ERIN
Der lange Esstisch ist mit feinstem Porzellan und Kristall geschmückt. Das Besteck poliert und die Stoffservietten gefaltet. Die vielen gedämpften Lichter spiegeln sich in den Gläsern. So auch die Kerzen in der Mitte des Tisches. Vier Teller stehen sich an der breiten Seite des Tisches gegenüber. Zwei links und zwei rechts. Ewans Mutter steht vor den Fenstern. Auf ihrem Gesicht breitet sich ein gewaltiges Lächeln aus, als sie uns erblickt. Ihre Hände streckt sie von sich und kommt so auf mich zu um mich in eine Umarmung zu ziehen. Überwältig und überrascht reiße ich meine Augen weit auf und lege meine Hände sanft auf ihren Rücken. »Ich bin so froh, das es dir besser geht. Du sahst nicht gut au als du bewusstlos warst. Blass und fertig«, murmelt sie und legt mir eine Haarsträhne über die Schulter. In ihren warmen Bernstein Augen erkenne ich nur Freundlichkeit. Weder Hass noch Kälte. Sie sind so warm wie Honig, mit einem Stich grün in ihnen. »Sie waren da?«, frage ich sie überrascht. Nickend späht sie kurz an mir vorbei zu Ewan. »Sicher, aber mein Sohn und mein Mann wollten nicht, das ich dich länger besuche. Doch jetzt, da du ... eingeweiht bist, hoffe ich das wir uns in Ruhe unterhalten können. Habe ich schon erwähnt das ich Glenna heiße?«
Überfordert lächle ich nur und verfluche mich innerlich dafür. Aber kein einziges vernünftiges Wort will mir über die Lippen kommen. »Mom«, mischt sich Ewan zum Glück ein, »lass sie doch erstmal Luft holen.«
Seine Mutter lacht und winkt ab. »Hast ja recht, setzt euch doch«, bittet sie uns. »Was ist mit Vater?«, fragt Ewan sie. »Der kommt noch. Im Moment ist er noch am Telefon mit ein paar wichtigen Menschen. Das sagte er zumindest.«
Den letzten Teil murmelt sie bloß zu sich selbst.
Ich komme ihrer Aufforderung nach und setze mich auf den linken Stuhl, mit dem Gesicht in Richtung Küche, die ich durch den Durchgang erkenne. Ewan nimmt rechts neben mir Platz und Mrs Duncan mit gegenüber. Kaum sitzen wir, betritt eine Frau den Raum, die sich die gefüllte Karaffe zwischen uns greift und jedem einschenkt. Noch bevor ich ablehnen kann, gießt sie mir mein Glas mit Rotwein voll. Verdammt selbst wenn ich ablehnen wollte, ich kann es nicht. Seine Mutter würde sofort Verdacht schöpfen. Das muss ich verhindern. So sage ich vorerst nichts. ich bin dankbar, das Ewan und ich uns darauf einigen konnten, das Thema für eine Weile ruhen zu lassen, zumindest bis alles andere geklärt ist. Außerdem weiß ich nicht, ob ich es überhaupt bekommen will. Und selbst wenn nicht, würde ich dieses Glas nicht anrühren.Keine fünf Minuten später betritt Mister Duncan das Esszimmer. Wir erheben uns um ihn zu begrüßen. Ewan zuerst, dann ich. Er wechselt ein paar Worte mit seinem Sohn und schüttelt mir distanziert die Hand für ein paar Sekunden. Nicht mehr, nicht weniger. Dann setzt er sich neben seine Frau und küsst sie zur Begrüßung auf die Wange. Schweigend setze ich mich nieder und beobachte das Geschehen. Sein Vater erhebt die Stimme und fragt den Blonden neben mir etwas, in einer Sprache die ich nicht verstehe. Vermutlich gälisch. Das wird er wohl mit Absicht machen, denn er schenkt mir einen nicht deutbaren Blick. Alles was Ewan dazu zu sagen hat, ist ein grimmiges »Aye.«
»Und jetzt sollten wir das Thema wechseln«, spricht er endlich wieder so, das ich es auch verstehe. Sein Vater winkt die Frau heran, die uns Wein eingeschenkt hat. Er spricht kurz mit ihr, worauf sie verschwindet und mit einer weiteren Flasche zurückkommt. Whisky.
»Also, Erin. Woher kommst du?«, erkundigt Mrs Duncan sich interessiert bei mir. »Ich stamme aus Manchester«, antworte ich so freundlich wie möglich. Sie soll keinen falschen Eindruck von mir bekommen. Schließlich lebe ich in ihrem Haus.
»Es ist ein weiter Weg von Manchester bis in dieses bescheidene Castle«, stellt die grübelnd fest. Bevor ich etwas antworten kann, spricht sie schon weiter. »Warst du schonmal hier? Ich nehme an nicht?«
»Nein das ist mein erster Besuch hier.«
Das Wort Besuch betone ich. Ewan schnaubt belustigt neben mir. Zu sagen hat er allerdings nichts. Er findet das Messer viel interessanter, dessen Spitze er in das geölte Holz des Tisches drückt.
»Oh ja, das habe ich mir schon gedacht«, holt mich Glenna wieder in die Realität zurück. Hinter ihr taucht das Hausmädchen wieder auf. Diesmal trägt sie vier Suppenschüsseln in den Händen. Sie stellt uns jeder eine vor die Nase und verflüchtigt sich. Es scheint nicht, als würde sie oft sprechen. Das dampfende Schüsselchen vor mir beinhaltet eine cremige Suppe. Garniert mit zwei Blättern Basilikum offenbart sich mir eine Art Gemüsecremesuppe. Es duftet himmlisch. »Guten Appetit«, wünscht Mrs Duncan uns und wir erwidern es. Während des Essen verstummt mein grummelnder Magen endlich und nur noch das klappern des Besteckes ist zu hören. Jedes Mal wenn das Silber auf das teure Porzellan trifft, spiegelt sich für einen Moment mein Gesicht im Löffel.Der nächste Gang wird nach einer viertel Stunde serviert. Es gibt Fleisch, vermutlich Rind, das in Scheiben geschnitten mit Beilagen auf meinem Teller drapiert ist. »Darf ich fragen, was das genau ist?«
»Angus Rind«, antwortet Mister Duncan mir mit fester Stimme. Er nimmt sein Glas an und trinkt einen großen Schluck, bevor er es wieder absetzt und sich zurücklehnt. Genießerisch schiebt er sich seine Gabel voll Fleisch in den Mund und schließt die Augen. Angus was?
»Es stammt vom Aberdeenrind«, flüstert Ewan mir erklärend zu, »er liebt dieses Zeug. Es ist schweineteuer aber ich muss zugeben, das es wirklich ausgesprochen gut schmeckt.«
Kauend nicke ich. Er hat recht, es ist fantastisch. Ich esse meinen ganzen Teller ab. Kein Klecks bleibt mehr übrig. Langsam bekomme ich Durst, aber vor mir steht nur das Glas Wein. Fragen nach etwas Wasser möchte ich nicht, das wäre zu auffällig. Verdammt.Als das Hausmädchen abräumt, spüre ich Mrs Duncans Blick auf mir Ruhen. Sie sitzt mir genau gegenüber am Tisch und spielt mit den Ringen an ihrem Finger. Der fette Klunker muss ihr Ehering sein. Der daneben der Verlobungsring.
»Wie geht es deinem Bein?«, möchte sie gedämpft wissen. Die beiden Männer sind so vertieft in ihr Gespräch, das sie es nicht mitbekommen. Zugegeben bin ich froh, das die Aufmerksamkeit ihres Mannes nicht auf mir liegt. Ich will seinen Zorn nicht auf mich lenken. Als er die Augen zu Schlitzen verzieht, wende ich mein Gesicht in Richtung Glenna.
Ich lege meine Hand automatisch auf meinen Oberschenkel und streife mit meinem Finger über die Stelle, an der das Pflaster unter meiner Hose sitzt. »Es wird besser«, antworte ich matt lächelnd. »Das ist schön. Ich weiß wie das ist. Vor ein paar Jahren wurde ich am Arm angeschossen. Glaub mir, ich kenne diese Schmerzen.«
»Oh eigentlich halten die sich in Grenzen, Ewan hat mir Schmerzmittel besorgt«, erkläre ich ihr. Sie späht kurz zu ihrem Sohn und beugt sich dann nach vorn. Die Arme stützt sie auf der Tischdecke ab und schmunzelt. »Das ist nett von ihm, oder? Er ist bei weitem aus nicht zu allen so nett«, kichert sie.
»Das habe ich gehört«, brummt Ewan neben mir. Er scheint immer noch verärgert von dem Gespräch mit seinem Vater zu sein. Im gleichen Moment kommt das Hausmädchen wieder mit dem Dessert. Glenna schüttelt nur den Kopf auf die Worte ihres Sohnes. »Ach Kind...«
»Mom...«, erwidert er im gleichen Tonfall und schnappt sich mein Weinglas. Bevor ich reagieren kann hat er es angesetzt und mit wenigen Zügen ausgeleert. Mit geöffnetem Lippen starre ich ihm entgegen. Fassungslos von dem was ich sehe. Aber kein Wort verlässt meine Lippen. Ich sehe zu, wie er es auf die Platte knallt und seine Mutter ebenfalls den Kopf ungläubig schüttelt. Das Hausmädchen platziert einen Teller voll Panna Cotta vor mir und hebt die Karaffe an, um mir nachzuschenken. Blitzschnell hat Ewan seine Hand auf das polierte Glas gelegt und ihr einen ernsten Blick geschenkt. »Sie hatte genug«, lässt er sie wissen. Um was es auch gerade im Gespräch mit seinem Vater ging, er scheint die Schnauze voll zu haben. Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, hebe meinen Löffel um anzufangen den Nachtisch zu essen. Aber Glennas Augen nehmen meine gefangen. In diesem Moment wird mir klar, das sie es weiß.
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Highland King | 18+
Romance»Ewans verruchte, dominante Art sollte mich in die Flucht schlagen. Doch stattdessen zieht sie mich an wie ein Magnet, zudem ich der Gegenpol bin.« Erin fällt dem gut-aussehendem Schotten Ewan buchstäblich in einer Bar vor die Füße. Sie denkt sich n...