His stupid face

611 34 1
                                    

Wörter: 1103

Jesper pov 

Ich sitze in unserem Versteck allein in einer Ecke. Immer wieder sehe ich zu Kaz. Ich hasse mich dafür, dass ich beinahe unseren Plan versaut habe. Ich bin schuld, dass Inej verletzt wurde. Und jetzt habe ich das Vertrauen meines besten Freundes verloren. Natürlich weiß ich, dass ich es verdient habe, trotzdem tut es weh. 

Ich drehe den Kopf wieder weg von Kaz, streife mit dem Blick kurz Wylan, welcher an einem Tisch sitzt und zeichnet. Dann lege ich meinen Kopf gegen die Wand. Wylan sieht noch immer aus, wie Kuwei. Ich vermisse das dumme Gesicht des Kleinen. Immerhin hat er noch seine schöne Stimme. Würde die auch noch verschwinden, wäre es, als wäre mein Sonnenschein weg. Mein kleiner Wylan Van Sunshine. 

Aber nein, nicht mein. Er ist einfach nur Wylan. 

Erschrocken blicke ich auf, als sich jemand neben mich setzt. Ich habe nicht aufgepasst, war in Gedanken versunken. Kaz hat sich neben mich gesetzt. "E-Es tut mir leid." sage ich und will aufstehen, um zu gehen. Kaz will mich sicher nicht mal mehr als eine seiner Krähen. 

Er packt meinen Arm und hält mich auf der Bank: "Bleib sitzen." Ich schlucke. "Wenn du nicht mich anstarrst, starrst du ihn an. Was hast du nur gegen sein neues Aussehen?" fragt Kaz, er verschränkt die Hände auf dem Krähenkopf seines Stocks. Er sieht in Richtung Wylan. Wir alle verwechseln sie noch manchmal, wenn sie schweigen, aber wenn sie reden oder umher laufen, erkennt man den Unterschied. Ich tue es zumindest.

"Ich mochte sein dummes Gesicht." murmle ich, "Es war niedlich. Und vor allem war es einmalig. Jetzt sieht er aus, wie Kuwei. Und sag, was du willst, aber er ist mir unsympathisch." "Mein Vertrauen hat er auch nicht." Ich lache bitter auf: "Es ist auch schwer, es zu bekommen. Und leider kann man es schnell verlieren." Kaz verdreht die Augen: "Eigentlich verdienst du es, länger zu leiden, aber in Ordnung. Ich vertraue dir noch immer. Ich vertraue dir mit meinem Leben! Du bist ein cleverer Junge, du wirst den Fehler nicht wieder machen. Und wenn doch wirst du dafür bluten. Ausbluten." "Ja, Sir." murmle ich. Kaz zieht eine Augenbraue nach oben.

"Zurück zu Van Eck. Also dem dummen, niedlichen Gesicht Van Eck." Widerwillig muss ich lachen. "Warum hast du das alles für ihn getan? Wieso hast du seinen Vater angeschrien, als er über Wylan geredet hat? Warum hat es dir so viel ausgemacht, wie Van Eck über ihn geredet hat?" "Wylan ist so klug. Und er ist mutig. Er hat allein im Barrel überlebt! Er hat das gottverdammte Eistribunal überstanden! Ohne Erfahrung! Und nur weil er nicht lesen kann, soll er wertlos sein? Das ist nicht fair. Er hat mehr verdient." Kaz grinst: "Wonach klingt das für dich?" Ich sehe Kaz an und verstehe sofort, was er meint. 

"Scheint als hätte ich mich in ihn verliebt." murmle ich. "Verliebt? Jemand hat dir ins Gesicht geschlagen, dir in die Eier getreten und dann bist du freiwillig vor ihm niedergekniet, so sehr liebst du ihn! Und jetzt hör auf, mir von ihm vorzuschwärmen und küss ihn!" "Ich will aber nicht Kuwei küssen. Ich will Wylans dummes Gesicht küssen." Kaz lacht. 

"Weißt du, Beziehungen bauen nicht zwingend auf Körperkontakt auf. Sag ihm, wie du fühlst und warte, bis er sich zurück verwandelt oder wir ihn zurück verwandeln können. Und küss ihn, wenn es soweit ist. Er wird es verstehen." Ich sehe zu Wylan. 

Dann stehe ich auf. "Ist das meine Strafe?" frage ich Kaz, als ich mich nach zwei Schritten wieder umdrehe. "Für den Verrat, nein. Für deine Wahl mich als besten Freund zu haben, ja." Ich grinse. Dann drehe ich mich wieder um und gehe zu Wylan. Ich setze mich auf den Tisch und sehe auf seine Zeichnung. "Das sieht gut aus." sage ich. Wylan hebt den Kopf und lächelt. Es sieht in Kuweis Gesicht seltsam und ungewohnt aus, weil es Wylans Lächeln ist. 

"Es tut mir leid, dass ich auf dem Schiff nichts gesagt habe." sagt Wylan. "Ist okay. Du durftest mir nichts verraten. Du hast einfach nur deinen Job gemacht." Wieder lächelt Wylan. 

"Hey, ähm... Könnten wir kurz reden?" Sofort legt Wylan Stifte und Papier zur Seite, betrachtet mich aufmerksam. "Ähm... Also... Erinnerst du dich an unser Gespräch in dem Wachturm?" Wylan sieht mich verwirrt an. "Über das Sprechen in Gleichungen mit Mädchen." "Ich dachte, nicht nur Mädchen." Ich grinse: "Du erinnerst dich." 

Wylan nickt. "Also... Ich bin nicht gut mit Gleichungen und habe gerade einfach keine zur Hand, weil ich nicht so ein Genie bin, wie du. Also müssen es Worte tun, auch wenn ich weiß, dass du kein Fan davon bist... Ich mag dich. Sehr sogar." Kuweis Augen werden groß. 

"Du bist aber Wylan, oder?" frage ich ängstlich, als er lange nicht geantwortet hat. Zwar war es seine Stimme und er weiß von dem Gespräch auf dem Turm, aber ich zweifle gerade sehr an mir. "Ja! Ja, ich bin es! Ich kann es nur nicht glauben, dass du mich tatsächlich magst! Und dann sogar sehr." "Vielleicht habe ich mich ja einfach in dein dummes Gesicht und dein cleveres Köpfchen verliebt!" "Ich mag dich auch..." Er läuft knallrot an. 

Ich nehme seine Hände und Wylan schaut zu Boden. "Also... Wy?" "Wy?" wiederholt er ungläubig. "Nicht gut?" "Doch. Doch, ich mag es." "Okay, also gut. Ich würde dich wirklich gerne küssen, Wy, aber ich will dich küssen, nicht Kuwei." Wylan beißt sich auf die Unterlippe: "Ist okay. Das verstehe ich. Bekomme ich eine Umarmung?" Ich stehe auf und umarme Wylan fest. Er kuschelt sich in meine Arme. "Du riechst noch wie Wylan." flüstere ich, habe meine Nase in seinen Haaren vergraben. Wylan kichert. 

~*~*~

"Seht mal, wer zurück ist!" ruft Wylan begeistert und Kaz hinter ihm lacht. Ich sehe Wylan an. Blaue Augen, orangene verwuschelte Haare, Sommersprossen, schlaksiger Körper. Es ist alles wieder da. Er ist wieder ganz er selbst. 

Ich springe von meinem Tisch auf, renne zu ihm und schlinge meine Arme um seinen kleinen Körper, hebe ihn hoch. Wylan legt die Arme um meinen Nacken und die Beine um meine Hüfte und hält sich fest. "Hey, mein Kleiner." lache ich. "Bekomme ich jetzt einen Kuss?" fragt er grinsend. "Du kannst hunderte haben." lache ich und setze ihn ab. Sanft nehme ich sein Gesicht in die Hände und drücke meine Lippen liebevoll auf seine. Wylan klammert sich an meinem Hemd fest und erwidert den Kuss schüchtern. Ich küsse ihn ein wenig drängender und ziehe seinen kleinen Körper näher an meinen.

Als wir uns voneinander lösen grinsen wir beide. Ich streiche ihm einige der wuscheligen Strähnen aus der Stirn: "Da ist das dumme Gesicht ja wieder." 

Six of Crows OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt