27 - Küsse

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Der Nachmittag mit Emilia war schnell vergangen und ich musste ehrlich zugeben, dass ich sie mochte. Mein erster Eindruck hatte mich echt getrübt und es tat mir beinahe schon leid, wie schlecht ich über sie gedacht hatte. Wir konnten alle Unannehmlichkeiten zwischen uns aus der Welt schaffen, wodurch wir gemerkt hatten, dass wir gar nicht allzu unterschiedlich waren. Wir konnten über das gleiche Lachen, hatten zig Gesprächsthemen und sogar unser Lieblingsessen war gleich.

Was mir an dem Ganzen jedoch am besten Gefallen hatte war die Tatsache, wie rücksichtslos Emilia Eliah ihre Meinung gegeigt hatte und wie sehr es Wirkung zeigte. Eliah hatte mich seit dem mehrmals von sich aus geküsst - einmal sogar vor Emilia - und versuchte untertags ab und an meine Hand zu nehmen oder mir durch die Haare zu streichen.
Das Outing vor ihr und ihre Reaktion hat ihm anscheinend gezeigt, dass es nicht falsch war was wir machen und er sich nicht für seine Gefühle schämen musste.

Auch, wenn es nicht viel war was wir machten. Wir küssten uns meistens nur jungfräulich, ohne Zunge, ohne groß Körperkontakt. So rumgemacht wie bei unserem ersten Kuss hatten wir kein einziges Mal mehr, aber ich beschwerte mich nicht, immerhin küsste er mich überhaupt.

»Die Tage möchte ich mal nach Hause schauen.« Wir saßen gerade in der Küche beim Abendessen, Eliah hat Pasta mit Käsesahnesoße zubereitet, und bis dato hatte eine angenehme Stille zwischen uns gelegen.
Eliahs Blick schoss von seinem Teller zu mir und überrumpelt ließ er die Gabel fallen, die laut scheppernd auf den Tellerrand fiel und dabei die Soße auf dem halben Tisch verteilte. »Was? Warum?«, kam es beinahe panisch von meinem Gefährten.

»Ich würde gerne meine Familie wieder sehen. Außerdem vermisst mein Wolf sein Rudel.« Das stimmte. Mein innerer Wolf haderte extrem zwischen dem Drang bei seinem Gefährten zu bleiben und dem Drang in den Schutz seines Rudels zurückzukehren.

»Du meinst eher, du willst Eren wieder sehen.«, zischte Eliah und erhob sich entrüstet vom Stuhl um nach einem Lappen zu greifen um die Soße vom Tisch zu putzen.
Bei den Gedanken Eren bald wieder zu sehen machte mein Herz einen Hüpfer. Wir waren wirklich schon viel zu lange getrennt und ich konnte es tatsächlich nicht mehr abwarten ihn zu sehen.

»Ich will ehrlich sein, ja. Aber auch meine Familie, also beruhig dich. Wir haben ausgemacht, dass du versuchst mit ihm klar zu kommen.« Seine Reaktion nervte mich schon wieder. Ich kam auch mit Emilia klar und die beiden hatten bei weitem eine intimere Vergangenheit als Eren und ich.

Eliah antwortete nichts, schnaubte nur verärgert und wischte mit einem Geschirrtuch den Tisch trocken.

Es wurde still zwischen uns. Doch diesmal war die angenehme Ruhe weit gefehlt. Eliahs grimmiger Blick und seine angespannte Körperhaltung zeigte mir, dass er kein bisschen damit einverstanden war, dass ich nach Hause ging, aber so sehr ich ihn glücklich sehen wollte, so sehr hatte ich den Drang mich zuhause wieder blicken zu lassen. Ich würde in diesem 'Streit' nicht nachgeben, weshalb ich auch nichts weiter sagte, sondern einfach weiter aß.

»Und wann willst du gehen?«, knurrte Eliah irgendwann, den Blick fest auf seinen Teller gerichtet. Wenn Blicke töten könnten wären seine Nudeln jetzt six feet under.
»Übermorgen.« Ich zuckte mit den Schultern und schob ihm meinen leeren Teller zu. »Ist noch was da?«

Sein Gesichtsausdruck blieb grimmig, doch seine Augen glitzerten überrascht. »Du hast noch hunger?« Ich nickte nur.
Tatsächlich hatte ich heute mehr hunger als sonst, was mich nicht beängstigte, sondern wirklich freute. Vielleicht würde es wieder etwas bergauf gehen mit mir.

Ein zartes Lächeln erschien auf Eliahs Lippen und es wirkte so als würde er sich etwas entspannen als er aufstand und mir noch eine Portion in meinen Teller füllte. Er freute sich jedesmal, wenn ich etwas mehr aß als sonst, was sehr selten vorkam.

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