Direkt nach seinen Worten ertönten einige Fanfaren und der König und die Königin erhoben sich, um den ersten Tanz des Abends einzuleiten. Elegant reichte die Königin ihrem Mann die Hand und verneigte sich leicht. Ihr Mann ergriff ihre dargebotene Hand und legte seine andere an ihrer Taille ab und drehte sich passend zu den Klängen der Musik. Beide schienen zu schweben und strahlten eine beeindruckende Würde aus. Mein Blick folgte ihnen und ich musste mir eingestehen, dass ich die gesamte Atmosphäre, die über dem Ballsaal lag, als durchaus spannungsvoll und beschwingt empfand. Selbst ich dachte für einen Moment nicht über meine unglücklichen Umstände nach. Ein echtes Lächeln erschien auf meinen Zügen und zu gern hätte ich mitgetanzt.
Eine Hand schob sich in meine und mein kleiner Bruder schien meine Sehnsucht nach Tanzen zu teilen. Ich blickte ihn kurz an und nickte ihm zu, dann zog ich ihn einfach mit mir auf die Tanzfläche. Leichtfüßig bewegten wir uns, ich führte den Jüngeren geschickt durch die verschiedenen Figuren und genoss die Unbeschwertheit, die sich in mir breit machte. Weder achteten wir auf die Umstehenden, noch auf die bewundernden Blicke, die uns folgten.
Tanzen. Eine Leidenschaft, die Jeongin und ich teilten. Da Innie nur ein Jahr jünger war, hatten wir immer zusammen Tanzunterricht bekommen und gemeinsam gelernt. Dementsprechend gut konnten wir uns auch ohne Worte oder Gesten verstehen. Beim Tanzen waren wir immer im Einklang, als wüssten wir genau, wie der andere fühlt und was als nächstes zu tun ist. Erst als die Musik verstummte, bemerkte ich die zahlreichen Augenpaare, die auf uns gerichtet waren. Offenbar hatten nur wir uns neben dem Königspaar auf der Tanzfläche befunden.
Oh nein! So viel Aufmerksamkeit war ganz und gar nicht gut! Doch jetzt einen falschen Schritt zu machen wäre fatal. Gefühlt jeder sah uns an und mir war bewusst, dass jede noch so kleine Schwäche meinerseits einem Scheitern gleichkam. Also zwang ich ein Lächeln auf mein Gesicht und führte Jeongin zurück zu unseren Eltern, die ziemlich stolz aussahen.
Schon begann ein neues Lied zu spielen und ich entspannte meine verkrampfte Haltung, als ich mich umsah und nur noch vereinzelte Blicke in unsere Richtung geworfen wurden. Dafür waren gleich mehrere adlige Familien mit ihren Töchtern und Söhnen auf dem Weg hierher.
Schon gesellte sich die Familie Choi zu uns und ich erblickte die beiden Jungen von gerade eben. Der Silberhaarige wirkte noch immer zurückhaltend, doch sein Bruder hüpfte fröhlich neben ihm her und lächelte mich breit an.
„Hallo ich bin Yeonjun und wie heißt du?"
„Yeonjun! Sei gefälligst höflich." Seine Mutter zog ihn etwas am Ärmel zurück und sah mit entschuldigendem Blick zu uns. „Verzeiht die ungestüme Art meines Sohnes. Ich denke, wir sollten uns vorstellen. Das sind mein ältester Sohn Choi Yeonjun und sein jüngerer Bruder Choi Beomgyu."
Meine Eltern und ich verneigten uns ebenfalls. Ich musste zugeben, Yeonjun erschien mir äußerst witzig, zwar noch sehr unreif, aber er schien Sinn für Humor zu haben und das Leben nicht ganz so dramatisch zu sehen. Sein jüngerer Bruder hingegen war wirklich sehr niedlich und offenbar der Bedachtere von Beiden.
„Ich bin Han Jisung."
Gerade wollte ich noch etwas hinzufügen, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich wandte mich mit einem Lächeln um und blickte in hellbraune Augen.
Lee Felix.
Der Königssohn stand mit einem selbstgefälligen Lächeln vor mir und reichte mir die Hand. Naja das war eigentlich falsch ausgedrückt, er hielt mir seinen Handrücken entgegen und es wirkte so, als sollte ich diesen küssen. Immer noch vollkommen verwirrt von der Situation blickte ich zwischen der Hand und ihrem Besitzer hin und her. Gerade als ich mich entschlossen hatte, mich leicht vorzubeugen und meine guten Sitten zu beweisen, sprach der Junge mich an.
„Ich möchte, dass du mit mir tanzt." Seine Worte klangen so sanft und doch war ich überrascht von seiner tiefen Stimme, sie ließ ein warmes Gefühl in meiner Magengegend entstehen und ich nickte.
Um nicht noch länger wie ein Idiot herumzustehen, griff ich nach der kleinen zierlichen Hand des Jungen und wurde im nächste Augenblick schon auf die Tanzfläche, zu den anderen Paaren gezogen. Felix platzierte seine Hand auf meiner Schulter und legte die andere in meine.
Also würde ich führen. Ok, dann los! Ich würde mich ganz sicher nicht blamieren. Erstaunlicherweise funktionierten die ersten Drehungen perfekt. Langsam entspannte ich mich, da ich feststellte, wie sicher und anmutig der Königssohn sich bewegte. Fast waren seine Tanzkünste mit denen meines kleinen Bruders vergleichbar, doch der Junge mit den weißblonden Haaren vor mir hatte eine etwas feminiere Art sich zu bewegen, geschmeidig wie eine Katze. Ohne Mühe und mit graziler Präzision drehte er sich von mir weg, hielt meine Hand immer noch fest umschlossen und wirbelte sich selbst zurück, um sicher in meinen Armen zu landen, von mir hochgehoben und in einer exakten 180-Grad-Drehung wieder auf dem Boden abgestellt zu werden. Ein schelmisches Lächeln blitzte in seinem Gesicht auf und ich konnte meine Augen einfach nicht von ihm abwenden. Bei genauer Betrachtung erkannte ich unter seinen hell gepuderten Wangen dunklere Punkte. Hatte dieser Junge etwa Sommersprossen? Wie süß! Ok stopp, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihn anzustarren. Stattdessen sollte ich wahrscheinlich ein höfliches Gespräch beginnen, um nicht vollkommen unfreundlich zu wirken.
„Offenbar stehen sich unsere Eltern recht nah. Wie kommt es dann, dass ich weder euch noch eurem Bruder jemals begegnet bin?"
„Ich denke, dass liegt daran, dass Minho und ich unsere Jugend in fremden Ländern verbracht haben. Als Königssohn lebt man nicht gerade sicher, außerdem hatten wir eine Menge zu lernen." Die ruhige Stimme meines Gegenübers schien noch etwas anfügen zu wollen, doch er verstummte.
„Wo genau seid ihr denn gewesen? Seit wann seid ihr zurück?" Ich konnte meine Neugier nicht zügeln und blinzelte kurz verlegen, da ich wirklich sehr direkte Fragen gestellt hatte.
„Frankreich, England, Australien... wir waren an vielen Orten auf dieser Welt und wir sind vor etwas mehr als einer Woche zurückgekehrt. Vater findet es angemessen, dass wir nun auf unsere Pflichten am Hof vorbereitet werden." Ein bitterer Unterton war aus der tiefen Stimme herauszuhören und ich runzelte meine Stirn.
„Ihr scheint nicht sonderlich erfreut über diese Tatsache", stellte ich unumwunden fest und drehte den Jungen vor mir elegant am ausgestreckten Arm.
„Du hast eine bemerkenswert scharfe Beobachtungsgabe, pass auf, dass sie dir nicht zum Verhängnis wird Han Jisung. Aber du hast recht, ich bin nicht erfreut über meine Pflichten. Obwohl ich meinen Bruder da mehr bedauere als mich."
„Möchtest du mir sagen, warum du dich so unwohl fühlst?" Mir waren diese Worte einfach über die Lippen gekommen, schnell grub ich meine Zähne in die Unterlippe und vermied für einen Moment den Augenkontakt zu meinem Tanzpartner. „Entschuldige ich~"
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The Earl and the Prince | Minsung
FanficWelcher Mensch kann schon von sich selbst behaupten, frei zu sein? Ich war es ganz sicher nicht. Problematisch war nur, dass ich nicht einmal wusste, wie ich meine Pflichten erfüllen sollte. Die Worte, die mir im Zusammenhang mit meinen Pflichten st...