Realität und Planung

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Felix Pov:

Es war kurz vor 23 Uhr, dennoch dachte keiner, der sich in diesem Raum befand an Schlaf. Kurz schweifte mein Blick über die Anwesenden.

Da war zum einen Chan, der in einem Sessels saß mit Jeongin auf seinem Schoß und diesem immer noch beruhigend über den Rücken streichelte. Der Jüngste hatte sich noch immer nicht ganz wieder gefangen. Immer wenn der Name seines Bruders in der Runde fiel, schniefte er und verlor ein paar Tränen. Man spürte, dass er sich schuldig fühlte, nicht mehr hatte tun zu können.

Nach Chans Eintreffen, hatte er endlich unter Tränen berichtet, was genau passiert war. Wie Yoon-woo seinen Bruder bewusstlos schlug und der Komplize ihn dann ebenfalls ausgenknockt hatte. Direkt nachdem er wieder aufgewacht war, hatte er sich auf den Weg hierher gemacht. Seine Machtlosigkeit und die Angst um Jisung machten ihm stark zu schaffen. Doch jedes Mal, wenn er wieder anfing zu weinen, war Chan da und bemühte sich, den Kleinen mit seiner Zuversicht und seinen Zärtlichkeiten zu beruhigen.

Dann waren da noch Hyunjin und Seungmin. Ich hatte die beiden ebenfalls holen lassen, da ich wusste, dass sie helfen wollten. Mehr noch, sie würden uns in den Arsch treten, hätten wir sie außen vor gelassen. Seungmin saß ebenfalls in einem Sessel und beobachtete ein wenig besorgt seinen Mann, der vor der Fensterfront hin und her lief. Hyunjin wirkte wie ein Tiger, den man gefangen und eingesperrt hatte. Als wolle er jeden Moment ausbrechen, wüsste aber noch nicht wie. Gelegentlich raufte er sich die Haare und warf einen Blick zu Seungmin, der diesen dann genauso stumm und doch voller Wärme erwiderte. Dennoch war auch ihnen die Anspannung deutlich anzusehen.

„Lixie, wie geht es dir?" Changbin stand dicht neben mir und flüsterte mir die Worte jetzt entgegen. Ein kleiner Schauer lief mir über den Rücken. Ich wandte meinen Blick von dem umherstreifenden Jungen und blickte zu meinem Binnie. Blickte in die tiefbraunen Augen, die mich besorgt aber auch beruhigend musterten. Selbst aus diesem kurzen Blickkontakt zog ich Kraft und ich atmete einmal tief durch. Dann nickte ich langsam und setzte dazu an, seine Frage zu beantworten.

„Gut wäre wohl gelogen. Immerhin ist Jisung entführt worden. Doch wir dürfen nicht verzweifeln. Es gibt sicher eine Möglichkeit, ihm zu helfen. Zumindest hoffe ich das." Die letzten Worte hatte ich sehr leise gesprochen und richtete meinen Blick nun auf die letzte Person, die sich in diesem Raum befand.

Mein Bruder saß zusammengesunken auf der Couch und drehte den Saphirring, der auf seinem linken Ringfinger steckte.

Ich konnte auch von hier aus erkennen, dass er noch immer mit sich kämpfte. Kurz nachdem er von Jisungs Entführung erfahren hatte, wollte er sämtliche Gebäude der Stadt eigenhändig durchsuchen. Er wollte mit allen Soldaten jeden Stein umdrehen und jeden Raum in dieser Stadt auf den Kopf stellen. Doch ich hatte ihm von dieser kopflosen Aktion abgehalten. Mir war klar, dass es nicht so einfach sein würde. Das hatte Minho, Gott sei Dank, nach ein paar Minuten und einem kurzen Monolog meinerseits selbst erkannt.

Bis vor einer Viertelstunde, waren auch unsere Eltern hier gewesen und hatten versucht, uns bei der Planung des weiteren Vorgehens zu helfen. Aber wie sehr wir uns auch bemühten, eine Strategie hatten wir noch immer nicht.

Erneut schweifte mein Blick über den Raum und die Anwesenden. Die Angst und Machtlosigkeit war förmlich mit Händen greifbar.

Irgendwas musste ich tun. Also trat ich in die Mitte des Raumes und räusperte mich. „Es bringt nichts, wenn wir uns jetzt in trübsinnigen Gedanken verstricken. Denkt nicht darüber nach, was wäre wenn. Sondern geht davon aus, dass wir etwas tun können und dass jeder noch so kleine Gedanke, jede Idee entscheidend sein könnte. Zögert nicht, eure Vermutungen auszusprechen."

Changbin war hinter mich getreten und schlang seine Arme um mich. Er hielt mich fest und in diesem Moment war ich ihm mehr als dankbar. Denn auch mein Körper war nicht auf Dauer dieser Art der psychischen Belastung ausgelegt. Meine Beine zitterten ein wenig und ich wollte nur noch in Binnies Arme sinken. Beruhigend strich seine Hand über meinen Bauch, seine Lippen verteilten kleine Küsse auf meiner Schulter und ich spürte ein wenig Zuversicht in meinen Körper zurückkehren.

The Earl and the Prince | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt