»Vertrauen1«

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So ein verdammter Mist!!!

Ehe ich überhaupt auf irgendetwas reagieren konnte, musste ich erschrocken dabei zusehen, wie Rian sich seinen Bruder am Kragen packte und ihn voller Wucht gegen die Fensterfront hinter ihm donnerte.

Ich dachte jeden Moment, das Glas würde einfach nachgeben und zerspringen, doch das tat es nicht.

"Was bist du nur für ein abgefuckter Wichser, so einen scheiß mit meiner Ehefrau abzuziehen!", schrie Rian mit drohender Stimme und umfasste dabei Senans Hals, was diesen dazu animierte, sich wehren zu wollen, doch er hatte überhaupt keine Chance.

"Hör sofort auf!", mischte ich mich laut ein und spürte mein Herz dabei, das schmerzhaft gegen meine Rippen donnerte, während meine Hände vor lauter Aufregung und Angst schon anfingen zu zittern. "Rian!"

Ich riss fest an seinem Arm, doch er beachtete mich überhaupt nicht, als wäre ich gar nicht da...

"Du füllst sie ab und das auch noch mit Jake?! Dazu noch, wenn ich nicht im Haus bin!!!!"

Als er immer lauter und wütender wurde, drehte ich mich verzweifelt zu Odran herum, doch dieser wich meinem Blick nur aus und machte nichtmal den Ansatz dazu, die Beiden auseinander bringen zu wollen.

Meine Fresse!!!

"Ich wollte trinken!!! Er hat rein gar nichts damit zu tun!", schrie ich den Tränen schon nah, da Rian mittlerweile seinen Arm schon mit viel zu viel Druck gegen Senans Hals presste, sodass dieser eingekeilt nur noch nach Luft schnappte.

"Rian!"

"Keeva! Halt dich gefälligst da raus!", knurrte er bedrohlich, ohne mich dabei überhaupt anzusehen. "Odran, bring sie sofort nach oben!"

Ich hielt, fassungslos über diese mir viel zu übertrieben vorkommende Situation, die Luft an und wollte mich zwischen die Beiden werfen, spürte jedoch Odrans Hand an meinem Arm, die ich aber sofort überfordert wegschlug.

"Nein! Du schickst mich-"

Ich wurde unterbrochen, da Odran erneut nach mir griff, doch diesmal bekam ich seine Hand an meinem Oberarm nicht mehr los, was mich dazu veranlasste, wild um mich zu schlagen, um mich irgendwie zu befreien.

"Rian! Hör mir doch wenigstens einmal zu!", schrie ich mit zitternder Stimme und mittlerweile liefen mir schon die ersten Tränen der Verzweiflung über meine Wangen, während Odran mich immer weiter zur Treppe zog und Senans glasige Augen auf meinen lagen.

Er würde sicher nicht für meine Dummheiten bestraft werden!

"Weißt du was!", fauchte ich dann wütend und entriss mich Odran ein letztes Mal mit aller Kraft, die ich noch hatte. "Du musst hier niemanden bestrafen! Erst Recht nicht ihn! Ich bin in sein Zimmer und ich habe getrunken und das ist sowieso alles nur deine Schuld!"

Zum ersten Mal, seitdem er Senan gepackt hatte, sah Rian mich voller Wut an. Mir gefror bei seinem Blick beinahe mein Blut in den Adern, doch ich hielt seinem Blick trotzdem stand und wischte mir dabei meine Tränen weg.

"Du hast mich verletzt, Rian! Ich habe getrunken, weil ich es aus Enttäuschung wollte und nicht, weil Senan mich abfüllen wollte. Im Pool war ich außerdem weder wegen dir, noch wegen ihm oder Jake, sondern weil mir heiß war und ich eine Abkühlung brauchte! Wenn jemand schuld ist an dieser Situation, dann ich!"

Rian ließ nur zögerlich von Senan ab, der sich erstmal beide Hände an seinen Hals legte und nach Luft rang, während Rian mich so ansah, als wäre da kein Gefühl mehr übrig. Als hätte die Kälte ihn nun wieder vollkommen eingenommen, was mir einen Stich in mein schnell schlagendes Herz versetzte.

Meine Tränen bahnten sich wieder den Weg über meine erhitzten Wangen, doch er kam nicht auf mich zu, um mich zu trösten.

"Denkst du, es geht mir darum, dass du getrunken hast?!", knurrte er mir entgegen und fixierte mich dabei mit einer Art, die mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte. "Es geht darum, dass ich ausdrücklich gesagt hatte, dass ich Jake hier nicht mehr sehen will! Von Senan erwarte ich gar nichts anderes", erklärte er und wandte seinen Blick flüchtig zu Senan, der seine Hände immer noch zur Beruhigung an seinem Hals liegen hatte. "Aber von dir, Keeva, hätte ich erwartet, dass du mir sowas erzählst."

Seine Stimme brach zum Ende hin und das zeigte mir nur zu deutlich, wie enttäuscht er war und ich konnte es sogar verstehen. Ich hätte wahrscheinlich nicht anders reagiert, wenn Odran mir erzählt hätte, dass Pirina mit Rian getrunken hätte als ich weg gewesen wäre.

Als Rian sich dann gerade zur Haustür drehen wollte, lief ich auf ihn zu und legte meine Hand auf seinen Arm, doch er wich einen Schritt von mir weg und lief einfach weiter.

"Hau doch nicht einfach ab!", rief ich ihm hinterher und sofort machte er kehrt und kam auf mich zu, um sich mit seinem Gesicht genau vor meins zu stellen. Ich sah die Enttäuschung in dem tiefen graublau, erkannte ganz genau, welch ein Sturm gerade in ihm wütete und hielt vor Anspannung den Atem an.

"Du solltest froh sein, dass ich abhaue, denn alle anderen Optionen würden dir noch weniger gefallen!"

Er fixierte noch einen flüchtigen Moment meine von Tränen eingenommenen Augen, ehe er sich dann ruckartig abwandte und aus der Tür verschwand.

Und nun konnte ich meine Tränen überhaupt nicht mehr zurückhalten. Ich hielt mir meine zitternden Hände vors Gesicht, schluchzte vor mich hin und spürte plötzlich einen Arm um meine Schulter.

Voller Scham sah ich auf zu Odran, der ein mitleidiges Lächeln auflegte und sofort umklammerte ich den Großen und weinte in sein dunkles Hemd, während er beruhigend über meinen Rücken streichelte.

Das schlimmste daran war, dass ich mich wirklich scheiße fühlte. Ich hätte ihm erzählen sollen, dass Jake hier war, direkt nachdem wir über die Wachmänner gesprochen hatten, doch ich wollte doch nur Senan vor einer erneuten Konfrontation schützen...

"Das wird schon wieder", hörte ich Odran sagen, als ich einfach nicht aufhören konnte an seiner Brust zu weinen und als Senan plötzlich seine Stimme erhob, spannte Odran seinen gesamten Oberkörper an.

"Er übertreibt einfach", meinte Senan und sofort ließ Odran mich los, um jetzt auch noch auf seinen Bruder zuzulaufen.

"Halt deine Fresse! Du weißt ganz genau, was in diesem Haus schon wegen deinem scheiß Alkohol und Drogen passiert ist! Krieg dein Leben endlich Mal auf die Reihe!"

Odran packte Senan am Kragen und zusammen verschwanden sie nach oben, während ich mich wie betäubt auf der Couch niederließ und wie eine Irre die Tür anstarrte.

Er würde sicher gleich zurückkommen ...

Das sagte ich mir immer wieder, während Nero es sich neben mir bequem machte und ich sein weiches Fell streichelte.

"Er kommt wieder", schluchzte ich zu mir selbst und schaute dabei herunter zu Nero, der ebenso betrübt wie ich zur Tür starrte.

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😳

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt