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Poppy saß auf Kaz' Bett und las ein Buch. Er legte den Kopf zurück und ließ das Buch offen auf seinem Bauch ruhen. Seine Augen waren schwer geworden und die Buchstaben auf dem Papier hatten angefangen zu verschwimmen - kein Wunder, schließlich waren es auch schon 23:30 Uhr. Kaz saß an seinem Schreibtisch, immer noch in seinem Anzug. Sein Jackett hatte er sorgsam über die Stuhllehne gehangen. Vor ihm waren Stapel an Blättern verteilt, die er durcharbeitete, unterschrieb oder sich Notizen machte. Er hatte das Bein ausgestreckt, saß aber ansonsten kerzengerade da.
Seufzend rieb sich Poppy die Augen. Anders als sein eigenes Zimmer, war Kaz' komplette Etage schlicht und praktikabel eingerichtet. Er hatte keinen Wert auf Deko gelegt. Bis auf die Karte und ein Ölgemälde, welches er einmal von Van Eck gestohlen hatte, nur um zu beweisen, dass er es konnte, hing nichts an den Wänden. Alles war in Schwarz- oder Brauntönen gehalten und das kaum vorhandene Licht ließ den Raum nicht gerade besser wirken. Ein einzelnes Bücherregal stand in einer Ecke, mit wenigen, ordentlich - vermutlich Alphabetisch geordnet, so wie Poppy Kaz kannte - eingeräumten Büchern. Allerdings musste Poppy zugeben, dass Kaz' Bett äußerst bequem war.
Vor ein paar Wochen war Poppy das erste Mal in Kaz' Räumlichkeiten gekommen. Kaz hatte zwar irgendetwas von Privatsphäre und Arbeit gemurmelt, ihn jedoch nicht weggeschickt oder gegen seine darauf folgenden, sich häufenden Besuche protestiert.
Poppy schielte rüber zu Kaz, welcher gerade mit einem Stift auf einem Dokument rumkrizelte und sich konzertiert auf die Unterlippe biss. Er stand auf, fuhr sich durch die Haare, griff nach einem Stapel unterlagen und fing dann erneut an etwas aufzuschreiben, diesmal blieb er stehen.
"Sag mir nochmal woran du arbeitest." Poppy drehte sich auf die Seite, ließ das Buch dabei ungeachtet aufs Bett fallen und stütze seinen Kopf mit seinem rechtem Arm.
Ohne sein Handeln zu unterbrechen antwortete Kaz Poppy: "Ich trage die Finanzen neu ein, weil sich rausstellt, dass Jesper ein grauenhaftes Verständnis für Mathe hat und plane nebenbei einen Raubüberfall."Poppy nickte verstehend, auch wenn Kaz nicht zu ihm sah. "Und du? Liest dieses unnötige Buch?" unterbrach Kaz plötzlich die Stille, erneut ohne von seinen Dokumenten aufzusehen.
Poppy zog die Augenbrauen zusammen. "Wenn du damit andeuten willst, dass ich meine Zeit hier mit dir verschwende und lieber gehen soll, dann schick mich weg!"Kaz fuchtelte, mit einem Dokument in der Hand, in der Luft herum. "Nein, nein. Ich versuche nur rauszufinden, was so langweilig ist, dass du eben eingeschlafen bist."
Beleidigt setzte Poppy sich auf und schlug die Beine übereinander, wobei er aus Versehen das Buch auf den Boden warf. "Ich hab nicht geschlafen!"
"Natürlich nicht. Und Jesper hat, wie er es versprochen hatte, sich ordentlich um die Finanzen gekümmert." Noch immer hatte Kaz Poppy den Rücken zugedreht, weshalb dieser auch nicht sah, wie Kaz ein leichtes Schmunzeln über die Lippen huschte.
"Du bist ein Lügner, Kaz Brekker."Kaz antwortete nicht und widmete sich weiter seiner Arbeit, so wie er es eigentlich immer tat. Stumm beobachtete Poppy Kaz bei der Arbeit, wie er sich immer wieder durch die Haare fuhr, Dokumente von rechts nach links schob und seine Unterschrift setzte. Nach einiger Zeit war Kaz zurück hinter seinen Schreibtisch, zurück auf seinen Stuhl gehumpelt. Poppy stellte fest, dass dessen Humpeln um diese Uhrzeit viel schlimmer war als sonst und er fragte sich plötzlich, wann Kaz das letzte Mal geschlafen hatte. "Kaz?" Er wartete nicht, bis er eine Reaktion von ihm bekam. "Wann hast du das letzte Mal so richtig geschlafen?"
Irritiert von der Frage sah Kaz eine Sekunde zu ihm, bevor sein Blick wieder zu den Zahlen und Worten wanderte. "Weiß nicht. Ist das wichtig?"
"Du solltest schlafen. Das da kannst du auch morgen erledigen."
Obwohl Kaz Poppy nicht einmal ansah, konnte Poppy seinen brennenden Blick spüren. "Vielleicht sollte ich dich doch rauswerfen." knurrte Kaz.
Beschwichtigend hob Poppy die Hände. Eine Diskussion mit Kaz würde nichts bringen, also versuchte er es erst gar nicht. Poppy hob sein Buch vom Boden auf und setzte sein Lesen fort. Als er das nächste Mal aufsah, lag Kaz mit dem Kopf zwischen den Papierstapeln und schnarchte leise. Poppy schmunzelte, stand auf und legte vorsichtig seine Weste über Kaz' Schultern, bevor er ihm einmal durch die Haare fuhr. "Den Schlaf hast du dringend nötig." flüsterte er, bevor er ihm einen Kuss zu hauchte und dann ebenfalls schlafen ging.

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Six of Crows Oneshots
Fanfic@idcishipit06 und ich schreiben dieses Buch zusammen. Verschiedene Shippings aus Six of Crows und Shadow and Bone (vor allem Jesper x Wylan und Kaz x Poppy). Wir verarbeiten hier in diesen Oneshots all unsere Traumen, Lebenskrisen und sonstigen Pro...