I want to be good for you

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Wörter: 1403

Jesper kauerte auf dem Boden hinter einem Stapel Kisten. Er konnte nicht sehen, wo der Schütze war, der auf ihn schoss, aber dennoch versuchte er, ihn auszuschalten. Außerdem wusste er nicht, wo Kaz, Wylan und Inej waren. Inej war sicher irgendwo auf den Dächern und versuchte den Schützen auszuschalten. Jedenfalls hoffte Jesper das. 

Er machte sich Sorgen um Kaz und Wylan. Kaz hatte ihm einmal die Verantwortung für Wylan übertragen und damit erreicht, dass Jesper sich in ihn verliebte und er sich jetzt immer um ihn sorgte. Außerdem wusste er, dass Kaz heute nicht in der besten Verfassung war. Irgendwas stimmte nicht, aber Jesper hatte ihn nicht gefragt, was nicht stimmte. Eine Antwort hätte er sowieso nicht bekommen.

Er wusste nur, dass Kaz den Krähen Club jeden Abend verließ und morgens wieder kam. Er wirkte dann für seine Verhältnisse immer überraschend ausgeschlafen. Auch Inej wusste von Kaz' nächtlichen Ausflügen und dass er scheinbar auswärts schlief, wo wussten sie allerdings nicht. Inej hatte versucht ihm zu folgen, aber diese Rechnung hatte sie ohne Kaz gemacht. Er bemerkte immer, wenn Inej ihm folgte und lief dann teilweise für Stunden einfach nur Kreise in Ketterdam, bis Inej irgendwann aufgab und Kaz einfach gehen ließ, wohin er wollte, ohne ihn zu verfolgen. 

Normalerweise war Kaz immer recht zufrieden, wenn er morgens wieder kam, aber an diesem Morgen war es anders gewesen. Kaz ging es nicht gut und Jesper wusste es. Er wusste nur nicht, was los war und er glaubte nicht, dass Kaz es ihm sagen würde.

~*~*~

"Sein wievielter Bourbon ist das jetzt?" fragte Inej und setzte sich neben das Paar an die Bar, sah besorgt zu Kaz, welcher an einem Tisch saß und sich ein Glas Whiskey nach dem anderen herunter kippte.

"Glas oder Flasche?" murmelte Wylan. Besorgt sah Inej zu Jesper, welcher nur leicht mit den Schultern zuckte. Er streichelte Wylans Seite. "Irgendwer sollte mit ihm reden." "Ich nicht! Ich hab Angst vor ihm, wenn er betrunken ist!" sagte Wylan sofort. Jesper küsste ihn auf die Haare und zog ihn näher an seine Seite: "Ich weiß, dass er gruslig werden kann, wenn er zu tief ins Glas geschaut hat, aber du musst keine Angst vor ihm haben, Sonnenschein. Er würde dir nie etwas tun." 

Wylan nickte. Er wusste, dass er Kaz vertrauen konnte und dass er keine Angst vor ihm haben musste, aber es verunsicherte ihn, wenn Kaz rumschrie oder sich zu schnell bewegte, auf den Tisch schlug oder aus dem Nichts ein Messer zog und keiner genau wusste, was er jetzt damit vorhatte. 

"Ich rede mit ihm." erklärte Jesper sich bereit und stand von seinem Barhocker auf. "Pass auf dich auf." sagte Inej und nahm den Platz neben Wylan ein, welcher ihr fröhlich zulächelte. Wylan war einfach ein wahrer Sonnenschein, so wie Jesper immer sagte. 

"Keine Klageweiber." sagte Jesper, während er grinsend rückwärts in Richtung Kaz' Tisch ging. "Keine Beerdigungen." erwiderten die beiden, fanden es aber nicht annähernd so lustig, wie der Zemeni.

Jesper hatte ein unglaubliches Level von Akzeptanz bei Kaz erreicht. Keiner der Dregs oder überhaupt ein Mensch in Ketterdam verstand, warum Jesper noch lebte. Er war simpel gesagt vollkommen irre und sagte Dinge zu Kaz, die bei jedem anderen dafür gesorgt hätten, dass Kaz ihn mit einem Loch im Kopf in den Kanal gehängt und zugesehen hätte, wie kleine Fische sein Hirn fressen.

Auch Jesper verstand nicht wirklich, wie er das bei Kaz erreicht hatte, aber liebte es und er nutzte es aus. Er konnte nicht sagen, dass er zu 100% sicher war, dass Kaz ihn nicht umbringen würde, aber er war bereit es auszuprobieren. Er würde mit einem schlecht gelaunten, betrunkenen Kaz Brekker über seine Gefühle reden.

Vielleicht hätte er sie doch erinnern sollen, dass er einen offenen Sarg wollte. 

"Hey, Kaz." sagte er und setzte sich neben ihn, legte locker einen Arm um Kaz' Schultern, "Wie geht's meinem Lieblingspsycho?" "Ich bringe dich um, Jesper!" knurrte der Dunkelhaarige. 

Kaz Brekker war wohl der einzige Mensch auf der Welt, der egal wie viel Alkohol er intus hatte, weder betrunken sprach, noch ging. Jesper hatte ihn auch noch nie erbrechen sehen. Er setzte es einfach auf die Liste von Kaz' Talenten. 

"Was ist los, Kaz? Ich kenne dich. Dir geht es nicht gut und das sieht man dir an. Also entweder du machst den Mund auf oder ich bringe deinen betrunkenen Arsch dazu, mir zu zeigen, wo du jede Nacht hingehst - zu wem du gehst, wen du beschützt." 

Kaz schwieg eine ganze Weile, starrte nur die braune Flüssigkeit in seinem Glas an. Jesper wartete. Er hatte nicht wirklich vor, Kaz unter Druck zu setzen, das war ihm dann doch eine Spur zu viel. Vor allem, da er wusste, dass Kaz nicht einfach nur auswärts schlief - er schlief bei jemandem, Nacht für Nacht. Und wenn Kaz nicht mal sagte, dass er ging, dann war klar, dass er die Person beschützte.

Die Liste von Dingen, vor denen er die Person beschützte, war Kilometer lang, also hinterfragte Jesper es gar nicht erst.

"Sein Name ist Poppy." murmelte Kaz auf einmal. Jesper zog die Augenbrauen erstaunt nach oben. Er hatte keine Antwort erwartet. Plötzlich lehnte Kaz sich sogar gegen Jesper. "Ich habe mich in ihn verliebt. Dumm, hm?" "Nein, nicht dumm. Nur... Überraschend. Es ist toll, ich bin froh, dass du glücklich bist. Du bist doch glücklich, oder?" "Ja. Nein. Ich weiß nicht. Er macht mich glücklich, aber ich ihn nicht. Das macht es ziemlich schwer." "Wieso machst du ihn nicht glücklich?" fragte Jesper vorsichtig. 

"Jes... Er ist nicht du, er ist kein Gangmitglied. Er ist einfach nur ein Mann, der zufällig im Barrel wohnt, der das Pech hatte, sich in den wohl gefährlichsten Psychopathen der Stadt zu verlieben. Und ich habe mich auch noch in ihn verliebt. Wie konnte ich ihm das antun?" Jesper piekte Kaz in die Seite und brachte ihn so dazu, ihn anzusehen. 

"Hör mir zu, Idiot: Ich kenne Poppy nicht, ich werde ihn vielleicht nie kennenlernen, aber ich kenne dich. Besser als jeder andere und das kannst du nicht abstreiten. Also vertrau mir, wenn ich dir sage - wenn er dich liebt, dann machst du ihn glücklich, dann sieht er nicht das Blut an deinen Händen, dann sieht er, wie du Wylan beibringst, sich zu rasieren, wie du mir gegen den Hinterkopf haust und die Augen verdrehst und es trotzdem nicht schaffst, dein Schmunzeln zu unterdrücken, er sieht, wie du Inejs Haare flechtest, wenn ihr Zopf aufgeht oder wie du nach der hundertsten Mission in dieser Woche trotzdem noch mit uns Waffeln essen gehst, obwohl du nichts als schlafen willst. Wenn er dich liebt, dann liebt er Kaz, nicht Dirty Hands. Also beweg deinen Hintern zu ihm und was immer gestern Nacht passiert ist - und ich weiß, etwas ist passiert - regle es. Gib ihn nicht einfach auf, du Idiot." 

Kaz lächelte schwach: "Vielleicht sollte ich vorher ausnüchtern..." "Ja, gute Idee. Komm, ich bring dich nach oben, dein Bein wird dich umbringen, wenn du allein gehst." "Ich bin zäh." "Und besoffen. Ich bring dich." 

~*~*~

Kaz rieb sich mit den Händen durchs Gesicht und klopfte dann an. Kurz darauf wurde die Tür von Poppy geöffnet. Er seufzte, ließ ihn aber dennoch rein. "Ja, Drama Queen?" fragte er. "Sagte die Drag Queen..." murmelte Kaz. "Der Fakt, dass ich Drag Queen bin, erlaubt es mir, eine Drama Queen zu sein." "Ich bin ein Psychopath. Gleiches Prinzip, lass mich in Ruhe." "Du kannst gerne wieder gehen!" Poppy zeigte wütend auf die Tür. 

Kaz rieb sich die Schläfen: "Nein. Nein... Es tut mir leid. Ich wollt reden, deswegen bin ich gekommen." "Dann rede." sagte Poppy und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich bin nicht gut in sowas und ich kann mich kaum an Jespers Rede letzte Nacht erinnern, weil ich ziemlich dicht war, aber... Aber ich liebe dich. Und ich verstehe nicht wieso, aber du scheinst mich zu lieben. Und ich will mit dir zusammen sein, egal wie gefährlich es für mich wird und was für ein verdammter Schwachpunkt du bist. Und ich versuche besser mit mir klarzukommen... Ich will gut für dich sein."

"Du bist gut, Kaz! Du glaubst es mir ja nur nicht." Kaz nickte schwach. Poppy kam auf ihn zu und schlang einfach seine Arme um ihn, vergrub sein Gesicht in Kaz' Schulter. Kaz umarmte ihn ebenfalls sanft. "Ich liebe dich, du Arsch." "Warum beleidigen mich immer alle, wenn sie mir sagen, dass sie mich mögen." Poppy lachte gegen Kaz' Schulter. Kaz lächelte: "Ich liebe dich auch." 

Six of Crows OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt