So langsam beginne ich mich daran zu gewöhnen, überall hinzu laufen. Innerhalb und außerhalb meiner Stadt. Es dauert zwar länger, ist aber umweltfreundlicher und sportlicher. Mein Leben besteht eigentlich doch aus nichts und wieder nichts. Ich verliere nur. Wann habe ich den bitte mal gewonnen im Leben? Es ist noch nie etwas gut gelaufen. So als ob das gut laufen und Glück haben, nicht für mich gemacht ist. Aber ich bin anscheinend dafür da, Dinge zu tragen für die ich nicht mal Taschen habe.
Ich lief nach Hause. Nein, nicht wirklich nach Hause, sondern zu Tripper. Aber das ist mir nach diesen Wochen schneller ein Zuhause geworden, als es jemals bei meiner Mutter war oder werden würde.
Als Sven mit uns zusammen zog, war ihre Begründung, dass wir dann wieder eine kleine Familie werden können. Jetzt kann ich darüber nur noch lachen...
Was soll das denn für eine Familie sein?
Tripper wartete auf mich und als er mein verweintes Gesicht sah, fragte er erst gar nicht nach. Er wusste das ich bei Jane war. Wieso sollte ich auch sonst weinen? Mit Maddie hatte ich nicht geredet, mit Penny auch nicht. Wir gingen uns zwar nicht aus dem Weg, aber es war uns wahrscheinlich allen unangenehm miteinander zu reden. Vielleicht weil wir es respektlos Jane gegenüber finden, dass wir nach ihrem Tod unser Leben einfach wie immer weiter leben würden. Aber genau tun wir nicht. Wir distanzieren uns. Ich selber kannte Jane noch nicht so lange und sie ist mir unglaublich ans Herz gewachsen, nach sehr kurzer Zeit, wie ich meine. Für Penny und Maddie muss es dann unerträglich schlimm sein, denn sie kannten Jane schon Jahre lang. Mir hatte man erzählt, dass Maddie und Jane sogar zusammen in einen Kindergarten gewesen sind, zusammen die Vorschule gemeistert hatten und todtraurig waren, als sie in der Grundschule nicht in eine Klasse gekommen sind. Und bis Jane starb, waren sie beste Freundinnen. So was sollte unsere Generation mal als Beispiel von wahrer Freundschaft nehmen. Klar, man kann auch nach kurzer Zeit Freundschaft für jemanden verspüren, doch diese vielen Jahre verdeutlichen alles noch mal extrem. Tripper ist auch mein bester Freund, sowie Penny meine beste Freundin. Ob ich ihre bin, weiß ich nicht. Sie ist so sehr verschlossen und erzählt nichts von sich. Ich weiß nicht wo sie wohnt, ob sie Geschwister hat, was ihre Eltern arbeiten, ob sie Haustiere hat...
Doch ich selber...Pray, du selber bist genau so. Mach ihr keine Vorwürfe nur, weil sie nicht sich auf jeden sofort einlässt. Sie ist so wie du in der Sache.
Ich beschloss am nächsten Tag mit Penny und Maddie zu sprechen. Am Abend machte ich mir einen Kakao und Tripper auch einen. Wir saßen zusammen auf dem Sofa und schauten einen Film. Mal wieder konnte ich mich nicht konzentrieren und floh mit meinen Gedanken auf einer Welle Sorgen, Meinungen und Hirngespinsten. So gedankenverloren wie ich war, merkte ich nicht, wie Tripper aufstand und den Fernseher ausschaltete. Er stand mittlerweile vor mir, doch reagieren tat ich nicht. Mein Blick ruhte auf einem Tuch, welches unter einem Tischbein stand, um den Boden zu schonen. Dazu summte ich leicht zu Sweater Weather. Tripper schaute kurz an die Decke und schnippste mir dann ruckartig vor den Augen. Ich schreckte auf und schaute ihn fragend an:,,Es ist spät. Willst du nicht ins Bett? Wir haben morgen Schule und ich muss auf dem Sofa schlafen, auf dem du gerade sitzt.“, erklärte er. Ich schaute auf das Sofa. Es war aus Leder und hier und da waren ein paar Striche die entstehen, wenn man mit den Nieten seiner Jeans auf dem Stoff reibt. „Sicher, sicher. Tut mir leid.“ Ich schämte mich, denn Tripper war viel länger auf, als er eigentlich wollte, wegen mir. Er hat mich weiter nach denken lassen, konnte dafür dann aber nicht schlafen.
Ich wünschte ihm hastig eine gute Nacht und verschwand dann die Treppe hinauf in seinem Zimmer. Ich fühle mich hier wohl, doch irgendwie auch nicht.
Mit langsamem Augenaufschlag wanderte ich ins Bad und machte mich Bett fertig. Als ich dann im Bett lag, starrte ich an die Decke. Meine Arme und Beine lagen schlapp neben mir auf der Matratze aber leicht vom Körper entfernt. Mir war kalt, weil ich die Bettdecke auf den Boden geworfen hatte und einfach so im Bett lag. Die Gardinen waren offen, das Fenster auch. Kalte Nachtluft strömte in das Zimmer und mein Kohlenstoffdioxidausstoß lockte die Mücken an. Immer weiter starrte ich an die Decke. Ich habe so viele Erinnerungen an Dinge. Diese Erinnerungen haben mir die Dinge schrecklich gemacht. Diese Dinge sah ich danach in einem ganz anderem Licht.