72 - Termin

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Die nächsten drei Tage vergingen wie im Flug.
Eliah verbrachte viel Zeit mit mir, ließ die Rudelangelegenheiten größtenteils von Jim regeln, was auf großen Widerstand bei Eliahs Vater traf. Ich wusste seinen Namen noch immer nicht und zum Glück hatte ich ihn seit dem letzten Mal auch nicht wieder gesehen, aber er machte Eliah das Leben schwer.
Auch, wenn mein Gefährte es versuchte vor mir zu verstecken "um das Baby nicht unnötig Stress auszusetzen" wusste ich, dass er mit der Anwesenheit seines leiblichen Vaters zu kämpfen hatte.

Melinda verbrachte die wenige Zeit, die sie nicht bei Henrik war, mit mir und es stärkte unser Geschwisterband ungemein. Ich war froh, sie bei mir zu haben.
Ich konnte Eliah nicht genug danken, dass er sie ohne weiteres bei sich aufgenommen hatte.

Auch jetzt noch verletzte mich Lukas Verhalten sehr. Dass ich meinen langjährigen Freund und engsten Vertrauten derartig falsch eingeschätzt hatte, ließ mich stark an meiner Menschenkenntnis zweifeln.
Wie konnte es sein, dass Lukas innerhalb kürzester Zeit sich dermaßen verändert hatte?

Ich seufzte schwer, streckte meine müden Gelenke aus und sackte tiefer in die Sofakissen.

Von Eren hatte ich die letzten Tage nichts mehr gehört, aber von Melinda wusste ich, dass er sich gut eingelebt hatte. Er verstand sich blendend mit Bernard und offenbar hatten die zwei innerhalb der vergangenen Tage eine tief gehende Freundschaft gebildet. Es versetzte mir einen Stich, dass Eren so viel Zeit mit Bernard verbrachte und sich bei mir nicht blicken ließ, aber ich wusste, dass er Zeit brauchte und dann wieder zu mir kommen würde.

Meine Übelkeit war auf einem nie da gewesenen Hoch und jeder intensive Geruch triggerte meinen Magen so weit, dass jeglicher Inhalt sofort wieder herauskam.
Selbst Melindas Blumenparfüm, welches sie schon seit Jahren benutzte und einfach zu ihr gehörte wie ihre schwarzen Haare, war zu penetrant für mich.
Einzig Eliahs Eigengeruch war angenehm und vor allem ertragbar.

Eliah, der vor Sorge um mich kaum daran dachte, dass auch er essen musste, konnte sich nach einer kleinen Auseinandersetzung mit Lukas an Ilka wenden, die weiterhin in Lukas Rudel auf mich gewartet hatte.
Ich glaubte Eliah zwar nicht, dass es nur eine kleine Auseinandersetzung war, aber ich wollte es auch nicht weiter hinterfragen.

Noch eine Sache, die ich nicht verstehen konnte. Lukas hatte sich tatsächlich geweigert Ilka mit Eliah gehen zu lassen.

Offenbar war er jetzt schon so weit, dass ihn selbst meine Gesundheit nicht mehr zu interessieren schien.
Ilka gehörte nicht einmal zu seinem Rudel. Sie war freiwillig dort um mir zu helfen und dennoch hatte Lukas sich geweigert. Er hatte kein Recht dazu sie zurückzuhalten und dennoch hatte er es versucht.

Dieser offensichtlich Beweis, wie sehr Lukas mich nun verabscheute, schmerzte ungemein und ließ die Leere in mir spürbar wachsen.

Noch immer war ich kein Teil von Eliahs Rudel und auch wenn es erträglich war, war es dennoch anstrengend. Selbst in Anwesenheit anderer fühlte ich mich allein und ich wusste, dass dieses Gefühl nicht besser werden würde bis Eliah mich endlich bei sich aufgenommen hatte.

Nur bei Eliah fühlte ich mich gut. Bei ihm war die Übelkeit auf einem Minimum, bei ihm fühlte ich mich nicht allein.

Abermals kam ein schweres Seufzen über meine Lippen und automatisch zog ich die Decke höher.
Eliah kochte gerade für uns und allein bei dem Gedanken daran, gleich etwas essen zu müssen, wurde mir übel.

Ich war einfach nur froh, dass Ilka kommen würde.
Heute Nachmittag kommt sie uns hier besuchen und danach gehen wir auf die Krankenstation des komischen Doktors, der mir bis heute unglaublich unsympathisch war.

Bis jetzt hatte ich Eliah gegenüber meine Sorgen den Doktor betreffend noch nicht erwähnt, aber hatte es beim essen vor.
Vielleicht konnte man irgendetwas so deichseln, dass er keine direkte Rolle in meiner Schwangerschaft spielte. Immerhin war Ilka sowieso eine vollausgebildete Ärztin - sie könnte sich also gut allein um mich und unsere Bohne kümmern.

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