Sugar Daddy

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Wörter: 896

Poppy wanderte durch die Straßen Ketterdams. Für Ketterdams Verhältnisse war ungewöhnlich schönes Wetter, was er nutzte um die besten Waffeln der Stadt - welche recht weit von ihm weg waren - zu kaufen.

Auf dem Weg dort hin kam er an einigen Geschäften vorbei. In einem der Schaufenster hing ein wunderschönes babyblaues Tüllkleid. Er stoppte. Wie gerne würde er dieses Kleid tragen, aber er wusste, dass er es sich eigentlich nicht leisten konnte - diesen Monat waren die Einnahmen knapp gewesen. Er seufzte und beschloss, dass anprobieren niemandem wehtun konnte.

Kaz stand in dem Laden und suchte nach einem neuen Anzug. Sein letzter war während einer Mission beschädigt worden. Er hasste einkaufen, empfand es als Zeitverschwendung.

Er sah wie ein dunkelhäutiger Mann ein Kleid vom Ständer nahm und damit in die Umkleide ging. Kaz stoppte. Irgendetwas gefiel ihm an dem Mann. Er machte sich eine Notiz, dass er später Inej beauftragen wolle, ihm nachzuspionieren. Warum sollte er seine Reichweite nicht eigennützig gebrauchen?

Kaz zögerte einen Moment, setzte sich dann aber doch auf einen Hocker vor der Umkleide. Er musste sein Bein sowieso nochmal ausstrecken, er hatte heute noch kein einziges mal gesessen, und wenn er dabei den anderen beobachten konnte, war das ein zusätzlicher Pluspunkt.

Er hatte nicht lange warten müssen, bis Poppy aus der Umkleide trat, diesmal mit dem schönen Kleid am Leib. Kaz musterte ihn und musste zugegeben, dass sein Gegenüber äußerst attraktiv war. Für den Gedanken hätte Kaz sich am liebsten geohrfeigt. Dirty Hands würde so etwas nicht denken und nicht fühlen! Dirty Hands verliebte sich nicht und erst recht nicht in andere Männer!

Poppy betrachtete sich im Spiegel. Das Kleid war wunderschön, aber leider viel zu teuer. Dafür würde er Monate sparen müssen.

Er spürte Kaz' Blick auf sich, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen. Mit dem Bastard aus dem Barrel legte man sich nicht freiwillig an, erst recht nicht wenn man an seinem Leben hing.

Poppy fragte sich, warum Kaz ihn beobachtete und ob er ihn genauso kannte wie er Kaz kannte. Vermutlich nicht, aber wenn doch, dann war sich Poppy sicher, dass er diesen Laden nicht mehr lebendig verlassen würde. Vielleicht verurteilte Kaz ihn aber auch einfach nur dafür, dass Poppy ein Kleid trug. Jeder wusste, dass Kaz nie ohne einen Anzug zu sehen war, vermutlich war er einfach nur gegen die Vorstellung Männer in Kleidern zu sehen.

Poppy machte sich so viele Gedanken über Kaz, dass er gar nicht bemerkte, wie der Laden Besitzer, ein schon alter Mann, zu ihm rüber kam. Poppy lächelte freundlich, als der Mann neben ihm auftauchte, sein Lächeln sollte aber schnell vergehen.

Mit hochgezogener Augenbraue beobachtete Kaz Karl, den Ladenbesitzer. Er mochte Karl nicht, er war ein Bastard und Kaz hasste es, ihn von seinem Geld profitieren zu lassen, aber leider hatte Karl die besten Anzüge in ganz Ketterdam. Kaz hatte Karls angewiderten Blick dem anderem Mann gegenüber schon von Anfang an gemerkt und er wusste, dass Karl nicht gerade nett zu all seinen Kunden war. Jesper hatte er doppelt soviel für eine Hose als Wylan bezahlen lassen und Kaz fragte sich plötzlich, warum er Karl nicht schon längst getötet hatte.

"Verschwinde aus meinem Laden." zischte der alte Mann und Poppy schritt aus Reflex einen Schritt zurück. Es war für niemanden einfach in Ketterdam, aber für manche war es besonders schwer. Ein guter Überlebensinstinkt war erforderlich.

"Das Kleid kannst du dir sowieso nicht leisten! Abgesehen davon, dass dich so ganz bestimmt keiner haben will. Sieh dich nur an. Was ist nur aus unserer Welt geworden?!"

Poppy presste die Lippen aufeinander. Er wollte den Mann anschreien, aber leider hatte dieser zumindest bei einer Sache recht. Er konnte sich das Kleid nicht leisten. Eine Diskussion würde ihm nichts als Ärger bringen, also beschloss er schweigsam zu gehorchen. Etwas anderes blieb ihm nicht wirklich übrig.

Kaz wusste nicht warum, aber er stand auf, humpelte an Karl vorbei und hielt den fremden Mann vorsichtig am Handgelenk zurück.

"Ich kaufe dir das Kleid und jedes weitere, dass du dir aussuchst."

Poppy starrte Kaz an. Er wusste nicht wie er reagieren sollte. Warum tat Kaz das?

"Los geh schon, die Kleider ziehen sich nicht von alleine Probe an. Erwarte ja nicht, dass ich dir helfe und wenn du noch länger rum stehst und nichts tust, überleg ich es mir anders."

Poppy nickte stumm und verschwand in der Umkleide.

"Aber Mr. Brekker-"

"Karl, sagen Sie, haben sie Kinder?"

Der alte Mann schüttelte den Kopf.

"Jemand Anderes, der diesen Laden erben wird?"

Der Verkäufer wurde blass, schüttelte aber erneut den Kopf.

"Zu schade, Sie haben wirklich gute Anzüge. Wissen Sie, Karl, Inej, eine meiner Krähen, ist religiös und glaubt an so etwas wie ein Leben nach dem Tod. Ich hoffe für Sie, dass sie recht hat und Sie bis in die Unendlichkeit sich an diesen Tag erinnern und ihre Taten bereuen werden."

Der alte Mann verstand nicht ganz was Kaz versuchte ihm zu sagen, aber das war jetzt auch schon egal, denn im nächsten Moment hatte Kaz ihm schon das Genick gebrochen.

Poppy trat gerade aus der Umkleide, als Karl zu Boden fiel. Etwas erschrocken sprang er einen Schritt zurück und stieß dabei eine Vase um.

Sofort drehte Kaz sich zu ihm um und die Kälte verschwand aus seinen Augen. Sie wirkten immer noch emotionslos und ein wenig tot, aber freundlicher, weniger Angst einflößend, als zuvor.

"Also, welche Kleider möchtest du haben?"

Six of Crows OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt