Gerade stand ich vor dem großen Spiegel in Minhos Zimmer. Genaugenommen, war es nun auch mein Zimmer und ganz langsam gewöhnte ich mich auch daran, dass der Prinz und ich nicht nur im gleichen Raum schliefen, sondern auch daran, dass wir eine ganz „normale" Ehe führten. Natürlich mit einigen nicht zu vergessenden Details, die noch einer Korrektur bedürfen, aber immerhin herrschte nun keine Kälte und Abweisung mehr zwischen uns, sondern die Liebe. Endlich durfte ich mir auch gedanklich erlauben, von einem Wir zu sprechen. Wir, eine Einheit, die aus Minho und mir bestand. Diese Vorstellung beruhigte mich und machte mich gleichzeitig noch glücklicher.
Es war Freitag. Ein strahlend sonniger Freitag, perfekt für eine Hochzeit.
Ich beäugte kritisch mein Spiegelbild, strich eine kleine Falte auf dem blau glitzernden Stoff glatt und fuhr mir noch einmal durch die dichten, braunen Haare. Alles saß so, wie es sein sollte. Der Anzug schmiegte sich angenehm an meinen Körper und gab jedem eine perfekte Sicht auf meine langen Beine und die schmale Taille. Ich stützte die Hände in die Seiten, schob sie dann über meinen leicht muskulösen Bauch nach unten und zog den Stoff noch ein letztes Mal zurecht, bevor ich mich prüfend musterte.
Diesmal blickte mir ein zufriedenes Gesicht aus dem Spiegel entgegen. Keine Sorgenfalten oder trüben Augen, sondern ein zuversichtlicher starker Blick. Beinahe wirkte es so, als würde ich jetzt von innen heraus strahlen. Ich war wirklich froh, dass mein Selbstvertrauen und meine stolze Art zu mir zurückgefunden hatten. Glücklich lächelte ich und drehte kurz die beiden Ringe an meinem Finger.
Ja, es waren nur noch zwei, den Aquamarin hatte ich abgelegt und trug nur noch die beiden Ringe, die mir Minho geschenkt hatte. Langsam hob ich meine Hand vor die Augen und bewunderte einmal mehr die beeindruckenden Lichtreflexionen des Diamanten. Genau in diesem Moment fiel ein Lichtstrahl direkt auf die glatte, durchsichtige Oberfläche und wurde durch die Lichtbrechungen zurückgeworfen.
Kurz kam mir dieser Moment vor, wie ein Déjà-vu. Dann sah ich die Szene deutlich vor mir. Allerdings, war dieser Augenblick gerade viel magischer und durch Glück gekennzeichnet.
Es war der Tag nach meiner Verlobung. Ich hatte ziemlich apathisch und tiefbetrübt in meinem Zimmer gesessen und nichts mit mir anzufangen gewusst. Doch dann war meine Mutter ins Zimmer geplatzt und hatte sich mit einem ihrer berühmten aufmunternden Lächeln neben mich aufs Bett gesetzt. Sie sagte zunächst nichts, doch griff sofort verzückt nach meiner Hand und besah sich den funkelnden Diamantring, der an meinem linken Ringfinger seinen Platz gefunden hatte.
Komisch, dass ich mich ausgerechnet an ihre folgenden Worte so genau erinnerte, denn eigentlich hatte ich in diesen Tagen niemandem wirklich zugehört. Und das, was meine Mutter mir zu meiner Verlobung gesagt hatte, war für mich in diesem Moment noch bedeutungsloser gewesen. Doch ich erinnerte mich klar und deutlich.
Wenn ich meiner Mutter Glauben schenken durfte, war das Schenken eines Edelsteins schon das ultimative Zeichen der Liebe und Treue eines Menschen.
Jetzt im Nachhinein betrachtet, glaubte ich sogar an diese Weisheit. So gesehen, klang das erschreckend logisch, denn offensichtlich hatte Minho mich wirklich von Anfang an geliebt. Nur hatte ich dies nicht gesehen oder sehen dürfen.
Obendrein war der Diamant das Symbol der ewigen Liebe. Ich musste schmunzeln. Na wenn das mal keine guten Aussichten waren. Die Liebe zu meinem Prinzen wuchs sowieso von Tag zu Tag, also waren diese gebildeten Worte nicht einfach so daher gesagt.
Aber, da war noch etwas gewesen, die fast wichtigste Aussage meiner Mutter, die auf einmal so viel mehr Sinn ergab. „Dieser Stein steht für Reinheit, Widerstandskraft und Einigkeit, man nennt ihn deshalb auch den Stein der Versöhnung."
Fast ein wenig kritisch, sah ich hinab auf meinen Ringfinger.
Sollte man einem Edelstein wirklich zutrauen, die Schicksale zweier Menschen vereinen zu können? Sie zu einem Ganzen werden zu lassen und sich in Harmonie mit dem Partner zu befinden?
Immerhin war es bei Minho und mir der Fall gewesen. Wir hatten zueinander gefunden, hatten uns versöhnt und waren gerade gemeinsam darum bemüht, unser Leben und unsere Zukunft zu schützen. Durch unsere Liebe, die Zuneigung und unser Vertrauen würden wir dies ganz sicher schaffen.
„Sungie? Bist du soweit?" Leise wie eine Katze, hatte sich der Dunkelhaarige hinter mich geschlichen und betrachtete mich fasziniert im Spiegel. „Du siehst wunderschön aus mein Kleiner."
Seine Arme legten sich um meine Taille und sein Kopf fand auf meiner Schulter ihren Platz. Kurz schien der Prinz in unserem Anblick versunken zu sein. Er ließ seine Augen über unsere Spiegelungen gleiten und summte zufrieden. Nur Sekunden später hauchte er kleine Küsse auf meinen Hals.
Als ich mich gegen ihn lehnte und meine Augen schloss, wurde sein Griff fester und seine Lippen drückten sich stärker gegen meine Haut. Mit einem zufriedenen Seufzen, genoss seine Zärtlichkeit, drückte dann meinen Rücken gegen seine athletische Brust und kreiste meinen Hintern spielerisch gegen seinen Schritt.
„Gott, Sungie... du machst mich wahnsinnig", keuchte der Ältere rau auf und presste sich gegen mich. Doch dann ließ er mich los und umfasste mein Handgelenk. Dann schenkte er mir einen schon fast unschuldigen Kuss.
„Komm, wir sollten los."
DU LIEST GERADE
The Earl and the Prince | Minsung
Fiksi PenggemarWelcher Mensch kann schon von sich selbst behaupten, frei zu sein? Ich war es ganz sicher nicht. Problematisch war nur, dass ich nicht einmal wusste, wie ich meine Pflichten erfüllen sollte. Die Worte, die mir im Zusammenhang mit meinen Pflichten st...