The Earl and the Prince | Minsung

Dunkelheit

Triggerwarnung: explizite Erwähnung körperlicher und seelischer Gewalt

Jisungs Pov:

Ich öffnete meine Augen, doch alles was ich sah, war Schwärze. Nichts. Kurz blinzelte ich und hoffte, ich würde nun mehr sehen, doch vergeblich. Alles blieb schwarz. Dann auf einmal fluteten die Erinnerungen meinen Kopf. Jeongin. Die Bibliothek. Der Mann mit dem Messer und schließlich die Stimme.

Eine eisige Kälte breitete sich in mir aus, als ich jetzt endlich verstand, was passiert sein musste. Man hatte mich entführt und gerade fiel mir nur eine Person ein, die das getan haben könnte. Hoffentlich irrte ich mich...

Mein Herz schlug viel zu schnell und zu unregelmäßig gegen meine Brust und mir war schwindelig.

Was war mit Jeongin? Ging es ihm gut? Hielt man ihn auch gefangen? Was würde jetzt weiter mit mir passieren? Doch dann drängte sich  eine viel wichtigere Frage in den Vordergrund. Minho! Wie ging es Minho? Sicher war er krank vor Sorge. Er würde sich selbst wieder die Schuld geben. Hoffentlich tat er in seiner Verzweiflung nichts Unüberlegtes.

Bei meinem ersten Versuch aufzustehen, stellte ich fest, dass mein Kopf schrecklich weh tat, genauso wie die Seite, auf der ich die ganze Zeit gelegen haben musste.

Wie spät war es eigentlich?

Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. Der Raum, in dem ich mich befand, war nicht besonders groß. Es gab keine Fenster und die Tür war massiv und fest verschlossen. Dies hatte ich nach einem kurzen Erkundungsgang festgestellt, bei dem ich stets bemüht war, alles was ich wahrnahm irgendwie für einen Fluchtversuch nutzen zu können. Die Mauern der Wand waren glatt und boten keine Möglichkeit, beispielsweise einen Stein herauszulösen und meinen Gegner damit anzugreifen. Zusätzlich begann ich zu frieren. Also musste ich wohl in einem Keller sein. Draußen war es Sommer und nicht mal in der Nacht war es so kalt, wie gerade eben. Ich hockte mich auf den Boden, zog die Beine an den Körper und ließ das Kinn auf die Knie sinken.

Hatte ich überhaupt eine Chance hier herauszukommen?

Wenn mich wirklich Yoon-woo gefangen hielt, wäre es ihm doch sicher egal, ob ich hier verrottete oder nicht. Wollte er mich tatsächlich sterben lassen nur, um sich an Minho zu rächen? Was hatte er nun mit mir vor?

Am besten sollte ich alle wichtigen Fakten, die ich zu ihm hatte, noch einmal durchgehen. Also zuerst einmal war er uns offensichtlich einen Schritt voraus gewesen. Ob er unsere List erkannt hatte oder sein eigener Plan einfach schneller und spontaner war, wusste ich nicht. Doch vermutlich hatte er uns schon länger beobachtet. Vielleicht hatte er auch den Boten, der die Nachrichten zwischen mir und Innie überbracht hatte, abgefangen und benutzt.

Die nächsten dreißig Minuten brachte ich damit zu, mir den Kopf zu zerbrechen, weshalb all unsere Vorsichtsmaßnahmen versagt hatten. Schließlich hatte sich Minho stets von mir ferngehalten, hatte sich bemüht nicht zu zeigen, wie viel ich ihm bedeutete. Wir alle waren nie ein unnötiges Risiko eingegangen.

Also... woher wusste er es? Welches Detail hatten wir übersehen?

Auf einmal ertönten Schritte vor der Tür, sie wurden immer lauter und verharrten dann vor meiner Zellentür. Mein Herzschlag beschleunigte sich und das Adrenalin schoss durch meinen Körper. Ich sprang auf und machte mich bereit, den Hineinkommenden anzugreifen, ihn mit all meiner Kraft zu überraschen und möglicherweise fliehen zu können.

Ein Schlüssel wurde ins Schloss geschoben und ein leises Klicken ertönte. Mein Körper spannte sich noch stärker an und ich fokussierte die Tür. Dann wurde sie mit viel Schwung aufgestoßen, sodass sie an der Wand anstieß. Ich blinzelte kurz und dann sprang ich nach vorn. Ohne zu zögern, stürzte ich mich auf den Mann im Türrahmen und wollte ihm meine Faust ins Gesicht schlagen. Doch er fing die Hand geschickt ab, verdrehte meinen Arm und schleuderte mich mit einer solchen Kraft zurück, dass ich mit einem heftigen Aufprall auf dem Boden landete. Schmerz fuhr durch meinen linken Arm und mein Knie, auf dem ich aufgekommen war.