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EWAN

Ich bin wahrlich überrascht von ihr. Zu Beginn, damals in der Bar hielt ich sie für ein Mauerblümchen. Das nette Mädchen von nebenan die nie einen abkriegt. Aber jetzt weiß ich, das ich mich geirrt habe. Erin ist viel mehr als das.
Ihre langen Haare wehen im Wind als sie neben mir über den Weg humpelt. Wir kommen dem Gästehaus immer näher und ich kann sehen, wie nervös sie wird. »Noch Panik vom letzten Mal?«, erkundige ich mich schmunzelnd und schiele hinab. Sie schnaubt Kopfschüttelnd. »Natürlich nicht, du etwa?«
»Wieso sollte ich?«
»Weil du vielleicht Angst hast, das ich dir die Eier abschießen könnte?«
Mein grinsen wird breiter. Ihre Worte sind echt süß. Sie denkt wirklich darüber nach. Mit einer Hand öffne ich ihr die Tür zum Gästehaus an den Klippen und trete nach ihr ein. »Ich bin sicher das hättest du schon getan, hättest du es wirklich gewollt«, wende ich ein. Sie bestaunt die hohen Decken im Eingangsbereich und dreht mir schließlich den Kopf über die Schulter zu. »Spätestens im Wald.«
Wusste ich es doch. »Ich weiß Kätzchen«, antworte ich und führe sie über den polierten Boden zur Kellertreppe. Hier hinten im Gästehaus ist es mucksmäuschenstill. Mein Vater und seine Handlanger sind ausgeschwärmt und ich freue mich auf den restlichen Tag, den ich ohne seine Anwesenheit genießen darf. Auch meine Mutter ist nicht auf dem Anwesen. Sie brach gerade zu ihrer Yoga Runde auf, als ich ankam. In diesen Kurs geht sie mehrmals die Woche. Sie trifft sich mit den anderen Ehefrauen der Clans und zusammen halten sie diese Stunden ab, in denen sie mitten in der Natur irgendwelche Übungen auf Matten machen, bei dessen Anblick ich mir schon das Kreuzband zerre.

»Wenn du das weißt, wieso gibst du mir dann wieder eine Waffe?«, fragt sie mich als wir den Schießstand betreten. Ich schließe die Tür hinter uns und schlendere langsam durch den Raum. Im großen Schrank direkt neben den Tischen, befindet sich einiges an Feuerkraft, wenn auch nicht alles. Das meiste lagert in den Katakomben des Castles, dort wo es schneller erreichbar ist. In den alten Weinkellern ist es dunkel und kühl, aber auch sehr sicher. Durch die dicken Wände kommt so leicht nichts. Die Waffen sind dort also bestens aufgehoben.
Ich nehme mir neue Patronen für meine Beretta aus der Schublade. Da Erin schon mit ihr geschossen hat, vermute ich das sie auch diesmal wieder zu dieser greifen will. Obwohl ich meine Pistole nicht gerne verborge, erlaube ich es heute. Wer weiß, sonst macht sie ihre Worte noch wahr und zielt wirklich weiter unten. Sie ist immer noch sauer auf mich wegen gestern, was ich gut verstehe. Ich bin ein Idiot gewesen, auch wenn ich das vor ihr nicht zugeben würde. Wahrscheinlich würde ich das vor niemandem.

Mit meiner rechten Hand reiche ich ihr die Waffe und richte den Lauf in meiner Hand in meine Richtung. Sie umgreift den Griff der edlen Handfeuerwaffe zögerlich aber fest. Ich höre sie ausatmen als sie sie in ihren Fingern dreht. »Erinnerst du sich noch, was du tun musst?«, frage ich sie. In meiner linken Hand kommen nun die Patronen zum Vorschein die ich ihr ebenfalls reiche. Skeptisch nimmt sie sie mir ab und setzt einen nachdenklichen Blick auf. »Ja, denke schon«, murmelt sie. Erin geht die letzten paar Schritte auf den Tisch zu und legt beides darauf ab. Ich beobachte sie über die Schulter schauend. Sie sieht verwirrt aus. Also nehme ich ihre Hände und lege sie an die Beretta. Mit einem Handgriff habe ich das leere Magazin heraus.
»Das wusste ich«, lügt sie und bringt mich zum grinsen. »Weiß ich doch Kätzchen. Und jetzt Füll es auf.«
Ich halte die Beretta solange sie die Patronen nachschiebt. Selbstbewusst nimmt sie sie mir ab und schiebt das Magazin wieder an seinen Platz. Ich helfe ihr dennoch bei den nächsten Schritten, bevor ich die Pistole nach oben drücke und sie vor uns richte. Meine Hände verschwinden von Erin, zwicke ihr die Ohrenschützer auf. Dann trete ich neben sie und verschränke meine Arme. »Deine Füße«, erinnere ich sie. Sie folgt meinem Blick und setzt sie ein Stück weiter auseinander, die Knie minimal angewinkelt. Meine Mundwinkel zucken als sie die Waffe mit einem Klick entsichert. Sie wirkt konzentriert, das ist gut. »Visiere dein Ziel an. Wohin willst du schießen?«, hake ich nach und folge ihren Augen bis zur Zielscheibe in Form eines Oberkörpers. »Schulter?«
»Ich hoffe das war keine Frage«, wende ich ein. Sie atmet sehbar aus. Bevor ich reagieren kann hat sie abgedrückt. Ich lache auf als sie das nächste mal feuert. Sie verfehlt nur knapp ihr Ziel. »Hast du abgedrückt weil ich dich genervt habe?«, will ich wissen. Unsere Augen treffen sich einen Moment, bevor sie ihren Finger wieder an den Abzug legt. »Kannst du dir das nicht selbst beantworten? Du weist doch sonst immer alles«, antwortet sie. Ich hebe meine Augenbrauen und lehne mich gegen den braunen Holztisch. »Du bist frech.«
»Magst du das nicht?«
Ich grinse und erspare mir eine Antwort. Stattdessen deute ich ihr fortzufahren. Über meine Schulter sehe ich die Einschläge in die Zielscheibe. »Mache deinen Arm ein Stück weiter nach links.«
»Denkst du das versuche ich nicht?«, brummt sie genervt. Heimlich verdrehe ich meine Augen und stoße mich vom Tisch ab. Wieder stelle ich mich hinter Erin, packe diesmal ihre Handgelenke. Ihr Rücken drückt sich gegen mich. »Versuche es nochmal«, fordere ich sie auf. Die dunkelhaarige tut gebrauch was ich sage. Diesmal trifft sie genau ins Ziel. Meine Hände dämpfen den Rückschlag etwas ab. Schmunzelnd neige ich mich zu ihren Ohr hinab und lasse dabei das Ziel nicht aus den Augen. »Du brauchst Armmuskeln Kätzchen«, flüstere ich. Sie schnappt nach Luft und selbst wenn ich sie nicht ansehen kann, stelle ich mir vor wie sie gerade die Lippen verzieht und die Stirn runzelt. »Du bist gemein«, schmollt sie. Unsere Arme sinken hinab, sie legt sie auf dem Tisch ab als ich meine um sie schlinge. »Darauf stehst du doch«, äffe ich sie nach. Meine Lippen treffen auf ihren Hals. Sekündlich sinkt sie etwas tiefer gegen mich. »Ich bin noch sauer auf dich, weil du einfach weggestürmt bist«, erinnert sie mich. »Und wie kann ich das wieder gut machen?«
Meine Lippen streifen ihre Haut. Sie legt den Kopf in den Nacken und seufzt. »Ich weiß nicht«, haucht sie. »Ich bin sicher, dass du es weist.«
»Mhm...«

Ich lasse von ihr ab. »Komm, ich will dir etwas zeigen«, eröffne ich. Die Augen der Britin werden größer. »Was denn?«
Sie nimmt meine Hand an und lässt sich von mir aus dem Raum ziehen. Die Pistole kann an Ort und Stelle liegenbleiben. Niemand wie heute hier her kommen. »Dafür müssen wir zurück ins Haupthaus.«
»Und dann?« Sie holt eilig auf, zieht mich an der Hand, damit ich etwas langsamer laufe. Manchmal vergesse ich, das sie kürzere Beine hat. »Sind deine Eltern nicht da?«, will sie wissen. Schulterzuckend lasse ich ihre Hand los und lege stattdessen meinen Arm um ihre Schulter. Ich führe sie über die langen Wege zurück zum Castle. »Sei nicht so neugierig«, ziehe ich sie auf. Erin reagiert nicht. Ich führe sie die Treppen hinab in den Keller. Kaum stehen wir im Flur, wird sie misstrauisch. »Willst du mich etwa wieder an einen Stuhl ketten?«, fragt sie mich ernst. Tatsächlich biegen wir in den Raum ab, in dem ich sie gefangen gehalten habe. »Nein, obwohl der Gedanke verlockend ist«, gebe ich zu. Mein Arm verschwindet von ihr damit ich die Tür hinter uns schließen kann. Erin schaut sind in Ruhe um. Das blaue Wasser des Pools spiegelt sich an der Gewölbe Decke. Er ist beleuchtet und muss mindestens dreißig Grad haben. »Lust auf eine Runde schwimmen?«
»Verarscht du mich?«
Ihre runden Augen sind wahrlich zum brüllen. Weil sie mir nicht glaubt, beginne ich mein Hemd zu öffnen. »Ich scherze nicht«, mache ich klar. Meine Schuhe und meine Hose folgen. Erin schaut mir sprachlos zu wie ich auf den großen Pool zulaufe. »Komm schon Kätzchen!«, fordere ich sie laut auf. »Warte«, höre ich sie hinter mir stehend sagen. Ich werfe einen Blick zurück auf die Britin, die ihre Kleidung auf den Boden fallen lässt. Nur in Unterwäsche bekleidet holt sie auf und hält neben mir am Beckenrand inne. Noch bevor ich reagieren kann schubst sie mich mit aller Kraft und ich falle ins Wasser. Ihr Lachen ertönt und sie hüpft hinterher. Ich tauche auf und streiche mir meine nassen Haare von der Stirn. Erin versucht auf einer Stelle zu schwimmen, aber ist schon nach kurzer Zeit ausserpuste. »Das war unfair«, behaupte ich. Mein rechter Arm zieht sie zu mir. Im Gegensatz zu ihr kann ich im Becken stehen. Unter Wasser schlingen sich ihre Beine um meine Hüften und meine Arme um ihren Rücken. Das Wasser hat wirklich fast dreißig Grad. Es ist so angenehm warm, das Erin ihren Kopf nach hinten ins Wasser legt und die Arme links und rechts ausbreitet. Ich betrachte sie in Gedanken versunken. Ihre Haare bilden eine Krone um sie herum, wie ein Engel. Ihr BH ist fast durchsichtig geworden im Wasser. Meine Augen haften auf ihrem friedlichen Gesicht. Sie wirkt unbekümmert. Etwas das ich noch nie bei ihr gesehen habe. Ihre Wirkung ist fast schon beruhigend auf mich. In diesem Moment könnte ich sie für alle Zeiten so ansehen. So als würde die Welt um uns nicht existieren.

Highland King | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt