»Gast1«

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Nachdem Juri mir alles über den Plan  erzählt hatte, saß ich noch eine ganze Weile da und schaute völlig überfordert aus der Fensterfront, wo die Sonne mir leicht entgegen schien.

"Und du bist dir da auch wirklich absolut sicher?", wollte ich eine erneute Bestätigung von ihm und er nickte, während ich mein Gesicht fassungslos  in meine Hände fallen ließ.

Das durfte doch alles nicht wahr sein.

"Keeva, ich bin wirklich kein schlechter Kerl und ich liebe Rian wie mein eigenes Blut, aber ich bitte dich wirklich, ihm nichts von unserer Unterhaltung zu sagen. Das muss unter uns bleiben! Ich will mein verdammtes Geld wieder und Rache für Anjelika. Rian würde handeln ohne Nachzudenken und deswegen warne ich dich nochmal, falls du-"

"Ist schon gut!", unterbrach ich ihn und schaute dabei  zu ihm auf. Er stand immer noch mit den Erbsen an seinen Arsch drückend neben mir und hob mahnend eine Augenbraue. "Ich sage kein Wort zu niemanden. Ich bin zwar leicht verrückt, aber sicher nicht so wahnsinnig, mich mit einem Russen anzulegen, der privat Sandalen trägt."

Juri lachte laut auf und legte seine Hand auf meine Schulter, um mir mit der anderen die Packung Erbsen zu reichen, die ich aber mit angewiderten Blick nicht annahm.

"Die kannst du behalten. Als Wiedergutmachung für den Biss."

Ich grinste zwar dämlich und fasste ein klein wenig Vertrauen zu Juri, doch ich war jetzt schon froh, dass er bald wieder gehen würde. Irgendwie hatte ich in seiner Nähe ständig schnelles Herzrasen und fühlte mich allgemein sehr unwohl.

Wer wusste schon, wann seine Psycho Seite zum Vorschein kommen würde...

"Gut, dann steht ja alles. Wir sehen uns dann."

Er reichte mir seine Hand, als müsste ich ihm damit ein Versprechen geben und nur widerwillig erwiderte ich seinen Handschlag und fühlte mich dabei, als hätte ich gerade einen Vertrag mit dem Teufel ausgemacht.

Wie sollte ich Rian irgenwann erklären, ihn hintergangen zu haben? Ihn angelogen zu haben? Ihm etwas verschwiegen zu haben?

Dazu kam noch, dass ich mich freiwillig als Lockvogel einsetzen ließ und das von einem Russen, den ich gerade Mal zum dritten Mal sah. Einmal davon im Kimono...

Ohhh Keeva....

Juri verschwand wortlos aus der Haustür und ich ließ meinen Kopf auf meine Arme fallen, die ich über Kreuz auf dem Tisch liegen hatte.

Wieso konnte eigentlich nichts mehr normal sein?

Mein Leben war zwar nie wirklich normal, aber das hier war viel zu viel des Guten...

Wenn meine Mutter wüsste, was ich hier durchmachen musste... Oder mein Vater... Sie würden sicher umkommen vor Sorge!

Oder Padraig und meine anderen Cousins. Er hätte Juri sicher schon seinen Schlagstock auf den Kopf geschlagen. Bei dieser Vorstellung, musste ich plötzlich flüchtig lächeln...

Padraig war nämlich jemand, der vor niemanden Angst hatte. Er würde ziemlich gut hier reinpassen. Im Gegensatz zu mir.

Nachdem ich mich dann einigermaßen gesammelt und genug gegrübelt hatte, stand ich wieder von dem Esstisch auf und wollte gerade hoch, um mich etwas hinzulegen auf den Schock, da wurde aber auch schon die Haustür geöffnet und Senan sah sich total aufgewühlt im Erdgeschoss um.

Was war denn mit dem los?

"Schon zurück?", fragte ich und sah an ihm vorbei, doch er schloss die Tür hinter sich  und damit war klar, dass nur er wieder da war.

"Ja, die müssen noch einiges im Büro klären. Keine Ahnung wieso ich überhaupt mitgehen sollte. Wahrscheinlich wollte er nur wieder Mal beweisen, dass er noch die Macht über uns drei hat."

"Wahrscheinlich", gab ich ihm schulterzuckend zurück und lief dann an ihm vorbei zum Kühlschrank. "Möchtest du etwas essen?"

Er schüttelte den Kopf und zeigte zur Treppe, während er sich immer noch umsah und irgendwie nervös wirkte. "Ich gehe erstmal mit Nero raus."

"Okay", erwiderte ich stirnrunzelnd über seine komische Art und während Senan dann pfeifend nach oben verschwand, ließ ich mich auf der Couch im Wohnzimmer nieder und schnappte mir die Fernbedienung, um die Zeit irgendwie zu überbrücken, bis Rian wieder zu Hause wäre.

Rian Pov.;

"Was zur Hölle!?"

Ich saß mit meinem Vater, Odran und Senan am Tisch und konnte meinen Augen kaum trauen, als ich mir die live Bilder meiner Überwachungskamera ansah.

Ich sah tatsächlich Juri aus meinem Haus kommen und sofort sprang ich wütend  von meinem Stuhl auf, um die Aufnahmen zurückzuspulen, bis zu dem Punkt, an dem er mein Haus betreten hatte...

Was zum Teufel!!!!!

Er war über eine Stunde da und es machte mich fast wahnsinnig, wie selbstgefällig er beim Verlassen auch noch grinste und sich seinen scheiß Russenarsch festhielt.

"Dieser kleine Bastard!", zischte ich zwischen meinen Zähnen hindurch und wollte gerade gehen, da hielt mein Vater mich am Arm zurück, den ich aber sofort von mir wegschubste. "Fass mich ja nicht an!!!"

"Was ist denn schon wieder los mit dir?!", schrie er zurück und sofort fasste ich an am Kragen, während es an der Tür zu seinem Büro klopfte. "Das sind Mr. Porter und seine Ehefrau!", erinnerte mich mein Vater. "Und jetzt reiß dich gefälligst zusammen! Es geht um deine Zukunft!"

Wollte er mich verarschen???

Meine Zukunft saß Zuhause und entweder hatte sie ... Ich wollte gar nicht darüber nachdenken!!!

"Du!", zeigte ich auf Senan, der sofort mit großen Augen aufstand. "Lauf sofort nach Hause und schau nach Keeva!"

"Was ist denn los?", mischte sich dann auch noch Odran ein, der fast schon besorgter aussah als ich. Doch ich war nur noch so ruhig, weil ich Keeva zu 100% vertraute... Sie würde mich niemals betrügen... Doch was wollte Juri bei mir Zuhause, wenn doch nur sie da war...

"Nichts!", blaffte ich meinen Bruder an und am liebsten wäre ich sofort mit meiner Waffe in der Hand nach Hause und hätte dort alle Russen nacheinander abgeknallt, doch mein Vater hatte Recht. Ich musste hier bleiben und mit irgendwelchen reichen Säcken über meine Zukunft sprechen. Es musste reichen, dass Senan nachsehen ging.

"Worauf wartest du eigentlich?!", schrie ich ihn nochmals an und da setzte er sich auch schon in Bewegung, während Odran und mein Vater sich gegenseitig fragende Blicke zuwarfen.

In dem Moment, wo mein Herz mir beinahe vor Aufregung zu implodieren drohte, kamen auch schon Mr. Porter und seine Frau zur Tür herein.

Jetzt hieß es privates Privat lassen und gute Miene zum bösen Spiel.

"Ich heiße sie Willkommen", sprach mein Vater als erstes und gab beiden freundlich die Hand, während ich nochmals tief durchatmete und ein letztes Mal auf mein Handy schaute.

Wie lange brauchte Senan denn???

"Guten Tag Mr. Gallagher, wir freuen uns sehr, sie endlich persönlich kennenzulernen."

Ich starrte weiter auf mein Handy, bis mein Vater mir plötzlich auf den Fuß trat und ich meinen Kopf erhob, um ihn wütend anzufunkeln.

"Jaja, hallo", gab ich dann von mir und ignorierte alle anderen, denn in dem Moment vibrierte mein Handy.

"Was sollte das? Wenn du mich nicht bei deinen Geschäften dabei haben willst, dann sag es einfach! Keeva ist hier und es geht ihr gut!"

"Rian?", hörte ich meinen Vater erneut und ich konnte an seiner Stimmlage ganz genau erkennen, wie gereizt er schon war. Da es Keeva offensichtlich gut ging, legte ich meine ganze Hoffnung in mein Vertrauen zu ihr und konzentrierte mich erstmal auf diese zwei Schnösel.

Zuhause würde sie mir sicher erzählen, was Juri wollte....

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😳

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt