Asleep

3.1K 76 22
                                    

Wörter: 1179

Wylan pov

Ich gehe weit hinter Kaz und neben Jesper die Straßen des Barrels entlang. Schon immer hatte ich Probleme mit Kaz' langen Schritten mitzuhalten, aber der Tag war lang und der Auftrag wirklich anstrengend. Ich habe keine Ahnung, wie Kaz es schafft, immer noch so viel Energie zu haben. Jesper würde locker mit ihm mithalten können, aber ich schlafe bei jedem Schritt fast ein so müde bin ich.

"Kaz!" höre ich Jesper rufen. "Was?" knurrt er. "Renn nicht so! Wir können den Kleinen nicht mitten in der Nacht einfach so in einer dunklen Gasse im Barrel zurücklassen! Außerdem ist es nicht gut für dein Bein!" "Er muss sich daran gewöhnen, mitzuhalten! Und ich komme sehr gut klar." Ich reibe mir die Augen und versuche mich zu konzentrieren. Ich laufe schneller, um ein wenig des Abstands zu Kaz aufzuholen. Jesper hält mich fest. Verwundert sehe ich ihn an: "Jesper, wir müssen-" "Ich weiß. Komm her, kletter auf meinen Rücken." Er geht vor mir leicht in die Hocke. Unsicher klettere ich auf seinen Rücken. Er greift um meine Oberschenkel und hebt mich hoch.

Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken. Jesper rennt die wenigen Meter zu Kaz und geht dann neben ihm her, hält problemlos mit ihm Schritt. "Hast du-" Kaz bricht seine Frage ab, als er mich auf Jespers Rücken liegen sieht. "Wirklich?" fragt er und ich bin nicht wirklich sicher, ob er genervt ist. Jesper sieht Kaz genervt an: "Du hast ihn als Sicherheit aufgenommen. Ich pass nur auf ihn auf." "Ich gebe zu, dass du ihn babysitten solltest. Aber keiner hat dich darum gebeten, ihm die Zunge in den Hals oder den Schwanz in den Arsch zu stecken." Ich drehe mein Gesicht von Kaz weg, schäme mich.

Mit einem leichten Ruck hebt er mich wieder höher, da ich nach unten gerutscht bin. "Bring ihn einfach ins Bett. Beeil dich, ich brauch dich später noch für etwas." "Okay." 

~*~*~

Jesper pov

Ich lege Wylan vorsichtig auf dem Bett ab, setze mich neben ihn. Sanft befreie ich ihn aus der Jacke und räume seine Tasche weg. Dann gehe ich zu ihm zurück. Als ich ihn zudecken und mich verabschieden will, weil Kaz mich ja nochmal braucht, krabbelt er im Halbschlaf auf meinen Schoß. Er legt den Kopf auf meine Beine, schlingt seine Arme um mich. Dann ist er auch schon fest eingeschlafen. Ich ziehe die Decke über den kleinen Körper.

Was mache ich denn jetzt? Kaz wird mich umbringen, wenn ich ihn nicht in einer halben Stunde im Krähen Club treffe. Aber wenn ich aufstehe wird Wylan aufwachen und das will ich nicht. Er braucht den Schlaf. Und er sieht so süß aus. Seine wuscheligen Haare fallen in sein Gesicht und er hat die Augen entspannt geschlossen. Schon jetzt entspannt ihn der Schlaf unglaublich doll. Seine Lippen sind leicht geöffnet und er atmet leise. Mein Bein beginnt schnell zu wippen.

Nein, nicht jetzt! Mit der Hand drücke ich es beinahe gewaltsam nach unten. Das ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für mein ADHS. Ich kann jetzt wirklich nicht hippelig werden. Das wird Wylan genauso wecken. Ich streiche über den Griff meiner Pistole an meiner linken Seite. Dann beginne ich leicht darauf herum zu trommeln. Allerdings gibt das Treffen meiner Fingernägel auf das Perlmutt ein Ticken von sich. Sofort höre ich auf. Zwar schläft Wylan wahrscheinlich sehr fest, aber trotzdem habe ich Angst ihn zu wecken.

Ich presse meine Füße auf den Boden, um nicht wieder mit den Beinen zu wippen. Ich habe noch ein bisschen Zeit und Kaz weiß eh, dass ich nicht pünktlich kommen werde. Vielleicht wird Wylan sich noch anders hinlegen. Ich beginne an meinen Fingernägeln zu kauen, um nicht laut zu sein und mein ADHS wenigstens ein bisschen im Griff zu halten.

Als ich meine Fingernägel fertig abgekaut habe, beginne ich meine Lippe aufzubeißen. Wylan bewegt sich keinen Millimeter, schmiegt sich einfach an meinen Körper. Er wackelt leicht mit der Nase und gibt ein unglückliches Brummen von sich. Ich blicke ihn genauer an. Eine der orangenen Strähnen ist in sein Gesicht gerutscht und scheint ihn an der Nase zu kitzeln. Lächelnd streiche ich sie zur Seite. 

Warm.
Weich.
Seidig.
Schön.

Ich lächle und lasse meine Hand erneut durch sein Haar fahren. Ich liebe das Gefühl seiner weichen Haare zwischen meinen Fingern. Ich fahre mit der Hand durch seine Haare, kraule ihn wickle die Strähnen vorsichtig um meine Finger.

Ich entspanne mich, lockere meinen angespannten Kiefer und höre auf meine Füße auf den Boden zu pressen. Meine Finger wandern durch die Strähnen und ich sehe ihn liebevoll an.

Kaz und mein ADHS sind vollkommen vergessen, ich konzentriere mich nur auf den kleinen Körper auf meinem Schoß.

~*~*~

Die Tür zu meinem Zimmer wird aufgerissen. "Fahey, ich werde dich-" "Shh~!" zische ich erschrocken. "Du wagst es mich anzushhn?!" knurrt Kaz wütend. Ich deute auf meinen Schoß, wo der Kleine schläft. Kaz senkt den Blick auf ihn.

Eigentlich ist es sinnlos ihm das zu zeigen. Es ist schließlich Kaz. Es wird ihn einen Scheiß interessieren, dass mein Freund auf meinem Schoß eingeschlafen ist. Für sowas hat ein Kaz Brekker kein Verständnis.

Dachte ich...

Kaz sieht den Kleinen eine Weile an. Dann fokussiert er meine Hand, die auf seinem Kopf liegt. Sein Blick streicht zu meinen Beinen, die sonst immer hippelig auf und ab wippen, und dann zurück zu meiner Hand.

"Wir reden morgen." sagt er mit gedämpfter Stimme, dann dreht er sich um und verlässt das Zimmer wieder. So verständnisvoll habe ich ihn noch nie gesehen!

~*~*~

Ich lehne mit den Schulterblättern und dem Hinterkopf an der Wand, meine Hände noch immer in Wylans Haaren. Plötzlich spüre ich, wie er den Kopf hebt. Sofort öffne ich die Augen, die ich entspannt geschlossen hatte, und setze mich auf, ziehe die Hände zurück. Wylan hat sich aufgesetzt und reibt sich die Augen.

Ich beiße mir unsicher auf die Unterlippe. "Tut mir leid..." nuschle ich und kratze mich am Nacken. "Was?" murmelt Wylan noch immer verschlafen. "I-Ich wollte dich nicht wecken."

Fuck! Ich habe es so lange geschafft, ihn ruhig schlafen zu lassen, sich auszuruhen und jetzt... Jetzt habe ich ihn doch geweckt! Scheiße!

"Was? Jes, du hast mich nicht geweckt. Ich hab einfach ausgeschlafen." Ich ignoriere den Spitznamen, der mich eigentlich immer zum Grinsen bringt, weil er aus seinem Mund besonders schön klingt, und sehe schüchtern nach unten: "Hab ich wirklich nicht?" "Nein! Warte- Hast du die ganze Nacht einfach so da gesessen und gewartet, dass ich aufwache?" "Ich wollte dich nicht wecken." sage ich und zucke mit den Schultern. "Aber Jes... Und was ist mit deinem ADHS?" Ich ziehe die Schultern hoch und lächle leicht.

Wylan grinst. "Danke, Jes." Jetzt muss ich doch grinsen. Wylan lacht leicht und drückt mir einen liebevollen Kuss auf die Lippen. Dann steht er auf und wuschelt sich durch die Haare: "Komm, wir machen einen Spaziergang. Für deine Verhältnisse hast du viel zu lange still gesessen. Ich schulde dir ein Frühstück. Und danach kannst du Kaz suchen und mit ihm reden."

Hand in Hand verlassen wir den Verhau und gehen durch die Straßen des Barrel. 

Six of Crows OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt