Die Harmonie von Aquamarin und Saphir

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Heute war es also so weit. Mein erster Gedanke nach dem Aufstehen. Heute war der Erste von vielen qualvollen Tagen und am Ende dieser möglicherweise recht langen Zeit, würde ich eine Ehefrau oder einen Ehemann haben. Ja ihr habt schon richtig verstanden. In unserer Gesellschaft waren Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen weder verhasst noch nicht geduldet. Vielmehr wurde es in höchstem Maße toleriert und wertgeschätzt. Da sollte doch mal einer sagen, unsere Gesellschaft sei altertümlich. Doch was nützte diese Toleranz, wenn man dennoch durch viel perfidere Methoden dazu gebracht wurde, sich der gesellschaftlichen Norm anzupassen. Auf der einen Seite wurden Gleichberechtigung und Respekt gepredigt, auf der anderen Seite ließ man jungen Menschen noch nicht einmal die Freiheit aus Liebe zu heiraten.

Liebe. Noch ein weiteres Thema, von dem ich keinen blassen Schimmer hatte. In wen oder wo sollte ich mich auch verlieben? Meine Eltern hatten für mich mein Leben bis zu diesem Zeitpunkt bestimmt. Sie hatten dafür gesorgt, dass ich vollkommen unvorbereitet auf die Liebe und auf eine Ehe war.

Was hätten sie mir auch beibringen sollen? Man konnte wirklich schlecht erklären, wie man sich in eine Person verliebt. Schließlich waren Gefühle und das Herz nicht steuerbar. Dennoch wusste ich auch nicht, was mich erwarten würde, wäre ich erst einmal mit meinem zukünftigen Partner verheiratet. Wie verhielten sich Ehepaare? Was taten sie? Ich wusste es nicht. Und dies war ein Zustand, der mir wirklich Angst bereitete. Wer eine Situation nicht einzuschätzen wusste, konnte nicht entsprechend vernünftig handeln. Aber es sollte doch nichts schief gehen! Ich wollte nicht, dass falsche Entscheidungen den Ruin meines Lebens nach sich ziehen würden.

Eine kleine Träne rann über meine Wange und ich schluckte. Mein Hals fühlte sich furchtbar eng an. Ich glaubte, keine Luft mehr zu bekommen und meine Tränen wurden immer zahlreicher. Ach verdammt! Schnell wischte ich mir die nassen Spuren aus dem Gesicht und setzte mich auf. Egal was passieren würde, aufgeben war keine Option!

Hastig griff ich nach meinem Hemd und streifte es mir über.

Niemand würde mich je so schwach und verletzlich sehen! Diese Schwäche durfte ich mir nicht anmerken lassen, schon gar nicht bei dem heutigen Ball und vor dem Königspaar.

Nachdem ich mir endlich die passende Kleidung zusammengesucht hatte ging ich zum Speisesaal. Von dort wehten mir bereits die fröhlichen Stimmen meiner beiden jüngsten Geschwister entgegen. Jinsol und Yves waren beide 14 und somit vorerst sicher vor der Auswahl.

Mit einem aufgesetzten Lächeln betrat ich den Saal und blickte zu meinen Eltern und meinen jüngeren Geschwistern. So gut wie jeder schenkte mir einen freundliche Blick zurück und meine Mutter bedachte mich mit einem „guten Morgen Jisung". Tia für sie war der Tag ja scheinbar gut, aber lassen wir das.

Also auf in den Kampf! Mit gestrafften Schultern und meinem eingemeißelten Lächeln trat ich an den Tisch und setzte mich. Hunger hatte ich zwar nicht, doch sollte ich später deshalb ins Wanken geraten oder sogar umkippen, könnte ich es mir selbst nicht verzeihen. Also belegte ich mir ein Brötchen und kaute ein wenig widerwillig darauf herum.

„Ich werde nachher mit dir deine Kleidung für den Ball aussuchen, zwar hast du einen guten Geschmack, aber heute muss wirklich alles stimmen." Unterbrach meine Mutter die Stille am Tisch und blickte mich prüfend an. Ich nickte einfach und versuchte nebenbei das Brötchen herunterzuwürgen.

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„Du siehst wirklich großartig aus. Marineblau steht dir ganz hervorragend. Ich denke, du solltest heute die Familienerbstücke tragen." Meine Mutter zupfte an meinem Anzug herum und drehte sich zu einer unserer Angestellten um, die ihr eine edle Schatulle mit den gewünschten Schmuckstücken reichte.

In der Schatulle befanden sich Ohrringe und ein Collier, dass ich natürlich nicht tragen musste. Doch für die männliche Seite gab es ebenfalls ein paar hübsche Armreifen oder einfach Ringe. Meine Mutter blickte suchend über die Schmuckstücke und lächelte dann zufrieden. Mit geschickten Fingern klaubte sie zwei Ringe aus dem Schmuckkästchen.

Sie hielt sie mir hin und ich betrachtete sie kurz. Der eine war eindeutig ein Saphir, groß und tiefblau. Den anderen Ring hingegen zierten mehrere kleine hellblaue Steine, die an manchen Stellen schon fast weiß wirkten.

„Das ist Aquamarin. Meine Großväter schenkten sie sich gegenseitig zu ihrer Verlobung. Der Aquamarin steht seit jeher für die Liebe und Glück. Vor allem für die Harmonie zwischen allen Dingen. Er ist ein Symbol der Reinheit und Tugend."

Sie strich mir dabei über die Wange und bedachte mich mit einem etwas unsicheren Lächeln. „Der Saphir ist der Stärkere von beiden. Er vereint sowohl die Eigenschaften des Aquamarins in sich, als auch die Fähigkeit den Träger vor Hass und Missgunst zu schützen. Diese Ringe waren für unsere Familie schon immer ein Symbol der Treue und des Friedens."

Die gefühlvollen Worte meiner Mutter ließen mir eher einen kühlen Schauer über den Rücken laufen. Ich sollte also diese Ringe tragen? Vermutlich würden ihre perfekten Eigenschaften direkt auf mich überspringen und mich so erhellen. Wer es glaubt wird selig!

Warum sollte ich so großes Glück bei der Wahl meines Partners haben, wie meine Großväter? Wir waren doch nicht im Paradies. Dies war das Leben und es war ganz sicher nicht so einfach und blumig, wie es in all den Romanen beschrieben wurde, die meine Schwestern so gerne lasen.

Ich biss mir auf die Zunge und schluckte eine Antwort herunter. Stattdessen griff ich nach den Ringen. Der Aquamarin passte perfekt auf meinen rechten Ringfinger, der Saphirring war ein wenig zu groß. Also schob ich ihn über meinen Daumen und betrachtete meine Hände ein wenig nachdenklich. Auch wenn sie mir nicht aus meiner ausweglosen Situation helfen würden, diese Symbolik war ein schöner Gedanke, um das Unvermeidliche ein wenig erträglicher zu machen. Wahrscheinlich akzeptierte man so einfach schneller die Probleme und Hiobsbotschaften des Lebens.

Ich warf einen letzten kritischen Blick in den riesigen Spiegel. Meine hellbraunen Haare waren in perfekte große Wellen frisiert und einige davon fielen mir locker in die Stirn. Die etwas verloren wirkenden braunen Augen blickten mich durch die Scheibe an und ließen meinen Hals erneut enger werden.

Leugnen konnte ich es nicht, ich sah umwerfend aus. Der tiefblaue Stoff schiegte sich eng an meinen Körper und ließ mich dünner erscheinen, als ich war. Ich war ziemlich stolz auf meine langen schlanken Beine und meine doch wirklich annehmbare Figur.

„Du siehst wirklich phantastisch aus Jisung." Jeongin war neben mich getreten und sah mich bewundernd von der Seite an. Auch er trug einen hübschen Anzug, wenn auch etwas schlichter als meiner. Seiner war zwar ebenfalls in einem ähnlichen Blauton, dennoch hatte dieser keine floralen Ornamente. Diese Verzierungen konnte man ganz zart auf meinem Stoff erkennen und sie wurden an einigen Stellen von silbrigen Fäden unterbrochen. Seine schwarzen Haare waren so geteilt, dass man direkt auf seine Stirn sehen konnte, hinter der ein richtiger Dickschädel schlummerte.

„Ich bin mir sicher, alle werden dir zu Füßen liegen Sungie." Mit einem breiten Grinsen umfasste Innie meine Schultern und drückte diese beruhigend.

„Mhm, danke Jeongin." Gerade hatte ich wirklich das Bedürfnis, mich umzudrehen und in seine Arme zu sinken. Ich brauchte Halt und jemanden der mir sagen würde, dass alles gut war. Das meine Welt nicht gerade vor dem Einsturz stand und alles bleiben würde, wie ich es kannte. Mühevoll unterdrückte ich ein Schluchzen und ballte meine Hände fast schon schmerzhaft zusammen. Ich würde stark bleiben!

The Earl and the Prince | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt