Rian - Bis dass der Hass uns scheidet

»Ablauf1«

Ich hatte wohl überhaupt nicht mehr mitbekommen, dass ich vor dem Fernseher eingeschlafen war.

Als ich aufwachte, zitterte ich leicht und schaute aus dem Fenster hinaus, wo immer noch dunkle Nacht war. Ich überlegte, was ich wohl geträumt haben könnte, da auch meine Atmung etwas schneller als gewöhnlich ging, doch ich konnte mich nicht erinnern.

"Keeva?", hörte ich Rians beruhigende Stimme hinter mir und ehe ich mich zu ihm herumdrehen konnte, spürte ich seine Arme um meine Tailie, wie er meinen Rücken sanft an seine muskulöse Brust zog. "Alles okay?"

"Ja, jetzt schon", hauchte ich und schloss erneut meine Augen, während ich seine Hand, die um meine Tailie lag, fest in meine nahm. Das war das letzte, was ich mitbekam, bevor ich in Ruhe und Geborgenheit wieder in den Schlaf fand.

***

Schneller als gedacht war dann auch schon Sonntag. Die letzten beiden Tage war Rian hauptsächlich unterwegs mit Odran und Senan hatte ich auch kaum gesehen. Wenigstens hatte Rian mir eine Staffelei gekauft und ich überbrückte meine Zeit meistens damit, zu backen und zu zeichnen.

"Müssen wir wirklich dahin?", protestierte ich und schaute dabei fassungslos an mir herunter. Ich hatte einen kurzen weißen Rock und ein grünes Polohemd an, als würde ich mich für Fasching verkleiden.

"Ja, müssen wir", meinte Rian nur sichtlich belustigt und knöpfte sich dabei gerade seine schwarze Stoffhose zu, während er obenrum ein enges weißes Shirt anhatte, dass einfach einen unwiderstehlichen Blick auf seine Muskeln zuließ.

"Das wird so langweilig. Ich weiß es jetzt schon", beschwerte ich mich immernoch über die Erkenntnis, dass ich gleich in der knallheißen Sonne auf einem dämlichen Rasen stehen würde, um dämlichen Anzugträgern dabei zuzuschauen, wie sie dämliche Bälle herumschwingen...

"Keeva", mahnte Rian, als er mich beim Augen verdrehen erwischte und kam dabei direkt vor mir zum Stehen. "Das Golfen ist absolute Nebensache. Es geht darum, nach dem Spiel im Zigarren-Club einige Menschen kennenzulernen und so langweilig ist das gar nicht", versuchte er dieses ganze Vorhaben auch noch zu verteidigen und richtete dabei den Kragen meines Polohemdes.

"Da gibt es Alkohol, gute Gespräche und auch Stripperinnen. Wenn du aber hierbleiben möchtest, dann-"

Stripperinnen???

"Auf gar keinen Fall! Ich komme mit", meinte ich sofort laut und sah ihm dabei fassungslos in die Augen. "Ich dachte da sind nur langweilige, alte Schnösel. Wieso erzählst du mir plötzlich etwas von nackten Frauen!?"

"Sie nicht nicht ganz nackt", grinste er dämlich und dieses eine Mal, nahm ich sein Kinn in meine Hand, um alleine mit meinem eindringlichen Blick eine Antwort zu fordern.

"Du denkst wohl, dass Politiker alle Saubermänner sind, da wirst du dich aber noch umschauen", erklärte er und entzog sich meinem Griff, um schnell zu seiner Tür zu laufen.

"Odran?! Bist du fertig?!", rief er in den Flur und der Große kam sofort frustriert ins Zimmer zu uns.

Auch er hatte genau wie ich ein grünes Polohemd an und schien nicht begeistert darüber, dass er überhaupt mit musste, doch da ich keine Erfahrung im spielen hatte, sollte er meine moralische Stütze sein.

Tja! Wenigstens musste ich den scheiß nicht alleine ertragen.

"Ihr sollt euch einfach nur benehmen und gut aussehen. Schlagt ein paar Bälle und verhaltet euch ruhig", erklärte Rian dann nochmal ernst und schaute zwischen mir uns seinem Bruder hin und her, während wir beide fast zeitgleich die Augen verdrehten.

"Wieso können wir nicht einfach in den Wald und auf Flaschen schießen?", gab ich genervt von mir und sofort grinste Odran begeistert.

"Oder auf Köpfe von Politikern, das wäre mir auch lieber", lachte er und Rian schloss angespannt seine Augen, um einmal tief durchzuatmen.

Vermutlich würde er uns gleich in den Kopf schießen!

"Wir hören schon auf", sprach ich belustigt und trat nah an seine Seite, um ihm einen versöhnlichen Kuss auf seine Wange zu geben, wodurch er mich sofort näher an sich zog.

"Wie gesagt, ich hasse es selbst und glaubt mir, es gibt sicher tausend Sachen die ich lieber machen würde. Sobald ich genug Ansehen gesammelt habe, müssen wir dort nie wieder hin."

Ich nickte und war heilfroh diese Worte zu hören. Für mich war Golf definitv ein Sport für gebrechliche alte Männer und ich freute mich jetzt schon, wenn dieser dämliche Sonntag hinter mir liegen würde.

Die Fahrt dorthin verlief ruhig und ich schaute immer wieder rüber zu Rian, der seinen BMW mit einer Hand lenkte und selbst beim Auto fahren absolut heiß aussah. Er trug eine schwarze Sonnenbrille, seine Haare hatte er zur Seite gestylt und durch die Sonne, die ins Auto hinein schien, sah ich durch sein weißes Shirt die feinen Linien seiner so schönen Tattos.

Gut, wenn man es so betrachtet, könnte es doch ein spannender Tag werden!

Als wir dann am Golfclub ankamen, stand schon Cathan davor und ich bewunderte flüchtig wie prachtvoll das Gebäude hinter ihm aussah. Ich war zwar nie Golfen, aber ich hatte es mir definitiv anders vorgestellt.

Da waren große Fenster, eine lange Treppe nach oben und es sah fast schon aus, wie der Eingang eines Ballsaals.

Mein Blick fiel dann zu Cathan und ich hielt vor lauter Anspannung die Luft an, denn bei unserem letzten Treffen, hatte ich ihn angeschrien und war mir deswegen etwas unsicher, wie er wohl auf mich reagieren würde.

Doch meine Sorge war völlig unnötig.

"Guten Morgen, meine Liebe", begrüßte er mich freundlich und gab mir einen flüchtigen Kuss auf meine Wange, um sich anschließend seinen Söhnen zuzuwenden.

Was war denn mit dem passiert?

Er hatte einen wirklich schönen dunklen Anzug an und fing dann aufgeregt an, Rian alle möglichen Anweisungen zu machen, mit wem er in Kontakt treten sollte und bei wem er guten Eindruck hinterlassen musste.

Also ich würde mich niemals so verbiegen lassen, vor allem nicht, um in die Politik zu kommen. Aber ich hatte auch gar nicht das Zeug dazu, Rian schon. Er war wirklich intelligent und verstand es, Menschen zu täuschen und sie nur das von sich sehen zu lassen, was er ihnen erlaubte. Kein Wunder, dass Cathan ihn dazu auserwählt hatte, an mehr macht durch höhere Ränge zu kommen, denn wo Rian jetzt völlig in seiner Rolle aufging und freundlich die Menschen begrüßte, die uns von innen entgegenkamen, sah Odran so aus, als würde er wirklich gleich seine Waffe ziehen und um sich ballern.

Das würde sicher ein lustiger Tag werden...

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