Heute war es soweit. Eine atemberaubende Zeremonie, zum Anlass meiner Hochzeit war geplant. Ich hatte in dieser Woche sämtliche Anproben, Dekorations- und Speisebesprechungen über mich ergehen lassen und nur gelächelt und genickt. Warum ich überhaupt dabei gewesen war, fragte ich mich noch immer. Minho hatte sich nicht einmal blicken lassen. Fast war ich ihm dankbar, denn ich wusste nicht, wie ich mich hätte verhalten sollen.
Zwar hatten Jackson und Baekhyun mich am Mittwoch besuchen wollen, doch ich hatte ihnen abgesagt und meinen Hochzeitsstress als Lüge vorgeschoben. Ich hatte nicht den Nerv gehabt, mit irgendwem zu sprechen. Auch ich wusste, dass ich mich immer weiter zurückzog, doch dies schien mir am sinnvollsten, um ja nicht weiter verletzt oder gedemütigt zu werden.
Und jetzt stand ich schon wieder vor dem Spiegel. Ich betrachtete die schwarze enge Hose, die sich fest an meine langen Beine schmiegte. Mein Blick wanderte weiter, zu dem schlichten weißen Hemd und dem roten Samtumhang mit dem schneeweißen Besatz. Der Umhang wurde von einer hübschen Goldkette zusammengehalten und war angenehm warm und weich. Ich trug schwarze, hochgeschnürte Stiefel. Meine braunen Haare waren glatt aber trotzdem irgendwie fluffig. Eine kleine Strähne war heute besonders widerspenstig und fiel mir immer wieder in die Stirn. Noch einmal sah ich prüfend in den Spiegel und strich mir die Strähne zurück hinters Ohr.
Ich konnte es nicht leugnen, ich würde den Prinzen heiraten und somit Teil der Königsfamilie werden. Ich wäre nicht länger nur der Sohn eines Lords, nein ich wäre selbst ein Prinz. Minhos Ehemann.
Ohne Unterlass drehte ich den Diamantring an meinem Finger. In den letzten Tagen hatte ich das häufig getan. Immer wieder hatte ich den funkelnden Stein bewundert und den Ring gedankenverloren gedreht. In manchen Augenblicken war ich kurz davor gewesen, ihn vom Finger zu ziehen und dahin zu werfen, wo ihn keiner je wiederfinden würde. Doch jedes Mal, wenn ich ihn beinahe abgezogen hatte, hatte ich den Diamantring wieder zurückgeschoben, ihn angeblickt und weiter gedreht. Selbst dieser Ring war bereits ein Teil von mir geworden. Ich wusste warum, weil mir Minho wichtig war, weil ich ihn mochte, weil ich ihn liebte.
Tief holte ich Luft und begegnete meinem eigenen Blick im Spiegel. Mein Gesicht war blass, meine Augen schienen jeglichen Glanz verloren zu haben und ich seufzte leise.
Wie sehr ich mir die Tage zurückwünschte, an denen ich einfach auf dem Fenstersims gesessen hatte und die Natur beobachten konnte. Gerade hätte ich alles getan, um diesen scheinbar friedlichen Urzustand zurückzuerlangen.
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Mit langsamen Schritten betrat ich den prachtvollen Dom. Nun musste ich den langen Marmorsäulengang entlanggehen, um zum Altar zu gelangen. Mein Vater lief neben mir und ich hatte meinen Arm auf seinen gelegt. Bis gerade eben war ich seltsam ruhig gewesen. Doch mit dem Betreten der großen Kirche hatte eine gewisse Nervosität und Beunruhigung eingesetzt. Jetzt musste ich wohl oder übel nach vorn blicken. Ich erkannte die vielen Menschen, die sich zu beiden Seiten des Ganges aufgestellt hatten und meiner Hochzeit bewohnen würden. Ich sah Hyunjin, Changbin, Seungmin, Irene und all die anderen. Es schien wirklich so, als habe sich die ganze Stadt hier versammelt. Weiter vorn, kurz vor dem Altar stand meine restliche Familie, auf der anderen Seite die Königin und der König, Felix und schließlich Minho.
Mein kleines Herz zog sich schon wieder zusammen. Egal wie gebrochen und entehrt es war, es schlug kräftiger, als ich den jungen Mann mit den dunklen Haaren vor mir sah. Seine Schönheit und Eleganz erfüllte mich mit Ehrfurcht. Er sah so erhaben und hinreißend aus in seinem Gewand, das dem eines Königs würdig war.
Mein Verstand riet mir zu meiner Flucht, mein Herz zu meiner Hochzeit.
Langsam schritt ich den Gang entlang, hörte das anerkennende Gemurmel und auch einige bewundernde Kommentare. Viele der Gäste blickten neugierig oder sogar gerührt zu mir. Doch immer wieder fiel mein Blick zum Kronprinzen, dieser sah mir entgegen und schien mich genau zu betrachten. Endlich schritt ich an der Königsfamilie vorbei und warf Felix einen kurzen Blick zu. Der Blonde sah ein wenig verzweifelt zwischen mir und seinem Bruder hin und her aber schon war ich an ihm vorüber und mein Vater trat zu Minho. Er hob meine Hand von seinem Arm und reichte sie dem Prinzen. Augenblicklich fand sie in seiner weichen Hand ihren Platz.
Alles funktionierte irgendwie automatisch. Beide schritten wir die wenigen Stufen zu dem wartenden Bischof hinauf und sanken vor ihm nieder. Der dunkelhaarige Prinz ließ meine Hand keinen Moment los. Eher im Gegenteil, der sanfte Druck um meine Hand wurde stärker und ließ mich noch unsicherer werden.
Die Zeremonie begann und mein Herz schlug schon wieder viel zu schnell. Zunächst wurde Minho eine kleine Krone aufs Haupt gesetzt, um für alle sichtbar zu machen, dass er der Kronprinz ist, der einmal das Land regieren würde.
Gleich danach begann der Bischof mit seiner Rede. Er sprach viel über unser Land über den Wohlstand und den Frieden den eine royale Ehe mit sich brachte, über Treue und über Liebe. Einige Male hätte ich am liebsten trocken aufgelacht und den Anwesenden erzählt, dass diese Rede wenig mit meiner Realität zu tun hatte, doch ich schwieg und konzentrierte mich auf die weiche Hand, die die meine umschloss.
„Sie dürfen sich nun beide erheben." Vorsichtig stand ich auf und drehte mich so, dass ich Minho direkt ansehen konnte. Ich wusste, was nun folgen würde. Der Geistliche wandte sich dem Prinzen zu und sprach mit feierlicher Stimme. „Als Zeichen eurer ewigen Verbindung und Treue dürfen sie ihrem zukünftigen Gemahl nun den Ring anstecken. Somit willigen sie ebenfalls ein, ihren Mann zum Prinzgemahl zu erheben und später gemeinsam mit ihm dieses Reich zu regieren." Mein Gegenüber sah mich direkt an, schien meinen Blick gefangen zu nehmen und hob dann unsere immer noch verbundenen Hände an. Dann löste er unseren Blickkontakt und nahm einen Ring von einem kleinen roten Samtkissen. Unbewusst spreizte ich meine Finger ein wenig und sah gebannt zu, wie mir der Ehering angesteckt wurde. Dieser war viel schlichter, als der Verlobungsring. Er war aus glänzendem Gold und er zeigte das Wappen von Minhos Familie, einen springenden Leopard. Minho hatte meine Hand erneut ganz sanft umfasst und betrachtete nun den Ring. Er wollte die andere Hand bereits wieder sinken lassen, als ich mich an die Worte meiner Mutter erinnerte. Ich entwand meine Hand seinem Griff, zog mir den etwas zu großen Saphirring vom Daumen und legte meine Hand unter seine, um auch ihm den Ring überstreifen zu können. Als der Ältere offenbar verstand, was ich vorhatte, spreizte er seine Finger und beobachtete gebannt, wie ich ihm den Saphirring ansteckte. Erstaunlicherweise passte ihm dieser perfekt und ein kurzer Schauer überlief mich, als ich den Ring an seinen Platz schob. Einen Moment lang verharrten wir so, dann sah ich zu ihm auf und erneut konnte ich in seinen Augen diese widersprüchlichen Emotionen sehen, diesmal glaubte ich Reue und Schmerz zu erkennen. Schnell wandte ich mich ab, um nicht erneut zu hinterfragen, was eigentlich los war.
Anschließend wurde auch mir eine kleine Krone aufs Haupt gesetzt. Damit war ich nun offiziell der Gemahl des zukünftigen Königs. Die Krone war zwar unglaublich elegant und eher filigran, doch trotzdem ziemlich schwer. Es fühlte sich ein wenig seltsam an, doch ich hob meinen Kopf und trat wieder neben Minho. Diesmal hielt er mir seinen Arm entgegen und zaghaft legte ich meinen auf diesen.
Gemeinsam schritten wir nun durch den Säulengang nach vorne zum Domeingang. Da ich mich erneut ein wenig unsicher fühlte, hatte ich meine Hand von oben fester um Minhos geschlossen.
Die großen Türen schwangen auf und wir stiegen die unzähligen Stufen zum Vorplatz hinab, um uns dem Volk zu präsentieren.
Lauter Jubel brandete uns entgegen und ich errötete. Diese Aufmerksamkeit und all der Trubel überwältigten mich für einen Augenblick. Diese Menschen waren wirklich alle gekommen, um den Kronprinzen und mich zu sehen, uns zuzujubeln und Glückwünsche zu rufen.
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The Earl and the Prince | Minsung
FanficWelcher Mensch kann schon von sich selbst behaupten, frei zu sein? Ich war es ganz sicher nicht. Problematisch war nur, dass ich nicht einmal wusste, wie ich meine Pflichten erfüllen sollte. Die Worte, die mir im Zusammenhang mit meinen Pflichten st...