Best Friend

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Wörter: 1526

Kaz kniete vor einem Safe und versuchte, das Schloss zu knacken. Eigentlich war er auf dem besten Weg das Schloss zu knacken. "Kaz, beeil dich!" zischte Jesper, der an der Tür stand und Wache hielt. Kaz ließ sich nicht stressen. Er hatte sich doch nicht aus Langeweile auf so einen blöden Ball begeben. Wenn er sich sowas schon antat, dann würde er sich sicher nicht bei seinem Diebstahl erwischen lassen. Er war schließlich weder dumm, noch ein Anfänger.

Jesper spähte raus auf den Flur. Kaz hatte ihn angewiesen, die Tür nur einen winzigen Spalt aufzulassen - gerade soweit, dass Jesper hinausspähen konnte, ohne dass man von draußen sah, dass die Tür offen war oder man ihn entdecken konnte. "Kaz, da kommt jemand!" Kaz kümmerte sich nicht darum. Er hatte den Safe geknackt und ging die Dokumente nach dem durch, das er suchte.

"Kaz!" zischte Jesper wütend. Er hasste es, wenn er irgendeinen Job hatte, Kaz aber schlussendlich nicht auf ihn hörte. Doch natürlich wusste Kaz, was er tat. Niemand würde sich für sie interessieren sobald sie in diesem Raum waren. Der Ball war das einzige, wo sie auffielen und das obwohl Kaz für passende Kostüme gesorgt hatte.

Der Gastgeber war eh bereits so betrunken, dass er nichts mehr mitbekam. Außerdem schien er vergessen zu haben, dass er in Ketterdam lebte. Seine Sicherheitsmaßnahmen waren ein Witz. Niemand achtete auf sein Büro und obwohl es abgeschlossen war, war es ein leichtes gewesen, das Schloss zu knacken. 

Kaz fand endlich das richtige Dokument und steckte es in die Innentasche seines Mantels. Dann stand er auf. Das knien hatte seinem schlimmen Bein wirklich nicht gut getan. Er ging zu Jesper, der ihm einen finsteren Blick zuwarf. "Was?" seufzte Kaz. "Wenn du eh alles im Alleingang machst, nicht auf mich hörst und mir scheinbar nicht den kleinsten Funken Vertrauen schenken - oder zumindest leihen - kannst, dann mach deine Scheiße doch alleine!" fauchte Jesper.

Er kannte Kaz schon lange und er wusste, dass er eigen war und es eine ganze Zeit brauchte, bis er auch nur annähernd anfing, sich auf jemanden zu verlassen. Trotzdem verletzte es ihn und ließ ihn wütend werden, dass Kaz noch immer alles auf eigene Faust machte, obwohl Jesper da war, um ihn zu unterstützen. Wenigstens ein bisschen Verlass oder Zumutung konnte er sich doch von seinem besten Freund erhoffen. Die beiden hatten schon jede Menge zusammen durchgemacht, Jesper hatte sich von Kaz nähen lassen, Kaz hatte sich von Jesper nach Hause tragen lassen, nachdem er sich mal wieder übernommen hatte und zusammengeschlagen wurde, sodass er nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. 

Und dennoch weihte Kaz ihn nicht in Pläne ein, hörte nicht auf ihn, glaubte seinem Einschätzungsvermögen nicht, verließ sich nicht auf ihn und vertraute ihm nicht. Jesper war sich nicht mal sicher, ob er Kaz eigentlich einen besten Freund nennen konnte. Aber Kaz war die Person, der er sein Leben in die Hände legte und das vollkommen freiwillig, Tag für Tag. Er vertraute diesem Mann so sehr wie niemand anderem und wenn er begann darüber nachzudenken, verletzte es ihn, dass Kaz wahrscheinlich nicht mal annähernd so über ihn dachte. Er würde Jesper nie seinen besten Freund nennen, ihm sein Leben anvertrauen. Aber auf der anderen Seite, war es Jesper egal. Kaz war sein bester Freund, der Mensch, dem er am meisten vertraute. Er musste nicht genauso über ihn denken, um es zu sein. 

"Hätte ich dich mitgenommen, wenn ich dich nicht brauchen würde?" knurrte Kaz und stützte sich stärker auf seinen Stock. Jesper schnaubte nur leise. "Ist jemand draußen?" fragte Kaz dann. Jesper warf wieder einen Blick durch den dünnen Spalt in der Tür. "Nein." sagte er dann.

Die Person, die eben auf sie zugekommen war, war wieder umgedreht und gegangen, da dieser Flur eine Sackgasse war und sich nur an einem Ende eine Treppe zurück in den Ballsaal befand; das Büro, in dem sie sich befanden, war die letzte Tür auf diesem Flur. "Dann lass uns gehen." bestimmte Kaz. Jesper nickte nur. Er zog die Tür auf und ging raus auf den Flur, Kaz folgte, verschloss die Tür hinter sich mit seinen Dietrichen wieder.

Six of Crows OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt