15 - Alphagespräche

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Als ich wieder wach wurde, saß meine Schwester neben mir auf der Bettkante und tippte in ihrem Handy herum.
»Melinda.«, flüstere ich und musste wegen meinem kratzenden Hals husten.
»Hier trink was.« Melinda reichte mir ein Glas Wasser und nachdem ich einen Schluck davon genommen hatte, ließ ich mich wieder langsam ins Lacken fallen.
Lukas Duft umgab mich, aber das ließ mich kalt. Dieser Duft war für mich nicht mehr ansprechend.

»Wie geht es dir?«, fragte meine Schwester mit einem sehr besorgten Blick auf ihrem schönen Gesicht. Ich wollte sie nicht so sehen, deswegen log ich. »Gut. Schon viel besser nach diesem Schlaf.«
Naja, es war nur teilweise gelogen. Ich fühlte mich tatsächlich besser, aber ich hatte immer noch starke Schmerzen und wusste, dass das noch eine Weile so bleiben wird.

Ihr besorgter Blick wich von ihr und lächelnd legte sie sich neben mich ins Bett. »Kannst du mir sagen was passiert ist?«

»Nicht wirklich. Als ich herkam, war nichts mehr los und keiner war mehr zu sehen. Nur Lene war da, die mich zu dir hoch gebracht hat.«
Komisch, ich konnte die Anwesenheit und vor allem den Herzschlag der Person immer noch spüren.
»Hast du gesehen wer dieser Besucher ist?«, fragte ich und musste wieder etwas hüsteln.
»Nein. Lene hat auch nichts weiter gesagt. Aber ich kann ihn riechen und ich finde es nicht gerade ansprechend.«
»Den Duft?« »Ja, viel zu penetrant und nach Sandelholz. Das mag ich überhaupt nicht.«

Hm. Ich fand den Geruch sehr ansprechend. Dies teilte ich meiner Schwester auch mit. Überrascht richtete sie sich auf und sah mich an. »Dein ernst?«
Ich nickte. Gespielt angeekelt rutschte sie ein Stück weg und ich musste lachen.
»Du, kannst du vielleicht nach etwas zu essen schauen?«
Wieder sah sie mich überrascht an. »Du hast Hunger?« »Ja, irgendwie schon.«

»Ok. Bleib liegen ich bin gleich wieder da.« Sie verschwand aus dem Zimmer und ließ die Tür weit offen stehen.
Eine ganz feine Nuance des verführerischen Dufts stieg in meine Nase und ich konnte nicht anders als mich aufzusetzen. Dieser Duft.
Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, dass meine Augen wahrscheinlich gerade die Form von Herzchen angenommen haben.
Der Drang zu dieser Person zu gehen stieg wieder in mir auf und brachte mich dazu meine Beine unter der Bettdecke hinauszuschieben und auf den kühlen Boden zu stellen.

Wacklig hielt ich mich an allem fest, was mit Halt boten konnte und hangelte mich so bis zur Zimmertür und hinaus auf den Flur.
Mein Körper schmerzte, meine Gelenke ächzten, meine Kopfschmerzen pulsierten hart. Doch ich ignorierte all dies während ich mich ans Geländer klammerte und meinen Blick über das sich vor mir liegende Wohnzimmer schweifen zu lassen. Es war leer.

Meine Knie zitterten unter meinem Gewicht und drohten nachzugeben, doch ich krallte mich eisern am Geländer fest und näherte mich Schritt für Schritt der Treppe.
Ich konnte Stimmen von unten wahrnehmen und bemerkte schnell, dass es sich dabei um Melinda und Lene handelte. Sie waren wohl in der Küche und kümmerten sich gerade um mein Essen.

Etwa einen halben Meter vor der Treppe gaben meine Beine unter mir nach und klappte zusammen wie ein kaputter Klappstuhl. Ich stöhnte schmerzhaft auf und versuchte den Schmerz, der wie ein Blitz durch meinen Körper fuhr zu verdrängen.

Der verführerische Duft, der mir noch immer in der Nase hing hielt mich jedoch nicht davon ab am Boden weiter zur Treppe zu robben und dort auf dem Hintern die Treppenstufen hinunter zu rutschen wie damals als Kind. Langsam, wie ein gebrechlicher Rentner, bewegte ich mich langsam von Stufe zu Stufe und kam erstaunlich schnell und mit relativ wenigen Schmerzen voran.

Am Ende der Treppe auf der letzten Stufe war jedoch meine Kraft am Ende und ausgelaugt lehnte ich mich gegen das Geländer. Kurz bereute ich es überhaupt, das Bett verlassen zu haben.

Ich saß etwa vier Meter von Lukas Bürotür entfernt hinter welcher ich unseren Gast vermutete. Ich wollte zu ihm. Um jeden Preis.

Ich nahm noch einmal all meine Kraft zusammen, biss mir auf die Unterlippe um die Schmerzen zu vertreiben und begann mich auf allen Vieren über den Boden hinweg auf die Tür zuzubewegen. Langsam kam ich voran und wurde, je näher ich kam, immer mehr von diesem zauberhaften Duft umhüllt. Auch dieser starke Herzschlag wurde stärker und lauter und ich wusste, dass ich richtig war.
Ich seufzte leise auf. Und was nun? Die Tür öffnen wollte ich nicht, da würde ich nur Anschiss bekommen, weil ich mich aus dem Bett hinausbewegt hatte. Außerdem wusste ich noch immer nicht wer der Gast war und ich wollte ihm oder ihnen nicht in meinem jetzigen Zustand gegenüberstehen.

Deswegen lehnte ich mich kurzentschlossen direkt neben der Tür gegen die Wand und begann zu lauschen.

Ich konnte nicht ganz Anschluss an ihr Gespräch finden was nicht weiter schlimm war, denn allein diese dunkle, raue Stimme zu hören, erfüllte mein Herz mit Glück. Gerne würde ich die Person endlich sehen. Ich konnte auch nicht genau auf den Inhalt seiner Worte lauschen, denn seine Stimme lenkte mich zu sehr davon ab.
Es war einige Augenblicke still und ich dachte schon, sie hätten ihr Gespräch beendet, da fing Lukas wieder an zu sprechen.

»Nachdem wir jetzt alles besprochen haben, sollten wir noch einmal auf Finn zurückkommen.«

Auf mich? Wieso hatten sie über mich gesprochen?

»Schlussendlich ist es immer noch seine Entscheidung und ich kann nichts tun als ihn, für was auch immer er sich entscheidet, zu unterstützen.« Lukas klang ernst und sehr gefasst.

Was war meine Entscheidung? Wieso sprachen sie überhaupt über mich? Was ging ich schon ein fremdes Rudel an?

»Da stimme ich dir voll und ganz zu. Ich werde mich vor erst sowieso zurückziehen, da das auch für mich neu ist.« Diese Stimme verpasste mir erneut eine Gänsehaut. Aber zurückziehen? Zurückziehen vor was? Vor mir?

»Selbstverständlich. Finn wird wohl auch weiterhin die Zeit hier bei mir verbringen, das bedeutet, dass du weißt wo du ihn findest. Ich werde meinen Jungs Bescheid geben, dass du, aber nur du, freien Zutritt in mein Revier sowie in mein Haus hast. Aber wie gesagt, nur du. Sollten sich jemand aus deinem Rudel unautorisiert in unser Revier begeben, werden wir nicht zöge–«

»Schon gut, Lukas. Das hast du mir schon mehrmals gesagt. Ich habe es verstanden und wir werden uns daran halten.« Die fremde Stimme klang genervt und gelangweilt.

Es wurde wieder still. »Nochmal zum mitschreiben. Er war ein Beta und ist nun ein Omega?«

Lukas nickte wohl, denn der Fremde sprach weiter. »So etwas habe ich noch nie gehört. Wie geht es ihm damit?«

Ich konnte Lukas schwer seufzen hören. »Er sagt, dass er sich damit arrangiert hat und es ok ist, aber so ganz glaubt ihm das keiner. Man merkt, dass er leidet und wie unglücklich er mit der Situation ist.«

Keiner sagte mehr etwas. Und es hörte sich so an als würden sie aufstehen.

»Eine letzte Bitte habe ich noch.« Da war sie wieder diese wunderschöne Stimme.
»Ich möchte nicht, dass sich dieser Eren auch nur im gleichen Raum aufhält wie er.« Er duldete keine Widerworte, das konnte man aus seiner Stimme hören.

»Das wird nicht möglich sein. Die beiden haben seit klein auf eine sehr starke Bindung zu einander und seit das mit Finn begonnen hat ist ihre Freundschaft noch enger geworden. Es würde Finn nicht gut tun, sie zu trennen. Mal abgesehen davon, dass Eren das nicht akzeptieren wird.« Lukas versuchte den Fremden zu beschwichtigen, aber dem verärgerten Knurren nach zu urteilen, zeigten Lukas Worte keine Wirkung.

»Eliah. Vertrau mir. Die beiden sind nur Freunde und Eren kümmert sich wirklich gut um Finn.«

Eliah.

Degradierung - vom Beta zum Omega ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt