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ERIN

Ewan ist, gleich nachdem er mich in mein Zimmer gebracht hat, verschwunden. Er sagte, er müsse nochmal nach Inverness fahren, um Fergus am Hafen abzuholen. Seitdem habe ich ihn nicht wiedergesehen. Das Hausmädchen hat mir heute kein Mittagessen gebracht und ich bin sicher, das dies auf Mister Duncans Mist gewachsen ist. Seine Ehefrau war es sicher nicht, denn die ist immer sehr nett zu mir gewesen. In der Zeit, in der ich allein war, habe ich mir die Narbe an meiner Stirn gesäubert. Die Tapes wurden vor ein paar Tagen entfernt, aber es spannt noch immer unangenehm. Auch an meinem Bein, sind keine Fäden mehr, dennoch trage ich ein wasserfestes Pflaster darüber, damit ich duschen gehen kann. Es sind zwei unschöne Narben auf meiner Haut, die mich immer daran erinnern werden, was im Wald passiert ist. Vergessen werde ich es nie, es ist ein Teil von mir.
Es klopft an der Tür als ich im Badezimmer stehe und mir mit einem Waschlappen über die Narbe an meiner Stirn fahre. »Ja?«, rufe ich fragend, kurz darauf höre ich das knarzen des Parketts und die angelehnte Badtür wird aufgestoßen. Durch den Spiegel erkenne ich Ewan im Türrahmen lehnen. »Hey, was machst du da?«, fragt er mich neugierig und kommt näher. »Meine Wunde...«, erkläre ich ihm knapp. Er nickt wissend und hält hinter mir inne. Er riecht nach Zigaretten. »Bist du schon lange wieder da?«, möchte ich wissen und lasse den Lappen sinken. Ich spüle ihn ein letztes Mal mit Wasser aus und lege ihn über den Rand des Waschbeckens. »Nein, nicht sehr lang. Ich habe mit Fergus noch eine geraucht.«
»Mhm. Wieso bist du hier? Bekommt ihr nicht gleich Besuch?«
»Meine Eltern, Ja. Das Hausmädchen hat mir gesteckt, das du heute Mittag nichts bekommen hast. Ich dachte, ich entführe dich.«
»Schon wieder?«, scherze ich und drehe mich zu ihm. Belustigt schaut er zu mir hinunter und schüttelt nur den Kopf. »Ins Gästehaus, Kätzchen. Der Kühlschrank ist voll und es ist noch Zeit, bevor der Besuch auftaucht. Also?« Fragend streckt er mir seine Hand entgegen und hebt seine Mundwinkel. Ich mag es, wenn er so nett zu mir ist. Den lieben Ewan, mag ich mehr als den bösen. Ebenfalls lächelnd nehme ich seine warme Hand an und lasse mich von ihm aus dem Bad führen. Ich streife mir noch meine Schuhe über und schnappe mir eine Jacke, dann folge ich ihm durchs Haus.

Unten duftet es nach warmen Essen und frischem
Salat. Ich erhasche einen kurzen Blick auf den gedeckten Tisch im Esszimmer, der ungewollt Erinnerungen hervorruft. Ich muss an den Billardtisch denken. Errötet senke ich meinen Kopf auf dem Weg nach draußen. Irgendwo hinter einer der Türen diskutiert Ewans Vater laut mit jemandem.
Für kurze Zeit vergesse ich, das ich noch immer Ewans Hand halte. Erst als wir über die gepflasterten Wege in Richtung seines Hauses laufen, fällt es mir auf. Es fühlt sich ungewohnt, aber nicht schlimm an. Seine Hand ist viel größer und rauer als meine, doch schmiegt sich fest an meine Haut, als wären sie füreinander geschaffen. Meine Finger kribbeln langsam aber sicher.
»Home sweet Home«, seufzt Ewan als wir sein Haus betreten und die Tür hinter uns ins Schloss fällt. Ich lasse seine Hand los, um mir meine Jacke auszuziehen. Mit großen Augen bewundere ich wieder den Kronleuchter an der Decke und die Bilder am Treppenaufgang. Die goldenen Lichter auf dem alten Sandsteinmauern, lassen die Räume wohnlich fühlen. Ich mag es hier.
Auf dem Weg in die offene Küche streife ich den Rahmen eines der Bilder. Im Glas spiegeln sich die Lampen, dahinter strahlen bunte Farben. Im Castle, ist es viel eintöniger und trister als hier. Ob er dieses Haus selbst eingerichtet hat?
An den Sofas vorbei komme ich vor der Kücheninsel zum stehen. Ewan steckt schon halb im Kühlschrank und wühlt ein paar Sachen hinaus. Wie schon das letzte mal hier, lasse ich mich auf einem der Barhocker nieder und lege mein verletztes Bein auf dem daneben ab. »Was wirst du denn kochen?«, frage ich vor lauter Neugier und stütze mein Kinn in die Handfläche. Er dreht sich mit vollem Händen zu mir und drückt die Tür des Kühlschranks mit seiner Schulter zu. Neben der Herdplatte, lässt er eine Packung Fleisch, eine Schüssel Gemüse, Quark und ein paar Kartoffeln nieder. »Was hältst du von etwas Hähnchen, Ofenkartoffeln und Quark?«
Allein bei seinen Worten, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. »Fantastisch«, antworte ich lächelnd. Mittlerweile habe ich so Hunger, das mein Bauch anfängt zu Knurren. Ewan macht sich sofort an die Arbeit.

Highland King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt