ERIN
Immer noch keine Antworten. Mein Kopf dröhnt unangenehm. Heute morgen habe ich mich zweimal übergeben, nachdem ich Pfannkuchen gegessen habe. Es muss an diesem Zimmer liegen. Vielleicht auch daran, das ich den ganzen Tag allein bin und langsam wahnsinnig werde. Je länger ich hier verbringe, desto schlimmer wird es. Deswegen habe ich nicht protestiert, als er sagte, das ich auf mein Zimmer muss, aber später raus darf. Unter keinen Umständen werde ich meine Stunden an der frischen Luft riskieren. Sie sind alles, auf das ich mich im Moment freuen kann.
Heute habe ich kein Abendessen bekommen. Ich nehme an, das Ewan und ich wieder gemeinsam essen werden. Will er mich deshalb erst so spät nach draußen bringen? Zugegeben überrascht es mich, das ich nach meinem Fluchtversuch überhaupt noch dieses Privileg erhalte. Aber er wird gemerkt haben, das er mit Strafen nicht weiterkommt. Immerhin braucht er meine Infos und hätte er mich zurück in den Keller gesperrt, hätte ich diese sicher nicht preisgegeben. Er ist schlau, das weiß ich.Wartend laufe ich aus dem Badezimmer ins Schlafzimmer und sinke auf das gemachte Bett, um mir meine Schuhe anzuziehen. Er müsste jeden Moment hier auftauchen. Ich habe mir extra ein langärmliges Shirt und eine warme Hose übergezogen, da die Luft vorhin kalt in mein Zimmer gezogen ist. Selbst nachdem ich das Fenster geschlossen habe, wird es nicht wärmer. Da ich weiß das wir nach draußen gehen, riskiere ich nicht, frieren zu müssen. Gerade als ich die Schnürsenkel zu einer festen Schleife ziehe, klopft es zweimal an der Tür. Darauf folgt der Schlüssel, der sich mehrmals im Schloss dreht, bevor die schwere Tür aufspringt. Wie zu erwarten kommt Ewan zum Vorschein. Überraschenderweise stelle ich fest, das er keinen Anzug mehr trägt, sondern eine schwarze Jeans und sein weißes Hemd, dessen obere Knöpfe locker geöffnet sind. Er sieht ausgelaugt aus. »Können wir?«, fragt er matt nach, ohne mich zu begrüßen. Ich schiebe mir die Schnürsenkel rasch in die Schuhe und erhebe mich nickend. Still deutet er mir mit der Hand, das Zimmer zu verlassen. Er lässt die Tür hinter uns ins Schloss fallen und holt schnell auf. Während wir die Treppen stillschweigend nebeneinander hinablaufen, höre ich das leise Klappern von Besteck in der großen Küche. Ich erhasche einen kurzen Blick auf die monströse Küchenfront, vor der das Hausmädchen Besteck sortiert. Wir verlassen das Haus in Richtung Garten. Sofort schlägt mir der kühle Wind entgegen, der mich frösteln lässt. Ich eile die wenigen Stufen nach dem großen Schotten hinab und entdecke seine Mutter rechts auf der Terrasse die an der Küche angrenzt, an einem Tisch sitzen. Sie beobachtet uns trinkend. Sagen tut sie nichts. Mein Herz macht einen Satz, je länger ich über sie nachdenke. Mir kommt ihr Besuch wieder in den Sinn. Sie sagte, das sie nicht befürworte was Ewan macht. Aber unternehmen tut sie auch nichts. Sie wird nicht viel zu sagen haben, wenn ihr Mann wirklich so ist, wie er immer beschrieben wird. Bis jetzt hatte ich selbst noch nicht das Vergnügen, mit ihm zu sprechen. Bis auf den Abend letztens, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Vielleicht ist das auch besser so.
Der Mond steht bereits am Himmel als wir am Schwimmteich rechts abbiegen. Wir folgen dem Weg einige hundert Meter bis zum Abhang. Zwölf Stufen hinunter führt uns die Treppe auf eine Art versunkene Terrasse, in dessen Mitte ein Lagerfeuer brennt. Eine bequeme Lounge steht auf dem Loch Ness ausgerichtet, den man von hier oben herrlich betrachten kann. Der Mondschein bringt das Wasser zum glitzern. »Setz dich«, bittet Ewan mich und deutet auf das Möbelstück. Mit dem Rücken zum Grundstück und dem Gesicht zum Abhang sinke ich in die bequemen Polster und lege mir die Wolldecke über die Beine, die gerade noch neben mir lag. Auf dem gemauerten Rand der Feuerstelle stehen zwei Gläser, zwei gefüllte Teller sowie eine Flasche Wein, direkt daneben auf dem Boden. Ewan köpft sie gekonnt und schenkt uns beiden ein. Still nehme ich das Glas entgegen und kreise es träumerisch in meinen Händen. Meine Sicht verschmilzt mit dem Ausblick über das Tal. Hohe Berge und endlose Täler. Dieses Land ist unbeschreiblich schön. Hinter der flachen Mauer, wachsen Gräser den Abhang hinunter, das kann ich gerade so erkennen. In der Ferne sehe ich ein kleines Boot über den Loch Ness schippern, in dem Licht brennt. Die Nacht ist friedlich.
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Highland King | 18+
Romance»Ewans verruchte, dominante Art sollte mich in die Flucht schlagen. Doch stattdessen zieht sie mich an wie ein Magnet, zudem ich der Gegenpol bin.« Erin fällt dem gut-aussehendem Schotten Ewan buchstäblich in einer Bar vor die Füße. Sie denkt sich n...