TW: explizite Erwähnung körperlicher und seelischer Gewalt, Andeutung sexualisierter Gewalt
Jisungs Pov:
Ich war verdammt müde und immer wieder fielen mir die Augen zu. Doch jedes Mal, wenn ich eindöste, schreckte ich Sekunden später wieder auf und sah erneut in das triumphierende Gesicht meines Feindes.
Er war die ganze Nacht lang bei mir geblieben, hatte mir belanglose Geschichten erzählt und versucht, mich mit seinen Worten aus der Fassung zu bringen. Seine endlosen Monologe hätten mich wahrscheinlich einschlafen lassen, doch irgendwann, zu späterer Stunde war er dazu übergegangen, mich anzufassen. Das erste Mal, als er über die Vorlieben meines Prinzen gesprochen hatte. Aber danach war es häufiger vorgekommen. Er hatte meine Oberschenkel entlanggestrichen oder seinen Blick über meinen Körper gleiten lassen. Davon war ich so verstört und angewidert, dass ich mich nicht mal traute, einzuschlafen.
Auch wenn es wahrscheinlich nur eine Taktik sein sollte, um mich zu verängstigen, so hatte es doch weitgehend funktioniert.
Vor zehn Minuten hatte er mir schließlich befohlen, aufzustehen. Dann hatte er mir gedroht, keine unnötigen und dummen Fluchtversuche zu machen, mir den Dolch an die Kehle gedrückt und mich zu irgendeinem Lager geschleppt, dass nur wenige Straßen weiter unten am Fluss lag.
Jetzt saßen wir in einem großen, leeren Raum. Die zwei Kisten, auf denen wir uns niedergelassen hatten, waren wirklich das Einzige, was sich in diesem Raum befand. Yoon-woo hatte mehrere Wachen mitgenommen, die er gleich nach der Ankunft hier, zum Sichern der Eingänge abkommandiert hatte. Nur eine weitere Wache befand sich noch bei uns. Diese lehnte an der Wand, ein paar Meter entfernt und schien auf jedes fremde Geräusch zu lauschen. Ansonsten wirkte sie vollkommen unbeteiligt.
Gerade sank mein Kopf wieder herab, ich stützte ihn auf meine Handflächen und döste vor mich hin.
„Du bist ja offensichtlich ziemlich müde. Schade, so gesprächig hast du mir irgendwie besser gefallen. Aber vielleicht kann ich dich trotzdem zu ein wenig Kommunikation bewegen, sonst wird es mir einfach zu langweilig." Yoon-woo zog seine Kiste noch näher zu mir und fast berührten sich unsere Knie. So schnell wie möglich, versuchte ich, den Abstand zwischen uns zu vergrößern und wurde schlagartig wieder wach. Ich rutschte auf der kleinen Holzkiste weiter nach hinten, prüfte kurz den Abstand zwischen unseren Beinen und wollte schon wieder apathisch in die andere Richtung starren, als er mich erneut ansprach.
„Was denkst du, wie lange wird dein kleiner Prinz noch brauchen, um uns hier zu finden?"
Sofort schoss mein Blick wieder zu ihm und die Panik spülte den letzten Rest meiner Müdigkeit davon.
Was hatte er hier geplant? War dies nun die Falle, in die Minho laufen sollte? Das durfte nicht passieren!
Fieberhaft überlegte ich, ob ich es wagen sollte, wegzurennen.
Ob ich Woo überraschen konnte und dann auch an der Wache vorbeigelangen konnte? Kurz schätzte ich den Fluchtweg ab. Das nächste Mal, wenn die Wache sich wegdrehte, war vielleicht eine Chance...„Willst du das wirklich riskieren?"
Ich blickte kurz zu meinem Feind und legte den Kopf schief.
„Einen Fluchtversuch. Willst du einen riskieren?"
Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. Warum hatte ich nur so auffällig nachsehen müssen? Jeder Trottel hätte meine Blicke durchschaut.
„Na, wie auch immer... erzähl mir was Schönes. Dann vergeht die Zeit ein bisschen schneller." Seine Augen funkelten schon wieder so hinterhältig und ich sah bedrückt auf den Boden. Ich schwieg einfach, da ich nicht wusste, was ich ihm mitteilen sollte.
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The Earl and the Prince | Minsung
Hayran KurguWelcher Mensch kann schon von sich selbst behaupten, frei zu sein? Ich war es ganz sicher nicht. Problematisch war nur, dass ich nicht einmal wusste, wie ich meine Pflichten erfüllen sollte. Die Worte, die mir im Zusammenhang mit meinen Pflichten st...