Ein Tanz mit dem Eisprinzen

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„Möchtest du mir sagen, warum du dich so unwohl fühlst?" Mir waren diese Worte einfach über die Lippen gekommen, schnell grub ich meine Zähne in die Unterlippe und vermied für einen Moment den Augenkontakt zu meinem Tanzpartner. „Entschuldige ich~"

„Fehlende Freiheit. Dass ist, weshalb ich mich unwohl fühle. Mein Leben ist bereits vorherbestimmt und alle glauben, mir sagen zu müssen, wie ich bin. Meine eigenen Bedürfnisse und Gefühle habe ich immer hinten anzustellen. Immer." Nun blickte ich direkt in das Gesicht des Prinzen. Kurz konnte ich in seinen Augen den schmerzhaften Ausdruck erkennen, den ich auch bei mir im Spiegel gesehen hatte. Sanft drückte ich seine kleine Hand fester und erwiderte seinen Blick. Ich legte mein ganzes Verständnis und die Emotionen, die die seinen spiegelten in diesen Blick.

„Dann sind wir uns wohl ähnlicher als erwartet. Hätte ich die Wahl, wäre ich nun viel lieber weit weg von hier. Weg von diesen Menschen, die nur meinen Stand bewundern. Weg von meinen Verpflichtungen und meinem Status in der Gesellschaft, denn ohne diese wäre ich frei und hätte keine Sorgen."

„Du verstehst es tatsächlich." Der Prinz lächelte mich warm an und verbeugte sich schließlich vor mir. Ich hatte nicht einmal darauf geachtet, doch offenbar hatten wir ziemlich lange getanzt. Ich sah, dass meine Eltern immer noch mit zufriedenem Blick zu mir und Felix sahen und ich wandte mich zu meinem Leidensgenossen um.

„Ich begleite dich zurück, außer du willst weitertanzen." Felix schüttelte den Kopf und hakte sich bei mir ein.

„Danke Jisung."

Ich nickte einfach und führte ihn vor die Stufen, die zu den Thronen der Königsfamilie führten. Unweigerlich erkannte ich auch Minho, der kerzengerade und mit ausdrucksloser Miene neben seinem Vater saß.

In Gedanken verglich ich die beiden Brüder kurz. Alles was ich sehen konnte war, dass Felix viel entspannter wirkte, als sein Bruder. Der Jüngere erschien mir sympathisch und ich konnte mir durchaus vorstellen, mich mit ihm anzufreunden. Minho allerdings war ganz anders, er wirkte erwachsen, berechnet und an nichts interessiert. Aber wahrscheinlich sollte ich ihn einfach besser kennenlernen, oder einfach Felix fragen, wenn ich die Gelegenheit dazu bekommen sollte. Felix löste sich von meinem Arm.

„Hier Bruderherz, ich habe dir gleich deinen ersten Tanzpartner gesichert. Du solltest mir nicht einfach so das ganze Schlachtfeld überlassen. Ich denke,~"

„Es ist nicht von Belang, was du denkst Felix. Ich habe keinesfalls die Absicht mit ihm zu tanzen." Die Worte waren eiskalt und er hatte mich nicht eines Blickes gewürdigt. Sofort fühlte ich mich unwohl und wollte aus dieser Situation entkommen, ich wandte mich zu Felix und setzte dazu an, mich zu verabschieden und zu meiner Familie zurückzukehren.

„Minho, genug! Tanz mit dem Jungen. Die Familie Han sind unsere ältesten Freunde, also reiß dich zusammen!" Der König hatte so klar und deutlich gesprochen, dass sich die Nahestehenden bereits umgedreht hatten und das Schauspiel interessiert beobachteten.

Oh Gott, dass würde peinlich werden. Als der Prinz sich noch immer keinen Millimeter bewegte, hörte man ein Knurren. Endlich ging ein Ruck durch den Jungen und er erhob sich langsam. Er deutet eine Verbeugung in Richtung des Königs an.

„Wie ihr befehlt Vater." Die Worte sprach er eher gepresst und stieg dann die wenigen Stufen zu Felix und mir hinab. Er blieb mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck vor seinem Bruder stehen und griff dann nach meiner Hand. Dann riss er mich einfach mit, ich bemühte mich nicht zu stolpern, als ich ihm folgte.

Wieder auf der Tanzfläche angekommen wusste ich nicht so recht, was ich nun tun sollte. Der Prinz nahm mir die Entscheidung ab. Mit versteinerter Miene legte er seine Hand um meine Taille und machte die ersten Schritte. Für einen Sekundenbruchteil war ich vollkommen verwirrt, nicht, weil ich mit diesem Eisprinzen tanzte, sondern da er ohne zu zögern die Führung übernommen hatte und ich dies nicht gewohnt war. Ich stolperte also den ersten Schritt nach hinten und ein Schnauben ertönte. Der Griff um meine Hand und um meine Taille wurden fester. Da es mir unglaublich peinlich war, blickte ich nach unten, um in die richtige Schrittfolge zu finden. Ein absolutes No-Go für einen so geübten Tänzer wie mich. Mit einiger Mühe schaffte ich es allerdings, mich den Schritten des Anderen anzupassen und nach und nach erlangte ich meine Sicherheit zurück. Während der nächsten Drehung stieß ich die angehaltene Luft aus und versuchte meinen Herzschlag zu normalisieren. Die ganze Situation zehrte unglaublich an meinen Nerven. Schon wurde ich von einer Hand wieder zurückgezogen und landete in den Armen des Dunkelhaarigen. Zögerlich legte ich meine Hand auf seiner Schulter ab, ich spürte die Muskeln unter dem weichen weinroten Stoff und die Wärme, die von ihm ausging.

Nachdem ich mich endlich wieder gefangen hatte, überlegte ich, wie ich die eisige Stille zwischen uns brechen könnte. Was sollte ich tun? Mit ihm sprechen, einfach nichts sagen? Keine Option, die ich mir ausmalen konnte, endete mit einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Doch gerade blieb mir nicht genug Zeit nachzudenken, jetzt kam der Tanzpart mit der Hebung und der anschließenden Rückwärtsneigung. Eilig platzierte ich meine beiden Hände auf seinen Schultern, als ich die seinen bereits an meiner Taille spürte. Seine Finger gruben sich in meine Seiten und hoben mich an, als wöge ich nicht mehr, als eine Feder. Elegant drehte er sich mit mir, in diesem Moment blickte ich ihm in die Augen und er starrte zurück. Die gesamte Szene war so surreal. Als würden wir den Bruchteil einer Sekunde in die Seele des anderen blicken. Doch schon stellte er mich wieder sicher auf meine eigenen Füße und beugte sich näher zu mir. Mein Herz schlug immer noch viel zu schnell gegen meine Brust. Was tat er da? Warum kam er mir so nahe? Oh verdammt, ich musste mich nach hinten neigen. Schnell lehnte ich meinen Körper zurück und vertraute darauf, dass seine Arme mich halten würden. Schon zog er mich wieder in eine aufrechte Haltung und griff nach meiner Hand.

Eine Weile passierte gar nichts und ich kaute auf meiner Unterlippe. Sollte ich etwas sagen? Hatte Felix nicht vorhin davon gesprochen, dass Minho es sogar noch schwerer hatte, als er selbst?

„Du tanzt wirklich gut Hyung."

Oh nein! Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Das war vollkommen unangebracht. Ich hatte den Kronprinzen als Hyung betitelt, verdammt, dass würde Ärger geben. Ich traute mich nicht, zu ihm aufzusehen. Wahrscheinlich würde ich in den nächsten Minuten mit einem Dolch zwischen Rippen am Boden liegen.

Umso länger das eisige Schweigen anhielt, desto sicherer war ich mir, dass mein letztes Stündlein geschlagen haben musste. Dann endete der Tanz und ich versank in einer tiefen Verbeugung. Als ich wieder aus dieser auftauchte, legten sich zwei Finger unter mein Kinn und zwangen mich dazu, in die flammenden Augen des Älteren zu sehen.

„Ich bin nicht dein Hyung. Solltest du noch einmal dein Wort an mich richten, werde ich dich bestrafen." Seine Stimme war beängstigend, kühl und eindringlich, doch seine Augen waren schlimmer, dominant und verachtend sahen sie auf mich herab. Nach diesen Worten drehte sich Minho um, schritt zum Thron und ließ sich würdevoll auf diesen sinken. 

The Earl and the Prince | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt