Liebesgeständnisse und neuer Mut

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„Jisung? Sungie?" Die Stimme meines Bruders klang aufgeregt und ich hörte, wie er sämtliche Türen eine Etage unter mir aufriss und die Räume nach mir absuchte. Ich saß auf dem Fenstersims und hatte bis gerade eben auf die blühenden Rosen im Garten geblickt. Eine Beschäftigung, die den Großteil meiner letzten Tage eingenommen hatte. Am Fenster sitzen, den Blumen beim Blühen zusehen, die Bäume betrachten, die der Wind zauste, in die Ferne starren. Zwischenzeitlich ein Buch lesen und alle aufdringlichen Personen abweisen, die fragten, ob alles gut war.

ʹNatürlich ist alles gut, was soll auch sein? Ich bin einfach etwas müde.ʹ Den Satz hatte ich in den letzten Tagen so oft verwendet, dass ich es nicht einmal mehr zählen konnte. Meistens hatten sich alle mit meiner Antwort zufrieden gegeben.

Nur gestern wäre die Situation beinahe eskaliert. Ich hatte mich strikt geweigert, auf einen der fest eingeplanten Bälle zu gehen. Mein Vater war so wütend auf mich gewesen, dass er mich angeschrien hatte und mir drohte, mich einfach so mitzunehmen, würde ich mich nicht zusammenreißen. Meine Antwort war gewesen, dass ich stur seinen Blick erwiderte und stoisch schwieg. Gerade als er mich ohrfeigen wollte, hatte sich Jeongin dazwischen gestellt und ihn überzeugt, alleine mit ihm die Veranstaltung zu besuchen. Mein kleiner Bruder hatte so lange auf ihn eingesprochen, bis Vater nachgab.

„Jisung, da bist du ja. Du wirst nicht glauben, was gestern passiert ist." Ungerührt sah ich weiter aus dem Fenster, malte kleine Kreise auf meine Handfläche und beachtete meinen Bruder nicht. Es war mir vollkommen egal, was passiert ist und was nicht.

„Sungie, Chan hat mir gesagt, dass er mich liebt!" Vollkommen außer sich vor Freude, jauchzte der Kleine auf und trat neben mich ans Fenster. Fast glaubte ich, mein Herz brechen zu fühlen. Liebe, schon wieder dieses Wort. Ich zwang ein Lächeln auf mein Gesicht und sah zu meinem jüngeren Bruder, der begeistert auf die Ländereien blickte.

„Das freut mich wirklich für dich Innie." Dann presste ich meine Lippen wieder fest zusammen.

„Jaaa und ich habe ihm auch gesagt, dass ich ihn mag." Innie schlug sich die Hände über die rosigen Wangen und kicherte.

Mich hingegen durchfuhr das schlechte Gewissen. Ich sollte mich wirklich von Herzen für meinen Bruder freuen, stattdessen versank ich lieber in meinem Selbstmitleid.

Das ist wirklich unmöglich von dir Jisung! Du solltest dich endlich wieder zusammenreißen. So schlimm war es jetzt auch nicht. Außerdem bist du selbst schuld. Hättest du nicht so sehr gehofft, dass auch Minho eine gute und freundliche Seite hat, dann wärst du nicht so bitter enttäuscht gewesen.

Aber egal, wie sehr ich mich auch bemühte, ihn zu vergessen, es funktionierte nicht. Jedes Mal musste ich dann auch an das warme Gefühl denken, als er mich fest an sich gedrückt hatte. Wie ich vor ihm auf dem Pferd saß und seinen schnellen Herzschlag fühlen konnte.

Eilig stand ich auf und trat zu meinem Bruder. Ich zog ihn fest in meine Arme und murmelte leise: „Ich freue mich wirklich sehr für dich Innie. Ich mag Chan. Er tut dir gut." Zwei zierliche Arme schlangen sich um mich und drückten mich sanft.

„Danke, es bedeutet mir wirklich viel, dass du ihn auch magst. Er ist einfach so süß, liebevoll und fürsorglich." Ich nickte zustimmend und löste mich wieder.

„Wie wäre es, wenn wir zwei uns mit Seungmin treffen? Ein kleiner Ausritt wäre doch genau das Richtige." Jeongin war so fröhlich und hibbelig, dass ich ihn nicht bremsen konnte. Eigentlich wollte ich das auch gar nicht. Es war gut, dass er ein solches Glück hatte. Also nickte ich und folgte ihm, als er aus dem Raum stürmte, um zu den Pferden zu gelangen.

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Zu dritt saßen wir unter den alten Obstbäumen und genossen die Wärme und die frische Luft. Wir gönnten uns und unseren Pferden eine Pause, da wir sie bis vor ein paar Minuten unermüdlich über die Plantage gejagt hatten. Immer wieder hatten wir uns Rennen geliefert oder waren über die abgebrochenen Äste gesprungen.

Dieses Gefühl der Freiheit, gab mir auch etwas von meiner guten Laune und Zuversicht zurück. Weshalb ich jetzt auch wesentlich entspannter auf der Wiese saß und den Pferden beim Grasen zusah.

Seungmin war dazu übergegangen, eine Melodie vor sich hinzusummen und gelegentlich einige Zeilen zu singen. Seine Stimme war wirklich wundervoll, so hell und klar. Sogar die Vögel in den Bäumen unterbrachen ihr Gezwitscher und schienen dem Jungen zu lauschen, der nun ein fröhliches Lied angestimmt hatte und seinen Blick in den Himmel richtete.

Ich blickte ebenfalls hinauf in den wolkenlos, blauen Himmel und sog die frische Luft in meine Lungen.

Ich hatte mich lange genug verkrochen. Es war Zeit den Tatsachen ins Auge zu sehen. Noch hatte ich meine Pflicht nicht erfüllt, also sollte ich mich zusammenreißen und mir endlich jemanden suchen, der mich mochte und den ich mochte. So schwer konnte das doch nicht sein. Dafür musste ich mich lediglich zusammenreißen und am besten den beiden Prinzen aus dem Weg gehen, denn diese würden nur zusätzlichen Ärger bedeuten. Meine Brust zog sich ein wenig schmerzhaft zusammen, als ich an den Kronprinzen dachte. Doch ab heute würde ich mich nicht mehr um Minho kümmern. Ich würde ihn nicht beachten und ihn vergessen. Leichter gesagt als getan, aber es musste sein.

Na dann, auf in den Kampf Han Jisung!

Bewundernd drehte ich mich zurück zu Seungmin und genoss seinen Gesang. Sogar ich fühlte mich unbeschwert und konnte durchatmen. Als würde mir das Lied Kraft schenken und mich wieder beflügeln. Dann verklang der letzte Ton.

Begeistert klatschte ich in die Hände. „Du hast wirklich Talent Seungmin. Hast du schon mal darüber nachgedacht, Gesangsunterricht zu nehmen?" Der Angesprochene nickte leicht. „Ja das schon, doch meine Familie meint, dass wäre nicht angemessen. Außerdem lohnt es sich gerade gar nicht, damit anzufangen."

„Warum denn das?"

„Naja, meine Eltern haben mir gestern gesagt, dass sie eine Ehe für mich arrangiert haben. Sogar eine, die vorteilhaft für mich ist. Da ich aber keine Ahnung habe, ob mein Zukünftiger meine Gesangskünste zu schätzen weiß, kann ich nicht sagen, ob ich diesem Traum je nachgehen kann." Er zuckte die Schultern und sah auf seine Hände.

Mir wurde erneut schwer ums Herz und ich sah den Jüngeren prüfend an.

„Weist du schon, wen du heiraten wirst?" Er schüttelte den Kopf und riss ein paar Grashalme aus.

„Ich weiß nur, dass es ein Junge ist. Meine Eltern meinten, dass sie es mir sagen werden, wenn alle Formalitäten geregelt sind und ein Termin feststeht. Also werdet ihr wohl bald zu meiner Hochzeit kommen." Er lächelte leicht und ich erkannte, dass es, wie bei mir nicht echt war. Schnell rutschte ich zu ihm und zog ihn an mich.

„Ich bin mir sicher, deine Eltern haben jemanden ausgewählt, der zu dir passt. Wahrscheinlich bekommst du den nettesten und hilfsbereitesten Menschen, den du dir nur vorstellen kannst." Ich piekte ihm in die Wange und versuchte ihn mit meinen Worten aufzumuntern.

„Danke Jisung. Ich hoffe sehr, du behältst recht. Solange es nicht eine so eingebildete und durchgeknallte Person ist, wie Hyunjin, werde ich damit klarkommen."

Ein Seufzen konnte ich mir bei diesen Worten nicht verkneifen. „Ach komm Seungmin, so schlimm ist er gar nicht. Hyunjin kann auch sehr freundlich sein. Wann werdet ihr zwei endlich aufhören, euch zu streiten? Es ist, als würdet ihr es jedes Mal beide darauf anlegen, den jeweils anderen zu triezen, wo ihr nur könnt."

„Pff. Er hat damit angefangen! Jedes Mal, wenn wir uns sehen, kritisiert er mich, meinen Kleidungsstil, meine Haare, mein Auftreten. Was soll ich denn machen? Mich immer wieder beleidigen lassen? Ganz sicher nicht!"

Seufzend rückte ich ein Stück nach hinten. „Ach Minnie. Glaub mir, auch Hyunjin kann nett sein, wenn er will. Er ist ein guter Freund." Die letzten Worte hatte ich mehr zu mir selbst gesagt, doch ich meinte sie vollkommen ernst. Der Blonde mochte quirlig und zuweilen sehr frech sein, doch er hatte ein großes Herz und er hatte mehr als nur einmal bewiesen, dass er immer da war, wenn es darauf ankam.

Seungmin sah mich mit einem fragenden Blick an, doch ich schüttelte nur leicht den Kopf und stand auf, um mir den Schmutz von der Hose zu klopfen und auf mein Pferd zuzugehen.

„Wir sollten langsam zurück. Es ist schon spät." 

The Earl and the Prince | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt