Diesmal waren wesentlich weniger Gäste anwesend, als gestern beim König. Na gut, das war ja auch nicht verwunderlich. Dies ist nur eine Soiree, eine kleine gemütliche Abendveranstaltung, bei der musiziert, gegessen und getrunken wird. Nichts großes.
Ich blickte mich um und erkannte meinen kleinen Bruder, der sich mit einem muskulösen Blondhaarigen unterhielt. Chan. Nun lachte Jeongin auf und lehnte sich kurz gegen den Älteren. Mit einer Hand strich er seinem Gegenüber über den Arm und lauschte dann wieder gebannt den Worten des anderen.
Mir wurde bei diesem Anblick warm ums Herz, selten konnte ich den Jüngeren so gelöst sehen und es bedeutete mir die Welt, meine Familie glücklich zu wissen.
Ähnlich wie gestern ließ ich meine Augen über die Gäste schweifen. Ich erblickte den Sohn der Wangs. Jackson stand gemeinsam mit seinem Ehemann an das Geländer der Galerie gelehnt und unterhielt sich angeregt mit einem Lilahaarigen.
Ich mochte Jackson, er war ein Sonnenschein und machte jede Veranstaltung, der er beiwohnte, zu einem Fest der Freude. Sein Mann schien ebenfalls bezaubert von seinem sonnigen Gemüt, denn Mark zeigte gerade sein breites Lächeln, bei dem deutlich seine spitzen Eckzähne zu sehen waren.
„Hallo, du bist Han Jisung oder?" Ich drehte meinen Kopf zur Seite und blickte zu einem Jungen mit länglichem Gesicht. Sein Kiefer lief spitz zu und dementsprechend spitz war auch sein Kinn. Er war ganz in schwarz gekleidet, hatte schwarze Haare und doch strahlte sein Blick Ruhe und pure Freundlichkeit aus. Selten war ich einem Menschen begegnet, dessen Äußeres so widersprüchlich zu seinem Inneren zu sein schien.
„Ja, der bin ich und wer bist du?"
„Seo Changbin. Ich bin ein Freund von Chan und da er gerade mit deinem Bruder beschäftigt ist, dachte ich mir ich suche mir jemanden, der meine Anwesenheit ein wenig mehr wertschätzt."
Ich kicherte und sah den Jungen neben mir an.
„Sehr schlau, dann haben die beiden mehr Zeit allein und können sich besser kennenlernen. Und ich kann ich dich jetzt zu Chan ausfragen."
Changbin lachte leise und nickte dann zustimmend.
„Also wie alt ist Bang Chan eigentlich?"
„Chan ist schon 23. Er kommt aus einer wohlhabenden Familie. Ihnen gehören einige Handelsunternehmen in der Stadt.
„Interessant und wie alt bist du? Woher kennst du Chan eigentlich?"
Mein Gegenüber antwortete mit einem amüsierten Gesichtsausdruck.
„Ich bin erst 21. Meinen Eltern gehören einige Handelsschiffe, daher kenne ich Chan schon seit ich denken kann. Wir sind über die Jahre unzertrennlich geworden."
„Das klingt nach einer tollen Freundschaft. Also seid ihr beide älter als ich, ich bin erst 20 und mein kleiner Bruder erst 19. Denkst du, dein Freund hat ernste Absichten mit meinem Bruder?" Ich wusste, dass diese Frage sehr direkt war. Doch meistens konnte man so am einfachsten erkennen, was der Gegenüber tatsächlich dachte.
„Ach wie süß. Für seine 19 Jahre, wirkt er auf mich aber schon ziemlich reif." Dann blickte mir Changbin direkt in die Augen. „Ja, ich bin mir sicher, dass Chan ernste Absichten mit deinem Bruder hat. Wie gesagt, ich kenne ihn schon sehr lange und selten habe ich ihn so begeistert und glücklich gesehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein lieber Freund gerade drauf und dran ist, sich in deinen Bruder zu verlieben." Die Worte des Schwarzhaarigen waren ehrlich und ich erkannte die Aufrichtigkeit und Überzeugung in seinen Augen. Er freute sich über das Glück seines Freundes. Auch ich ließ zu, dass die Freude in mir aufstieg, möglicherweise hatte mein Bruder die Liebe bereits gefunden.
„Dann sollten wir uns wohl besser kennenlernen. Wir werden sicher mehr Zeit miteinander verbringen, wenn sich die beiden füreinander entscheiden. Also Changbin, hast du bereits einen Partner oder bist du ebenfalls noch auf der Suche?"
„Ich habe noch nicht den Richtigen gefunden. Du musst wissen, dass ich eigentlich schon seit zwei Jahren die Auswahl heimlich beobachte, doch nie hatte ich wirklich das Gefühl, es sei der Eine dabei. Möglicherweise habe ich ja dieses Jahr mehr Glück. Zwar sind meine Eltern sehr tolerant und haben mir erlaubt, erst nächstes Jahr an der Auswahl teilzunehmen. Sollte ich bis dahin aber niemanden gefunden haben, dann werde ich mich meinem Schicksal fügen." Etwas ratlos zuckte Changbin mit den Schultern und blickte kurz zu seinem Freund hinüber.
„Ach komm, ich bin mir sicher, auch du wirst denjenigen finden, der perfekt zu dir passt. Warte mal, du hast ausschließlich von dem Richtigen gesprochen. Heißt dass, du bist dir jetzt schon sicher, dass es ein Junge werden soll?"
Changbin lächelte und nickte. „Chan und ich wussten eigentlich schon immer, dass für uns nur ein Junge in Frage kommt. Und das hat sich nicht geändert."
Nun war ich es, der verstehend nickte und dann kurz zu Jeongin und seinem Verehrer hinübersah.
„Changbin Hyung? Was denkst du, was macht für dich eine glückliche Partnerschaft aus? Abgesehen von Liebe."
„Ich denke, dass eine glückliche Partnerschaft viel mit Vertrauen zu tun hat. Ohne Vertrauen wirst du dich deinem Partner nie nahe fühlen. Du kannst dich nicht gut in seine Lage versetzten und wirst nicht genug Verständnis für seine Sicht der Dinge aufbringen können. Also Vertrauen. Sowohl in dich selbst, als auch in deinen Partner." Ein breites Lächeln erhellte seine Züge und ich blinzelte überrascht. Seine Worte gaben mir Hoffnung, sie waren so bedeutsam und voller Ernsthaftigkeit, dass ich ohne zu zögern an sie glaubte.
„Danke Hyung."
„Du musst mir nicht danken Jisung. Ich bin gerne für dich da, wenn du reden willst oder einen Rat brauchst."
„Genau dafür danke ich dir ja." Schon wieder lächelte ich und es fühlte sich langsam sogar normal an. Trotz der skurrilen Umstände, hatte ich in den letzten beiden Tagen zwei neue Freunde gefunden. Zwei Menschen, die sich beide um mein Wohl sorgten und mir mit ihrem Rat und ihrem Mut zur Seite standen. Am Ende würde die Auswahl, mit den richtigen Menschen an meiner Seite sogar eine recht ertragbare Zeit werden.
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The Earl and the Prince | Minsung
FanfictionWelcher Mensch kann schon von sich selbst behaupten, frei zu sein? Ich war es ganz sicher nicht. Problematisch war nur, dass ich nicht einmal wusste, wie ich meine Pflichten erfüllen sollte. Die Worte, die mir im Zusammenhang mit meinen Pflichten st...