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ERIN

»Das ist alles, was du dazu zu sagen hast?«, hakt Ewan nach. Alistair nickt kräftig. »Was denn sonst? Dachtest du ich mache eine Szene?«
»Das läge nahe«, mischt sich Glenna ein und leert ihren Sekt. Ihr Mann schnaubt höhnisch. »Ach bitte, der Junge ist über dreißig, ich bin doch nicht der Einzige, der das gedacht hat«, keift er. Glenna schweigt. »Hallo? Das kann dir doch egal sein, Vater. Selbst wenn ich vierzig wäre«, verteidigt er sich. »Jaja, jetzt kommt es ja eh so.«
»Unfassbar«, zischt Ewan über den Tisch. Glenna schnalzt mit der Zunge und wirft den beiden einen missbilligenden Blick zu. »Könnt ihr euch wenigstens an meinem Geburtstag zusammenreißen?«, will sie wissen. Ewan erhebt sich. »Schon Gut. Ich gehe mal den Nachtisch holen, bevor wir noch in drei Stunden hier sitzen und diskutieren«, beschließt er. Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, oder weinen sollte. Mister Duncans Antwort hat mich überrascht, aber empfindet er es wirklich so, wie er sagte? Da bin ich mir unsicher. Die Blicke, die er mir zuwirft, bleiben trotzdem gleich. Ich bin mir sicher, dass er mir schon längst ein Messer ins Herz rammen wollte. Ihm hat es von Anfang an nicht gepasst, dass ich hier bin. Nun kann er es nicht mehr ändern.

»Was gibt es denn, Schätzchen?«, durchbricht Glenna die Stille am Tisch. Hinter mir höre ich es klappern. »Pudding und Obst, nach dem Rezept, wie du es früher immer gemacht hast«, sagt ihr Sohn und stellt wieder zwei Teller ab. In der Mitte des weißen Porzellans steht eine umgestülpter Klecks Pudding, darum lauter Beeren, jede die man sich vorstellen könnte. In die Mitte des Tisches stellt er ein Glas Schlagsahne. Als alle etwas haben, fangen wir an. Der Pudding schmeckt nach Vanille, zusammen mit den Beeren ist es perfekt. Ich glaube nicht, dass ich schon einen simpleren und trotzdem leckeren Nachtisch hatte, wie diesen. Ich kann nicht genug von Ewans Kochkünsten bekommen, egal wie viel ich davon kosten mag.
»Es schmeckt sehr gut Ewan«, lächelt seine Mutter. »Danke, das freut mich Mom«, erwidert er. Ich mag das Verhältnis der beiden. Sie haben das, was ich nie mit meiner eigenen Mom hatte, weil sie bereits Tod sind. Manchmal beneide ich Ewan darum.

~

Zwanzig Minuten später verabschieden seine Eltern sich. Glenna zieht mich zum Abschied in eine feste und herzliche Umarmung. Sie bedankt sich gefühlte tausend Mal für das Geschenk. Alistair bleibt weiter distanziert. Wie Glenna mir erzählt, wollen sie jetzt noch in die Oper, das hat sie sich gewünscht. Als die beiden weg sind, helfe ich Ewan dabei den Tisch abzuräumen. Die Teller klappern in meinen Händen beim hereintragen, ich stelle sie neben die Spüle. »Das Essen war doch recht erfolgreich, oder?«, frage ich den Schotten, der gerade das Haus durch die breiten Schiebetüren betritt. »Ja, das ist doch besser gelaufen, als ich gedacht habe«, gibt er zu, »auch wenn ich die Reaktion meines Vaters immer noch für merkwürdig halte.«
»Kaufst du sie ihm ab?«
»Ja, irgendwie schon. Er klang so ernst wie immer und ich weiß, dass er nie lügt. Sowieso müssen wir ihm die Worte wohl oder übel glauben. Aber ich denke, dass er es wirklich so meint. Er hat mir schon vor ein paar Jahren weißgemacht, dass er Enkel will. Vielleicht ist das nur seine Art, sich zu freuen.«
»Ich weiß ja nicht...«, atme ich aus und sortiere das Besteck in den Geschirrspüler ein. Ewan lehnt sich neben mir gegen die Küchenzeile und reicht mir die Teller. »Denk nicht weiter darüber nach, es ist alles gesagt, er weiß es. Ist das nicht alles, was zählt?«, fragt er. Nickend klappe ich den Spüler zu und er fängt an zu arbeiten. Er hat recht. Vielleicht bin ich noch zu durcheinander von den letzten Wochen. Am Ende kann mir Alistairs Meinung völlig egal sein.

»Darf ich dich noch etwas fragen?«, hake ich nach, lehne mich dabei Ewan gegenüber gegen die Kücheninsel. Mit der Hand deutet er mir fortzufahren. »Natürlich, was ist es?«, möchte er wissen. Ich habe das schon seit dem Unfall im Gedächtnis, doch konnte ihn bis jetzt noch nicht fragen. In letzter Zeit ging es immer nur um mich und das Baby. Ich fühle mich schlecht deswegen. »Ich habe dich noch gar nicht gefragt, wie es dir mit der Sache mit deinem Onkel geht.«
»Mir geht's gut«, beteuert er, aber ich sehe in seinen Augen, das er lügt. »So siehst du aber nicht aus«, merke ich an. Ewan liegt mir am Herzen, ich will nicht, dass er das alles in sich hineinfressen muss. »Dann sieh einfach nicht hin«, kontert er. Kopfschüttelnd gehe ich die zwei Schritte auf ihn zu und ziehe an seinen verschränkten Armen. »Du kannst mir alles sagen, ich hoffe das weißt du Ewan«, mache ich ihm klar. Der dunkelblonde lässt seine rechte Hand durch meine Haare gleiten und nickt. Unsere Blicke kreuzen sich. »Das weiß ich auch zu schätzen Erin. Ich muss das nur noch ein bisschen verarbeiten. Aber im Großen und Ganzen bin ich einfach erleichtert die Wahrheit zu kennen. Dieser Mann wird nie mein Onkel sein. Er war nie präsent in meinem Leben und wird es auch nie sein. Er ist tot und das ist gut so. Ich glaube, dass es von Anfang an eine Sache zwischen meinem Vater und ihm gewesen ist. Ich war nur der Sündenbock dafür, dass er ein Bastard war.«

Es fühlt sich an als hätte er sich gerade einen Teil von dem, was ihn bedrückt, von der Seele geredet. Genau das wollte ich bezwecken. Ewan hat eine harte Schale, die man nicht so leicht knacken kann. Ich bin unendlich froh, dass er mir überhaupt so viel erzählt. Damals hätte ich das nie für möglich gehalten. Es hat sich so viel zwischen uns geändert. »Danke das du mir das erzählt hast, ich weiß das es schwer war. Ich bin immer für dich da«, flüstere ich. Seine Hände gleiten an meine Seiten, er beugt sich zu mir hinab. Unsere Lippen schweben Millimeter entfernt voreinander. »Das weiß ich Kätzchen, danke.«
Unsere Lippen treffen sich und ich sinke augenblicklich tiefer in seine Arme. Bevor er den Kuss vertiefen kann, ziehe ich allerdings meinen Kopf weg und umarme ihn. »Was wird das?«, fragt er mich ganz leise. Mit geschlossenen Augen drücke ich mich fest gegen seine Brust. »Eine Umarmung Blödmann. Jeder braucht mal eine.«
Er versteift sich, doch nach ein paar Sekunden schlingt er seine Arme um mich und stützt sein Kinn auf meinen Scheitel. »Danke Erin...«

~

Minuten vergehen ehe wir uns lösen und ich einen Schritt zurücktrete. Der Mond erklimmt langsam aber sicher den Himmel und wechselt die Sonne ab, die den Himmel die letzten Stunden über in eine zartes rot getaucht hatte. Die Vögel sind ruhiger geworden, das Zirpen der Grillen überwiegt, die sich in den Gräsern des Gartens tummeln. Fackeln brennen am Rande der Terrasse und erleuchten die Umgebung mit ihrem warmen Schein.
»Möchtest du noch etwas raus?«, frage ich Ewan. Dieser schüttelt den Kopf und stößt sich von der Küche ab. »Ich würde jetzt gern nach oben gehen, Kätzchen«, lässt er mich wissen. Ein wissendes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. »Mhm, möchtest du das? Allein?«
»Mit meinem Nachtisch.«
»Dem Pudding?«, lache ich leise. Er zieht mich mit einem Ruck zu sich und schaut mich gierig an. »Mit dir. Du wirst mein echter Nachtisch sein. Das vorhin war lediglich eine Vorspeise für das, was noch kommt«, erklärt er mir. Einverstanden nicke ich und ergreife seine Hand. In mir kribbelt es stärker, je näher wir dem Schlafzimmer kommen. Wir laufen die Treppe nach oben, den Flur entlang. Da fällt mir ein das wir völlig vergessen haben die Tür unten zu schließen. Mir bleibt keine Zeit um es zu erwähnen, denn wir sind bereits im Zimmer und Ewan schließt die Tür. Es ist dunkel in Raum. Nur der Mond erhellt den Boden vor den Fenstern. Tagsüber hat man einen fantastischen Ausblick in den Garten und auf dem Loch Ness. Bei Nacht ist es stockfinster und man sieht die Sterne vom Balkon aus.
»Weißt du eigentlich wie heiß du in diesem Kleid aussiehst? Fast so gut wie in dem Rock, den du auf dem Golfplatz getragen hast«, raunt mir Ewan ins Ohr. Ich drehe mich in seinen Armen zu ihm und schließe die Augen. Seine Finger wandern mein nacktes Bein hinauf unter den Stoff, auf meinen Po. »Den hast du ausgesucht«, erinnere ich ihn hauchend. »Nicht ohne Grund, Kätzchen. Nicht ohne Grund.«

Er küsst mich erneut, geht gleichzeitig los und ich lasse mich rückwärts von ihm führen. Meine Füße berühren den Teppich, dann das Bett. Knutschend landen wir auf der schweren Decke, er beugt sich über mich, meine Hände umgreifen sein Gesicht. Ich gebe mich ihm voll hin. Seine Küsse benebeln meine Sinne. Die ganze Welt scheint anzuhalten, wenn unsere Lippen aufeinandertreffen. Ich könnte nie genug davon bekommen.
Ewans heiße Lippen wandern mein Kinn und meinen Hals hinab. Bereits bevor wir das Bett erreicht haben, hat er den Reißverschluss des Kleides geöffnet. So streift er mir nun die Träger von den Armen und über den Oberkörper. Seine Lippen wandern über mein Dekolleté, den Bauch hinab auf meine Mitte zu. Schwer atmend lasse ich mir das restliche Stück Kleid über die Beine ziehen. Meine Augen fixieren die Decke an. Als sein Gesicht zwischen meinen Beinen verschwindet, schließe ich sie und Kralle meine Finger in seine Haare. Nach Luft schnappend gebe ich mich den Gefühl hin, was er mir gibt. Seine Zunge bewegt sich so sanft, das sie mich fast in den Wahnsinn treibt. »Tue mir das nicht an«, hauche ich. Er weiß genau, was er tut. Ich seufze, drücke ihm mein Becken entgegen. Meine eine Hand rutscht auf seine, die sich in meinen Oberschenkel gräbt. Ich Kratze stöhnend über seinen Handrücken. Immer und immer wieder bewegt er sich, treibt mich an den Rande der Besinnung. Ich bin so kurz davor, da hört er auf und erhebt sich wieder. Ich schaue auf. Er steht vor dem Bett und knöpft sein Hemd auf, der Rest folgt ebenfalls. Keine Minute später beugt er sich über mich und küsst meinen Hals.Ein Herz klopft wild in meiner Brust. Ich liebe es.
Es ist wie ein Rausch, der entsteht wenn wir miteinander schlafen. Wie eine Droge, von der wir abhängig sind. Er bewegt sich schneller und schneller, immer und immer wieder. »Ich liebe dich Ewan«, hauche ich in sein Ohr. Meine Arme sind fest um seinen Rücken geschlungen. In diesem Moment ist mir die ganze Welt egal. Ich verstecke mein Gesicht an seiner Schulter und genieße das hier und jetzt, weil er alles ist, für das ich noch atme.

Highland King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt