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EWAN

Das kalte Wasser auf meinem nackten Körper lindert meine Erektion nur wenig. Noch immer spielen sich die selben Szenen wie gerade eben in meinem Kopf ab. Wie sie über das Bett beugt und ich sie ficke. Wie sie stöhnt und schockiert aufschreit als ich ihr den Orgasmus verweigere. Ich sagte ja das sie sehen wird, was sie davon hat. Es sollte nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Dinge sein, die ich tun könnte. Und es hat gewirkt. Mit geschlossenen Augen wische ich mir das kühle Wasser von meinen kurzen Haaren ab und lege den Kopf in den Nacken. Mir will nicht in den Kopf gehen, wer ein Attentat auf mich ausüben könnte. Fergus und ich fahren nachher noch nach Inverness zurück. Erins Hotel ist bis morgen früh gebucht also sollten wir genug Zeit haben alles auf den Kopf zu stellen. Ich weis dass da noch irgendwas ist. Ich spüre es einfach.
Mit tropfendnassem Körper steige ich auf die warmen Fließen hinaus und reibe mir mit einem weißen, flauschigen Handtuch über die Schultern und den Rest meines Körpers. Das Wasser perlt über die Tätowierungen die sich über meine Brust und die Arme ziehen. Meine Mutter ist der Meinung das ich damit aussehe wie ein Straßengangster. Mir gefallen sie. Sie gehören zu mir wie der schwere Ring an meinem Finger, auf dem das Wappen der Duncans prangt. Ich schlüpfe wieder in eine Anzughose und das passende Hemd, bevor ich mir die Haare föhne und meine Uhr anlege. Sie schlägt neun. Ich sollte mich beeilen.

Auf dem Schotter vorm Haus steht Fergus neben dem Geländewagen bereit. Er hat seine Füße überschlagen und lehnt lästig gegen der Beifahrertür. »Können wir los?« frage ich und schwinge mich auf den Fahrersitz. »Klar«, antwortet er und tritt den Stummel seiner Kippe knautschend im Kies aus. Er sinkt neben mich in die Fahrerkabine eh ich losfahre und den Wagen die Auffahrt hinablenke. Es dauert gute fünf Minuten bis wir unten am Tor angelangen, an dem Kyle gerade mit Henry, Donavan und Leopold spricht. Die vier wollen zum Hafen um Keif und Val zu unterstützen. Fergus und ich werden im Anschluss zu ihnen stoßen. Ich drücke am Tor auf die Bremse und lasse das Fenster nach unten fahren, um meinen Arm lässig auf der Tür abzulegen. Sofort landen alle Augen auf mir. »Fergus und ich kommen dann zu euch«, informiere ich die anderen, »passt am Container auf, nicht das es eine böse Überraschung gibt«, warne ich sie. Wer weiß was derjenige der den Angriff auf mich verübt hat, noch so plant. Ein eindeutiges Nicken geht umher. Das reicht mir völlig als Antwort. Ich kann mich zu hundert Prozent auf sie verlassen. Das konnte ich schon immer. So ziehe ich meinen Arm zurück und lege den Gang ein, ehe wir durchs Tor davon rauschen und das Schloss im Rückspiegel hinter Bäumen verschwindet.

Mein zuhause liegt nicht weit von Inverness entfernt. Die Straßen sind bei Dämmerung schon fast leer, so dauert es nicht lang bis in die Stadt. Die umgehende Sonne spiegelt sich im Wasser des berühmten Loch Ness wieder, neben dem wir fahren. Es ist ein friedlicher Tag. Nur zwei Autos begegnen uns. Die gesamte Fahrt über spielt Fergus an seiner Beretta und lauscht dem Radio. Ich bin froh als wir endlich neben dem Hotel ankommen und ich das blöde Gedudel ausschalten kann. Wie bereits gestern hat es wieder angefangen zu regnen. Die dicken Wassertropfen plätschern auf die Windschutzscheibe des Geländewagens hinab. »Lass mich vorgehen, du kommst fünf Minuten später nach. Der schmierige Typ an der Rezeption schöpft sonst Verdacht«, erkläre ich Fergus neben mir. Der Schotte nickt und stopft die Beretta in den Bund seiner Hose. »Geht klar. Funk mich an wenn du mich schon früher brauchst. Dritte Etage sagtest du?«
Nickend ziehe ich den Schlüssel aus dem Zündschloss und verstaue ihn stumm im Futter meiner Hosentasche. Dabei spüre ich die weiße Zimmerkarte zwischen meinen Fingern. »Vergiss die Handschuhe nicht.« Kaum habe ich die Worte ausgesprochen stoße ich auch schon die Tür auf und knalle sie mit voller Wucht hinter mir zu. Der Regen peitscht nur so auf mich und die Straße hinab, lässt die Fahrbahn im Schein der Laternen und bunten Lichter der Bar glitzern. Joggend überquere ich den Asphalt und husche durch die Drehtür des Hotels ins Trockene. Wie gedacht sitzt derselbe schmierige Milchbubi hinter dem Tresen wie bei meinem letzten Besuch. Er hebt seine Augen kurz vom Bildschirm des Computers an, bevor er sie desinteressiert wieder sinken lässt und das klicken der Tasten erklingt. Ich eile auf den Fahrstuhl zu, streiche mir meine nassen Haare aus der Stirn während ich auf ihn warte. Die Türen öffnen sich sanft zischend, ich steige ungeduldig ein. Im dritten Stock öffnen die Türen sich erneut. Hier oben ist es still. Meine Schuhe geben keine Geräusche auf dem dunklen Teppich wieder, der in den Gängen ausgelegt ist. Erins Zimmer ist nicht weit und doch muss ich mehrmals auf die Karte schauen um auch die richtige Nummer zu suchen. In der Nacht in der wir uns kennengelernt haben, ist es mir völlig egal gewesen in welchem Zimmer wir uns befanden. Wir waren ohnehin mehr mit uns beschäftigt als das wir noch irgendwas mitbekommen hätten. Vermutlich hätte jemand vor der Tür Feuer legen können und wir hätten uns nicht mitbekommen. Hätte der Tote Penner uns nicht gestört, dann wäre ich noch ein weiteres Mal gekommen.

Die Tür öffnet sich mit einem piepen, nachdem ich die Karte in den Schlitz geschoben habe. Ich trete ein, lehne die Tür an und trete ein paar Schritte in den Raum. Es ist düster, nur der aufgehende Vollmond am Himmel wirft einen Kegel Licht durch die Fenster. Links erkenne ich das zerwühlte Bett und die Decke die halb auf dem Boden hängt. Über der Lampe rechts neben dem Bett kleben Blutspritzer. Dort wo der Tote gelegen hat, ist der Teppich wieder rein. Die große Blutlache ist verschwunden, als hätte sie nie existiert. Kyle und Fergus haben gute Arbeit geleistet. Soweit ich weiß haben sie auch die Leiche entfernt. Sie liegt in einem Kühlfach in einem der Container des Hafens. Dort wird sie niemand finden. Die Bürocontainer gelten schon lang als herrenlos. Sie rosten vor sich hin, doch verfügen über Strom, den wir nutzen. Offiziell ist der Hafen im Besitz der Stadt. Inoffiziell ist mein Vater der der über alles verfügt, was das Hafenbecken passiert. Er hasst es vor anderem mit seinem Geld oder seinem Einfluss zu prahlen. Er ist einer derjenigen, die schweigen und ihre Pläne immer im Schatten austragen. Das schätze ich an ihm. Nichts ist schlimmer als unnötige Aufmerksamkeit. Wenn einen niemand beobachtet ist es viel leichter das zu tun, was man tun muss. So hat er es mir beigebracht.

»Wow, schicker BH«, erklingt Fergus' Stimme anzüglich hinter mir. Ich wende mich ihm zu und sehe einen roten BH in seiner Hand, der wohl aus der offenen Kommode neben der Tür stammen muss. Er dreht das Stück Stoff pervers grinsend zwischen seinen Fingern und checkt es ab. Genervt reiße ich ihm den BH und nicke mit meinem Fuß die Tür hinter ihm zu. »Lass das, wir sind nicht zum Spaß hier«, erinnere ich ihn zornig. Je schneller wir wieder weg sind desto besser. »Also fang gefälligst an zu suchen«, schiebe ich brummend hinterher und pfeffere das rote Stück Wäsche zurück in die Schublade. Fergus hebt verteidigend seine Hände, aber nickt nur. »Schon verstanden Boss.«
Besser so.
Ausatmend knie ich vor dem Bett auf dem Teppich und betrachte die Stelle auf der die Leiche verblutet war. Trotz der Bemühungen, mir noch ein paar Merkmale oder Details von meinem Angreifer einfallen zu lassen, ist der Übergriff noch immer etwas verschwommen vor meinen inneren Auge. Die vielen Gläser Alkohol haben vermutlich etwas damit zu tun. Ganz sicher sogar.
»Was passiert mit ihren Sachen? Soll ich sie verschwinden lassen?« fragt mich Fergus konzentriert und durchwühlt eine Schublade. Auf dem Kiefer mahlend starre ich auf den Teppich in der Hoffnung er könne mir die Antworten geben, die ich brauche. »Nein«, wende ich grübelnd ein, »wir nehmen sie mit. Den Bubi unten am Empfang können wir bestechen. Hast du den Controller in seiner Hand gesehen? Ich denke nicht das sein Chef begeistert wäre, wenn er dies erfahren würde«, spreche ich und hebe die schwere Bettdecke an. Fergus lacht amüsiert auf. »Schmalzlocke wird sicher gekündigt werden. Also denkst du an Erpressung um ihren Namen aus dem System des Hotels zu löschen?«, schlussfolgert er. »Genau.«

Etwas glänzendes erregt meine Aufmerksamkeit. Am Pfosten des Bettes, etwas unter dem Gestell in der Dunkelheit blitzt etwas golden auf. »Gib mir die Handschuhe«, bitte ich Fergus und strecke meinen Arm in seine Richtung ohne meine Augen von dem kleinen Objekt zu nehmen. Er reicht mir ein paar, ich zwicke mir die sofort über und beuge mich nach vorn um mit der Hand danach zu langen. Das kühle Metall wiegt schwer in meiner Handfläche. Mit gerunzelter Stirn halte ich das Stück ins Mondlicht. Es ist ein Siegelring, mit dem Buchstaben B geprägt. Niemanden den ich kenne trägt solch einen Ring. Restlos verwirrt erhebe ich mich und kehre dem Bett den Rücken zu. »Sieh mal«, murmle ich konzentriert, »kommt der dir bekannt vor?«
Der dunkelhaarige nimmt mir den Ring ab und dreht ihn in seinen Fingern hin und her. Mit faltiger Stirn schüttelt er schlussendlich den Kopf. »Nein, kenne ich nicht.«
»Hm«, stoße ich aus. Etwas in meinem inneren sagt mir, das dieses Stück früher oder später noch wertvoll sein wird. »Wir sollten es mitnehmen und untersuchen. Vielleicht weiß mein Vater welcher Familie der gehört« beschließe ich und stecke ihn ein. Vielleicht ist das unsere einzige Spur. Im dunklen sehe ich mich im verwüsteten Hotelzimmer um und werfe einen Blick auf meine Uhr. »Wir packen ihre Sachen und sind weg. Den Milchbubi darfst du bearbeiten.«
Fergus grinst aufgeregt und schnappt sich eine Reisetasche. »Der wird sowas von heulen.«

Highland King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt