerhin musste ich ihn eine Doppelstunde in Koreanisch ertragen und im Vertretungsplan standen bisher noch keine lebensrettenden Änderungen.

Zwar könnte sich das noch schnell ändern, aber ich bezweifelte trotzdem, dass dies passierte.

Soeben war ich auf dem Nachhauseweg und trat auch schon wenig später in das Haus ein, welches wir bewohnten.

Wir waren relativ wohlhabend, was wir zu schätzen wussten, denn meine Eltern erreichten dies auch nur durch harte Arbeit.

Meine Mutter war Ärztin.
Sie versuchte sich gerade an den Posten der Chefärztin ihrer Station heranzuarbeiten, und mein Vater war Anwalt einer kleinen, aber erfolgreichen Kanzlei.

Ihm wäre es lieb, wenn ich später mal die Kanzlei weiterführe, doch nur, wenn ich es mochte und es schulisch schaffte.
Sie wollten zwar das Beste für mich und hatten ihre Ansichten, was das sein könnte, wollten mich aber keinesfalls zu etwas zwingen, was ich nicht wollte. Immerhin war es mein Leben und das konnte und sollte nur ich selbst führen können.

Ich war froh, dass meine Eltern so dachten.
Leider war das, auch im einundzwanzigsten Jahrhundert, nichts Selbstverständliches.

Die Tür aufgeschlossen, trat ich in den Flur ein und stellte meinen Rucksack an den Schuhschrank.
Danach machte ich mich daran, mich meiner Ausgangsklamotten zu entledigen.

Im Wohnzimmer angekommen schmiss ich mich zuerst auf die Couch und legte mir gestresst die Hände auf das Gesicht.

Es war anstrengend, nicht an ihn zu denken, vor allem nach diesem Anblick am Freitag.

Warum musste ich auch unbedingt in diese Gegend laufen und stehen bleiben?
Dann hätte ich mir das alles ersparen können!

Nur hatte mich sein unbeabsichtigtes Auftreten mehr als normal gefesselt; mich in seinen Bann gezogen und letztendlich komplett aus der Bahn geworfen.

Wie konnte ich auch nicht an ihn denken?
An sein Lächeln, seine kleinen Hände, seine schönen Augen, seinen Eigengeruch...
Selbst, wenn es falsch war, konnte ich einfach nicht anders und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte es gut getan, es einfach zuzulassen und mich nicht dagegen zu wehren.

ᏴᎡᎬᎪᏦᎪᏴᏞᎬ ͲᎬᎪᏟᎻᎬᎡ •ᎷᏆΝᎫϴϴΝᏀ//ᏔϴϴՏᎪΝ• || ⏳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt