Epilog Teil 3 von 3

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ERIN

Ewan wischt mir mit einem feuchten Tuch unter der Nase entlang. Er hält meinen Kopf sanft fest und bemüht sich nicht zu viel Druck auszuüben. »Gebrochen ist sie nicht«, lässt er mich wissen als er sie abtastet. »Ja, ich glaube das würde schlimmer wehtun.«
»Aber dein Hals wird blau werden, vermute ich.«
»Das habe ich mir schon gedacht«, hauche ich ihm entgegen. Wir sitzen uns gegenüber im Auto. Er hat mir eine warme Decke vom Rücksitz gegeben, die neben der Halterung für Rosys Babyschale lag. Ich vermisse sie...
»Danke das du mir vertraut hast«, murmelt er und steckt die blutigen Tücher in eine Tüte, die er hinter seinen Sitz in den Fußraum wirft. »Das tue ich immer, Ewan.«
Unsere Hände verknoten sich ineinander. Sanft streiche ich unter seinen aufgeplatzten Fingerknöcheln entlang. »Das muss doch wehtun«, spreche ich vor mich hin. »Halb so wild Kätzchen. Wollen wir uns jetzt etwas zu essen für die Fahrt besorgen? Um auf andere Gedanken zu kommen«, schlägt er vor. »Ja, das hatte ich schon fast vergessen. Kennst du dich hier aus?«
»Nein«, sagt er und startet das Auto, »aber ich bin sicher wir finden etwas«, versichert er mir. Ich wische mir ein letztes Mal die wenigen Tränen fort die ich aufbringen konnte, dann breite ich die Decke mehr über meinen Beinen aus und drehe die Heizung auf.
Die Fahrt bis wir etwas zum Essen finden, geht schweigend vorüber. Mein Kopf hat gegen dem Fenster gelehnt und ich habe nur aus der Windschutzscheibe gestarrt. Ewans Hand ist nicht einmal von meinem Bein gewichen. Vielleicht ist das gerade das einzige das ich brauche um das alles zu vergessen.
Er bestellt uns in einem Drive In eines Burgerladens etwas. Mir ist völlig egal was ich bekomme. Hauptsache es ist warm und schmeckt. Auf dem Parkplatz stehend reiche ich ihm eine der Tüten, die ich zuvor auf dem Schoß gehabt habe. Es ist das erste mal seit Monaten, das ich mir sowas gönne. Die Scheibenwischer haben allerhand zutun und versuchen uns eine klar Sicht zu geben. Ich sitze im Schneidersitz unter der Decke und packe mein Essen aus. Mein Burger riecht nach Bacon und Beef. Ich beiße ein großzügiges Stück davon ab und lehne mich zurück. »Kannst du nach dem Essen vielleicht Glenna schreiben, ob alles in Ordnung ist?«, hake ich nach. Ewans Mundwinkel gehen nach oben. »Sicher, aber es wird alles in Ordnung sein.«
Er beschließt ihr sofort zu schreiben und legt sein Telefon mit dem geöffneten Chat auf mein Bein, um selbst weiter zu essen. Es dauert nicht lang bis seine Mutter ihm Antwortet.

Sie ist satt und schläft im Wohnzimmer. Wann seit ihr zurück?

Erleichtert beiße ich erneut in meinen Burger. Zu wissen das es Rosy gutgeht lässt mir einen riesigen Stein vom Herzen fallen. »Darf ich antworten?«
»Klar, schreib vier bis fünf Stunden«, erlaubt er. Ich tippe ein was er mir sagt und lege es schließlich auf das Armaturenbrett. Hungrig schiebe ich ein paar Chips in meinen Mund und dippe die nächsten in die Soße, die Ewan gerade hat. Kopfschüttelnd reagiert er darauf und ich lache leise. Es tut gut ihn bei mir zu haben. Er versteht mich und ich ihn. Wir sind nicht perfekt, aber alles was wir brauchen. Jetzt wird uns nichts mehr im Weg stehen. »Wird Fergus im Castle sein wenn wir zurückkommen? Ich möchte ihm danke sagen«, frage ich und nippe an meinem
Getränk. Ewan nickt mit vollem Mund und antwortet erst, als er ausgekaut hat. »Wird er. Du wirst ihm sicher über den Weg laufen. Heute Morgen sagte er zu mir, das er noch eine Weile bei meinem Vater im Büro ist und ihm hilft. Heute Abend will er nach Inverness um die neue Lieferung entgegenzunehmen.«
»Gut, dann treffen wir ihn ja noch, bevor er wieder verschwindet.«
Ewan mopst sich ein Chip von mir und streckt mir wie ein Kind die Zunge hinaus. Ich lache lauthals los und bekomme mich geschlagene fünf Minuten nicht mehr ein. Er weiß wie er mich aufheitern kann.

~

Die Rückfahrt geht langsamer vorüber als die Hinfahrt, was daran liegen mag das ich keine Minute schlafe. Die ganze Zeit über regnet es. Selbst als wir in Inverness an der Ampel stehen und warten das es grün wird, prescht der Regen wie eine Wand auf den SUV hinab. Der Schnee ist schon seit Tagen geschmolzen und verwandelt den Boden in eine Mischung aus Matsch und Überresten der gefallenen Blätter.
»Freust du dich auf Rosy?«, frage ich Ewan von der Seite ansehend. Er nickt, unsere Augen treffen sich für einen Moment. Ich weiß das er sie genau wie ich, vermisst haben muss. Wenn ich daran denke wie sanft und liebevoll er immer mit ihr umgeht, sprühen funken aus meinem Herzen. Ich liebe es so...
»Nächste Woche wird sie schon einen Monat alt. Irgendwie habe ich das Gefühl, das die Zeit nur so verfliegt«, merke ich an. Ewan drückt aufs Gaspedal und das Auto rauscht die Straße entlang, aus der Stadt hinaus. Es dauert nicht mehr lang, dann sind wir endlich zuhause. Wie bizarr sich das doch anhört. Die Straßen sind fast vollständig leergefegt. Nur eine Handvoll Fahrzeuge kommen uns entgegen.
»Da hast du Recht Kätzchen.«
»Wolltest du Kinder?«, traue ich mich endlich zu fragen. Es liegt mir schon so lang auf den Lippen. Ewan schweigt für einen Moment. Grübelnd starrt er aus der Windschutzscheibe und legt den nächsten Gang ein. »Ich konnte es mir nie vorstellen, weil ich dafür selbst viel zu verdreht bin«, erklärt er mir ehrlich. Interessiert beuge ich mich ihm ganz zu und lege den Kopf schief. »Was hat deine Meinung geändert?«, möchte ich wissen.
Er atmet aus. »Du
Mein Herz geht bei seinen Worten auf. Wie ein Honigkuchenpferd lächle ich ihn dämlich an. Das ist so verdammt süß von ihm.
»Du bist ein guter Vater«, wispere ich strahlend, »das bist du wirklich. Ich bin auch nicht perfekt Ewan, aber wir tun unser bestes. Ist das nicht alles, das zählt?«
»Vermutlich hast du mal wieder recht. Das wird langsam anstrengend Kätzchen...«
Ich lache auf und beuge mich über die Mittelkosole, um ihm ein Kuss auf die Wange zu drücken. Er bleibt vor dem eisernen Tor des Castles stehen und dreht seinen Kopf blitzschnell zu mir, sodass ich anstatt seiner Wange, seine Lippen treffe. Sie sind so warm und weich, das ich mich jedes Mal überwinden muss aufzuhören, ihn zu küssen.
»Führen wir das nachher fort?«, flüstert er fragend gegen meine Lippen. Einverstanden nicke ich. Das schwere Tor schwingt auf und wir passieren die Wachen. Ohne Mühe erklimmt der Geländewagen den Hügel auf dem das Castle liegt. Ewan parkt direkt in der Garage und wir steigen im trocknen aus. Noch vor ihm betrete ich den Flur und laufe meinen Weg durchs Castle. Seit der Nachricht von Glenna, vermute ich das sie noch immer im Wohnzimmer sein müssen. Auf dem Weg begegne ich dem Hausmädchen, das gerade die letzte Fuhre Wäsche in den Händen hält. Ich lächle ihr freudig zu und eile weiter über die Fließen. Meine Schuhe und Jacke streife ich an der Garderobe ab. Dann laufe ich ins Wohnzimmer. Tatsächlich entdecke ich die ältere Schottin auf dem Sofa gegenüber des Kamins sitzen. Ein Feuer lodert und knistert, strahlt Wärme in den Raum ab. Glenna hält das kleine Mädchen in ihren Armen, das eingewickelt in einer Decke liegt und Geräusche von sich gibt.

»Wir sind wieder da«, mache ich auf uns aufmerksam. Glenna hebt den Kopf und ihre Miene erhellt sich sofort. »Da seit ihr ja, Rosy hat schon gewartet. Ich schaffe es einfach nicht sie zum schlafen zu bringen...«, murmelt ihre Oma. »Pscht«, wispere ich zu Rosy als ich ihr meine Tochter abnehme und sie daraufhin fest drücke. »Schon Gut. Ich habe dich auch vermisst kleine«, hauche ich ihr gegen ihr Köpfchen. Zwei weitere Küsse gebe ich auf ihr feines Haar. Ihre kleinen Händchen graben sich in den Ausschnitt meines Shirts. Sie sinkt tiefer gegen meinen Oberkörper und ich umhülle sie dicker mit der gestrickten Decke. Glenna beobachtet uns beide zufrieden. »Wie war es?«, traut sie sich nach ein paar Sekunden zu fragen. Ich sehe sie an und sie mich, in ihren Augen erkenne ich wie besorgt sie war. »Ganz okay. Er wird ins Gefängnis wandern und seine Strafe bekommen«, kläre ich sie auf. Die Schottin wirkt beruhigter. »Das ist schön, ich freue mich für dich Erin. Dafür das du endlich damit anschließen konntest.«
Bevor ich ihr antworten kann, öffnet sich die Haustür und Fergus tritt ein. Den, auf den ich gewartet habe. »Fergus!«, lächle ich und laufe mit Rosy in den Armen auf ihn zu. Bevor er ausweichen kann habe ich ihn in meine Arme gezogen und ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt. Er murmelt etwas das ich nicht verstehe und wischt sich über die Wange als wir uns lösen. Amüsiert schaue ich ihm dabei zu. »Für was war das denn?«, will er verwirrt wissen. »Dafür das du diese Männer angerufen hast. Mein Onkel bekommt endlich das, was er verdient. Dafür will ich dir danken.«
»Achso das...«, winkt er ab, »Du bist Familie Erin, quasi wie eine Schwester für mich. Die Duncans helfen sich immer gegenseitig aus«, grinst er schief. Das erste mal seit einer langen Zeit kann ich in seine stürmischen Augen schauen, ohne das eine Sonnenbrille sie verdeckt. Er schaut besser aus als die letzten Monate. Seine Hand streicht über Rosys Wange. Er mag sie sehr, auch wenn er das nie zugeben würde.
»Ist das hier eine Familienversammlung?«, unterbricht uns Ewan. »Wäre es eine, würde dein Vater anwesend sein, oder?«
Ewan zuckt mit den Schultern. Im Augenwinkel sehe ich wie seine Mom sich vom Sofa erhebt. »Der schläft schon, ich gehe jetzt auch ins Bett, gute Nacht Kinder«, wünscht sie uns. Im Chor antworten wir ihr und warten, bis sie nach oben verschwunden ist. Erst dann legt Ewan seinen Arm um meine Schultern und schaut auf klein Rosy hinab, die friedlich an meiner Brust schlummert. »Willst du sie noch für einen Moment nehmen, Fergus?«, bietet er seinem Cousin an. Schnaubend hebt dieser die Hände und tritt sofort zurück. »Während ihr einen Quickie einlegt? Sicher nicht Mann. Sicher nicht. Also dann Freunde, man sieht sich morgen. Dann muss ich die nächste Lieferung für deinen Vater abwickeln, solange du noch im Daddy-Urlaub bist«, scherzt er und klopft Ewan auf die Schultern. »Nenn es nicht so!«, warnt dieser ihn. Fergus zwinkert mir ein letztes Mal für heute zu, öffnet die Haustür und huscht hindurch. Nun stehe ich mit Ewan allein hier. Er zieht mich ein Stück enger, wirft einen Blick über meine Schultern und legt eine Hand an Rosys Rücken. »Vielleicht sollten wir heute Abend hier schlafen, süße. Der Regen wird nicht weniger«, schlägt er vor. Nickend lehne ich mich an ihn und lächle verträumt zu meiner schlafenden Tochter hinab. »Wir lieben dich Ewan«, sage ich glücklich. Seine Lippen treffen sanft auf meine Stirn, seine Arme liegen fest um uns. »Ich euch auch, glaub mir. Ich liebe euch auch...«

Ewans verruchte, dominante Art hätte mich damals in die Flucht schlagen sollen. Doch stattdessen zog sie mich an wie ein Magnet, zudem ich der Gegenpol war und immer noch bin. Nichts und niemand wird das ändern. Nicht solange wir uns lieben.

Highland King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt